Erst Wintermeister, dann der Absturz
Die Gründe für das grosse Lugano-Scheitern

Egal, wie Lugano in der Championship Group abschneidet – am Eindruck, dass die Tessiner eine riesige Chance verpasst haben, wird sich kaum noch was ändern. Gründe dafür, weshalb es Lugano nicht zum grossen Wurf gereicht hat, gibt es einige. Blick macht die Analyse.
Publiziert: 10:25 Uhr
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Aktualisiert: 11:07 Uhr
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In der ersten Saisonhälfte entzückten die Tessiner.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Rein mathematisch hat Lugano zwar noch eine winzige Chance auf den Meistertitel. Doch der Glaube daran sowie die Euphorie sind im Tessin längst verflogen. Der Grund dafür ist eine enttäuschende zweite Saisonhälfte, in der man es innert weniger Wochen geschafft hat, in drei Wettbewerben alles an die Wand zu fahren.

Bis Dezember waren die Bianconeri voll auf Kurs. Vor allem in der Liga. Sie waren Wintermeister. Der erste Titelgewinn seit 1949 war mehr als nur ein Traum. Trainer Mattia Croci-Torti (43) gab ihn irgendwann gar als Ziel aus. Schliesslich sprach auch das Gesetz der Serie dafür: In den letzten 13 Jahren war es immer so, dass der Wintermeister auch Schweizer Meister wurde.

Doch statt des erhofften Siegeszugs folgte im Frühjahr die bis anhin schwierigste Phase unter Croci-Torti. Die Tessiner brachen ein. In der Jahrestabelle 2025 der Super League belegen sie nur Platz acht. Kein Wunder, findet das Meisterrennen ohne sie statt. Inzwischen ist es beinahe egal, wie sie in der Championship Group abschneiden. Am Eindruck, dass sie in dieser so ausgeglichenen Liga eine riesige Chance verpasst haben, wird sich kaum noch was ändern.

Gründe für Luganos Scheitern gibt es einige. Diese drei sind speziell hervorzuheben:

Der fehlende Mittelstürmer

Es ist ein leidiges Thema. Doch es ist nun mal so, dass man einen Knipser braucht, um am Ende einer langen Saison ganz oben zu stehen. Lugano hat keinen Knipser. Zu diesem Schluss kam Blick schon Anfang Saison und wurde im Frühjahr in seiner Meinung bestätigt. Denn Kacper Przybylko (32) sowie Shkelqim Vladi (24) haben ihre Chancen mehrfach vergeben. Georgios Koutsias (21) dagegen hat sein Potenzial angedeutet – unter dem Strich aber auch nicht mehr. Inzwischen hat sich Neo-Sportchef Sebastian Pelzer (44) auf die Suche nach einem Neuner gemacht. Die Verantwortlichen haben es also eingesehen. Der Mittelstürmer wird im Sommer jedoch nicht die einzige Kaderbaustelle sein, in der anstehenden Transferperiode ist mit viel Bewegung zu rechnen. Sechs Spieler haben einen auslaufenden Vertrag, andere werden aussortiert. Das lässt Croci-Torti höchstpersönlich in einem Interview mit dem «Corriere del Ticino» durchblicken: «Es wird sich vor uns ein neuer Weg auftun. Ein neuer Zyklus mit frischem Wind.»

Die Krux mit dem breiten Kader

Anfang Saison wurde Lugano für sein grosses Kader zu Recht gelobt und darum beneidet. Zumal jeder Einzelne sich seiner Rolle im Teamgefüge bewusst war. Was sich wiederum auf dem Feld spiegelte: Egal, wer und wie lange ran durfte, es funktionierte. Es war kein Zufall, dass Croci-Torti lange der Trainer war, der in der Super League die meisten Jokertore einwechselte. In der zweiten Saisonhälfte wurde er in dieser Statistik allerdings von Luzern-Coach Mario Frick (50) überholt. Der Grund dafür ist bei der Belastungssteuerung zu suchen: Vielen Stammkräften ging im Frühjahr die Luft aus, was Konsequenzen auf die internen Hierarchien hatte. Sinnbildlich dafür stehen die Formkurven von Antonios Papadopoulos (25) und Uran Bislimi (25). Beide hätten nach einer herausragenden Hinrunde in der Rückrunde dringend Pausen nötig gehabt. Das Problem: Wer sie ersetzte, enttäuschte regelmässig. Deshalb griff Croci-Torti schnell wieder auf die Stammkräfte zurück. Das lässt folgende einfache Schlussfolgerung zu: Einige Spieler im Lugano-Kollektiv sind zwar gute Einwechselspieler, als Stammkraft sind sie bei den Bianconeri allerdings nicht geeignet. Das ist auf die Länge für eine Mannschaft mit Titelambitionen ein Problem.

Die Freistellung von Carlos Da Silva

Aus dem Nichts flatterte Mitte Februar die Nachricht herein, dass Carlos Da Silva (41) von seinen Aufgaben als «Head of First Team» freigestellt worden war. Die Art und Weise – eine aufs Minimum beschränkte Medienmitteilung – sowie der Fakt, dass die involvierten Personen sich gekonnt in Schweigen hüllten, schienen darauf hinzudeuten, dass etwas vorgefallen sein musste. Inzwischen weiss Blick zwar aus gesicherten Quellen, dass nicht ein einzelnes Ereignis dazu geführt hat. Allerdings ist unbestritten, dass man es hätte besser lösen können. Zumal die Vereinsführung antizipieren musste, dass dieser Entscheid medial, aber auch unter den Fans rauf und runter diskutiert wird. Genauso klar war, dass sich selbst die Spieler darüber Gedanken machen. Ob es sportlich besser gelaufen wäre, wenn man die Trennung von Da Silva zu einem späteren Zeitpunkt und ausführlicher kommuniziert hätte? Das weiss niemand. Fakt ist: Ein Vorteil, um fokussiert an einem grossen Ziel zu arbeiten, war die selbst fabrizierte Unruhe ganz bestimmt nicht.

Super League 24/25 - Meisterschaftsrunde
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Basel
FC Basel
33
40
61
2
Servette FC
Servette FC
33
9
55
3
BSC Young Boys
BSC Young Boys
33
7
53
4
FC Luzern
FC Luzern
33
10
51
5
FC Lugano
FC Lugano
33
1
49
6
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
33
8
47
Champions League-Qualifikation
UEFA Europa League-Qualifikation
Conference League Qualifikation
Super League 24/25 - Relegationsrunde
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC St. Gallen
FC St. Gallen
33
3
47
2
FC Zürich
FC Zürich
33
-4
47
3
FC Sion
FC Sion
33
-10
36
4
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
33
-11
33
5
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
33
-24
33
6
FC Winterthur
FC Winterthur
33
-29
30
Relegation Play-Off
Abstieg
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