Granit Xhaka schreibt an Bruder Taulant zu dessen Karriereende
«Ich habe immer zu dir aufgeschaut»

Leverkusen-Star Granit Xhaka schreibt im Blick eine exklusive Widmung für seinen älteren Bruder Taulant, der nach 407 Partien für Rot-Blau nicht spurlos abtreten wird.
Publiziert: 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 12:13 Uhr
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Beim FC Concordia im Schüleralter vereint: Taulant Xhaka (Zweiter von rechts, obere Reihe) und Granit Xhaka (Dritter von rechts, untere Reihe).
Foto: STEFAN BOHRER

Darum gehts

  • Granit Xhaka würdigt Bruder Taulant vor dessen letztem Spiel für Basel
  • Brüder teilten Kindheit, Fussballkarriere und enge Beziehung bis heute
  • Taulant Xhaka gewann elf Trophäen und spielte Champions League für FCB
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven SchochReporter Sport

Elf Trophäen hat die Basler Identifikationsfigur Taulant Xhaka gewonnen und die Fussball-Schweiz immer wieder in Aufruhr versetzt. Sein Bruder Granit würdigt ihn vor der Dernière mit berührenden Zeilen im Blick. 

Bruderherz Tauli! 

Als kleine Buben haben wir im gleichen Zimmer geschlafen und immer die gleichen Kleider getragen, als wären wir Zwillinge. Wir haben alles geteilt, uns Geschichten erzählt, zusammen gelacht. Lieber Tauli, du warst mein bester Freund und wirst für immer mein bester Weggefährte bleiben. Zwischen uns wird nie ein Blatt Papier passen. 

Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mehrmals miteinander telefonieren. Mit niemand sonst auf der Welt würde ich tauschen wollen. Unsere Bruderliebe ist grenzenlos. Mit dir rede ich über alles. Du schluckst vieles und machst es selber mit dir aus. Erst, wenn du an die Grenzen stösst, öffnest du dich. Ich bin da komplett anders. Wenn mich etwas stört, muss es sofort raus!

Unsere Eltern haben Schicht gearbeitet, Mutter musste das Haus um 5 Uhr morgens verlassen. Das hat uns früh geprägt. Ich erinnere mich, wie sich Heinz und Serge rührend und aufmerksam um uns gekümmert haben. In einem Spielraum in der Nähe unserer Wohnung. Dort waren wir sicher untergebracht, machten unsere Schulaufgaben, spielten Pingpong. Weisst du noch? 

Dann kam die gemeinsame Concordia-Zeit. Wir trainierten zusammen und kickten in jeder freien Minute im Park. Zwei Tore aus Metall, mehr Sand als Gras. Quartier gegen Quartier. Jeder wusste, wo wir waren: in der Schule, im Spielraum oder im geliebten Park. Etwas anderes gab es gar nicht. Noch heute schaue ich ab und zu dort vorbei, wo alles angefangen hat für uns zwei. Wir spielten mit Freunden, aber nie zusammen. Wir waren die Besten und haben uns gegenseitig angetrieben, kritisiert, gelobt, gingen schon dort immer ans Limit. 

Ich habe immer zu dir aufgeschaut. Du hast mich mitgezogen, mich bei den Älteren verteidigt. Du bist bis heute mein Vorbild, weil ich so viele Dinge von dir lernen durfte. Fehler, die dir passiert sind, konnte ich deshalb vermeiden. Für mich bleibst du ein Mentalitätsmonster, du hast unglaublich viel in den Sport investiert, gelitten und unheimlich viel geopfert. 

Und etwas werde ich mein Leben lang nie mehr vergessen: Als ich zu Gladbach gehen konnte, hättest auch du ins Ausland wechseln können. Weil du unsere geliebten Eltern nicht alleine zurücklassen wolltest in Basel, hast du auf dein Topangebot verzichtet – zu meinen Gunsten. Du hast mir mit deiner Selbstlosigkeit die Möglichkeit gegeben, mit freiem Kopf meinen wichtigsten Karriereschritt anzugehen, anstatt selber durchzustarten. 

Für mich ist diese Geste bis heute der Antrieb, noch mehr zu arbeiten für mich, für dich, für unsere ganze Familie. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass du mit einem Auslandstransfer eine bessere Karriere gemacht hättest als ich. Wenn ich deinen Weg beim FCB anschaue, bekomme ich Gänsehaut. Du bist dir und dem Verein treu geblieben – in sehr guten und in den letzten Jahren auch weniger guten Zeiten. Du hast dich durchgebissen und es am Ende auch geschafft, die persönliche Unzufriedenheit auszuhalten, obwohl du kaum mehr spielen durftest. 

Du hast eine EM gespielt, die Champions League ausgekostet und als Basler Junge elf Trophäen gewonnen. Das passiert nicht einfach so, das ist kein Zufall. Ich musste leer schlucken, als du mir deinen Rückzug angekündigt hast. Ich weiss noch, wie ich dich umstimmen wollte. Aber für dich war klar: Es ist vorbei. Dass du mit einer Meister-Party aufhören kannst, mag ich dir so fest gönnen. Ich werde emotional, wenn ich nur daran denke. 

Unser Traum, nochmals gemeinsam das FCB-Leibchen zu tragen, hat sich leider nicht erfüllt. Aber es gibt ja noch andere Träume. Ich wünsche mir, dass du die Momente ohne Fussball geniessen kannst, dass du in einer ruhigen Minute über deine grossartige Karriere nachdenken wirst. Sei stolz auf alles, was du erreicht hast. Geschenkt bekommen hast du nichts! 

Dein Granit  

Aufgezeichnet: Sven Schoch, Reporter Fussball

«Taulant Xhaka war der Amir Abrashi von Basel»
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FCB-Identifikationsfigur:«Taulant Xhaka war der Amir Abrashi von Basel»
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