Siege gegen Spanien sind für die Schweiz fast so rar wie eine Blaue Mauritius für Briefmarkensammler. Erst dreimal gabs in der Geschichte der Schweizer Nati einen helvetischen Erfolg. Bei den Männern das legendäre 1:0 an der WM 2010 in Durban in Südafrika. Und 2022 in der Nations League im Bernabeu zu Madrid mit den Torschützen Akanji und Embolo.
Bei den Frauen gabs den einzigen Erfolg in der EM-Qualifikation 2012: ein 4:3 dank zwei Toren der heuer verletzten Ramona Bachmann (34) und einem der im EM-Kader stehenden Ana-Maria Crnogorcevic (34) sowie der längst zurückgetretenen Selina Zumbühl (41). Trotz dieses Siegs verpasste die Schweiz die Endrunde.
Am meisten Emotionen löste aber das 1:0 in Durban aus. Weil es der allererste Sieg eines Schweizer Nationalteams gegen die Iberer war! Und weil das Spanien von Vicente Del Bosque mit den Superstars Xavi, Iniesta, Casillas, Ramos, Piqué, Alonso, Busquets, Torres, Villa und Co. als praktisch unschlagbar galt. Dieses 0:1 war die erste Niederlage für den Europameister von 2008 nach zwölf Siegen in Folge und erst die zweite in dreieinhalb Jahren.
Und der Torschütze? Na klar. Der Goleador vom Dienst! Gelson Fernandes (38), der in seinen 67 Länderspielen genau zweimal traf. Einmal gegen Moldawien ein Jahr zuvor. Und eben dieses historische Tor in Südafrika. Der Walliser erinnert sich: «Das war natürlich ein geiler Abend! Das Stadion in Durban voll mit unseren richtig starken Fans. Danach die Feier. Die für mich leider erst mit Verzögerung stattfand, da ich noch zur Dopingkontrolle musste, während bei meinen Kollegen die Post abging.»
Frühes Out trotz historischem Sieg
Danach seien massenweise Nachrichten aufgepoppt, viele hätten sich auch auf Facebook gemeldet, so der Mann mit kapverdischen Wurzeln. Und viele Freunde und Verwandte hätten auch angerufen. Wenn man die Grösse der Familie Fernandes auch nur einigermassen kennt, weiss man, was das bedeutet … «Meine Telefonrechnung im Juli 2010 sprengte alle Dimensionen», sagt der heutige stellvertretende Chef Mitgliedsverbände der Fifa. «Aber das war egal. Meine Familie war glücklich und die Leute hatten Spass. Und die in Südafrika günstigen Cheeseburger haben das kompensiert ...»
Allerdings nützte dieses 1:0 der Schweiz am Ende nichts. Die gesamte riesige Euphorie verflog. Nach dem 0:1 gegen Chile und dem 0:0 gegen Honduras flog die Truppe von Ottmar Hitzfeld als Gruppendritter aus der WM am Kap. «Schade, haben wir gegen Chile verloren. Doch das war damals ein richtig grosser Gegner. Die wurden im Anschluss Südamerika-Meister. Das war die goldene Ära des chilenischen Fussballs», erinnert sich der zweifache Familienvater. «Und wir haben diese frühe Rote Karte von Valon Behrami kassiert. So hätten wir gegen Honduras gewinnen müssen, was uns leider nicht gelang.»
Dennoch habe dieser Sieg gegen Spanien seinen Platz gehabt im Geschichtsbuch des Schweizer Fussballs, einen wichtigen Platz: «Dieses 1:0 hat dem gesamten Schweizer Fussball gutgetan. Danach gabs regelmässig fantastische Spiele und tolle Momente an Endrunden. Und die Schweiz versteht es seither, an Welt- und Europameisterschaften Emotionen bei den Fans auszulösen. Das ist wichtig.»
«Wir haben eine hochtalentierte Gruppe»
Die Schweizer Männer 2010 gegen ein praktisch als unschlagbar geltendes Spanien, das danach den Titel holte. Die Schweizer Frauen 2025 gegen ein auch fast als unschlagbar geltendes iberisches Team. Die Parallelen sind frappant. «Die Ausgangslage ist in der Tat praktisch dieselbe. Diese Spanierinnen sind sowas von stark! Aber wenn unser frisches, junges Team mit voller Energie in dieses Spiel steigt, können die das schaffen! Denn es ist eine hochtalentierte Gruppe, die da zu Werke geht. Und die Fans in Bern werden das Ihrige dazu beitragen.»
Gelson, der am Dienstag von der Klub-WM aus den USA zurückgekehrt ist, lässt sich dieses Highlight natürlich nicht entgehen: «Ich werde im Wankdorf sein, klar. Und auch danach werde ich bei weiteren Spielen im Stadion sein.» Zumal für ihn klar ist: «Frauenfussball ist die Zukunft des Fussballs!» Und Gelson muss das genau wissen: Seine Girls sind beide fussballbegeistert: Ariela (15) und Sienna Harper (6). Er erlebt den Boom also tagtäglich am eigenen Leib – wenn der viel beschäftigte Herr Direktor denn zu Hause ist.
«Riola Xhegeili», titelte der Blick nach dem 1:1 gegen Finnland. Ist die Ähnlichkeit zur Schlagzeile «Geilson» ein gutes Omen?