Obwohl erst 29, gehört Noelle Maritz zu den erfahrensten Spielerinnen im Schweizer EM-Kader. Nach mehr als einem Jahrzehnt im Kreis der Nati kennt sie die Macken ihrer Teamkolleginnen. Ihre Rolle in der Kabine ist diejenige des DJ’s.
«Wir haben einen Whatsapp-Chat, in dem alle ihre Wünsche reinschreiben können. Ich schaue dann, dass ich eine gute Playlist zusammenstelle», erklärt Maritz ihr Ämtli. Einen spezifischen EM-Favoriten hat die Nati noch nicht, hoch im Kurs ist derzeit aber das Lied 'Nokia' des kanadischen Rappers Drake. «Neben R&B und Hip-Hop hören wir aber auch viel spanischen Sound oder was sonst noch gerade so in ist», so Maritz. Ein wichtiges Kriterium: Lieder, die «pushen und uns gut auf ein Spiel einstimmen».
Während Maritz für die Musik verantwortlich ist, führt Géraldine Reuteler (26) die Teamkasse, weswegen sie gelegentlich auch mal 'Polizistin' genannt wird. «Allzu viel Geld ist aber noch nicht zusammengekommen», verrät die Nidwaldnerin. Wer am meisten zahlen muss, will Reuteler nicht verraten. «Aber die letzten vier Bussen waren von vier verschiedenen Spielerinnen.»
100 Franken Busse bei falschen Schuhen
Einer der Gründe für eine Busse ist das Vergessen der morgendlichen Hausaufgabe. Zwecks des Zyklus-basierten Trainings müssen alle Spielerinnen jeweils in einer App eingeben, wie sie sich am Morgen körperlich fühlen. «Das ist wohl der häufigste Grund, warum jemand bezahlen muss», meint Luana Bühler (29). Zuletzt erwischt hat es auch Goalie Elvira Herzog (25). «Ich musste einen Fünfliber bezahlen», so die Zürcherin.
Am teuersten wird es, wenn eine Spielerin die falsche Ausrüstung trägt. Falsche Schuhe, zum Beispiel Adiletten anstatt jene von SFV-Ausrüster Puma, kosten 50 oder 100 Franken. «Wir mussten die Bussen in den letzten Monaten erhöhen, damit es auch etwas weh tut», sagt Bühler. Überwiesen wird das Geld übrigens nicht per Cash oder per Twint, sondern per Transaktion via Eban-Nummer auf ein Bankkonto.
Zu spät kommt selten jemand. «Wir werden unserem Ruf als Schweizerinnen meistens gerecht», sagt Julia Stierli (28). Wenn dies doch einmal vorkommt, wie bei Svenja Fölmli (22) beim letzten Nations-League-Zusammenzug, dann kostet dies zehn Franken. Gefährdet sind auch Coumba Sow (30), die nicht im Kader stehende Eseosa Aigbogun (32) oder Meriame Terchoun (29). «Sie kommen oft auf den letzten Drücker», sagt Maritz.
Wer praktisch noch nie eine Busse zahlen musste, ist Nadine Riesen (25). Trotzdem gilt die Appenzellerin als grösste Chaotin im Team. Der Tenor ihrer Teamkolleginnen: «Sie ist etwas verpeilt – aber in einem liebenswerten und positiven Sinn.» Vorne mit dabei in dieser Kategorie ist auch Sydney Schertenleib. «Einmal, bei GC, hat sie bei einem Testspiel sogar ihre Fussballschuhe vergessen», sagt Noemi Ivelj (18), Schertenleibs beste Kollegin in der Nati. «Aber sie hat sich stark gebessert.» Ivelj selbst hat ein Flair für Kaffee. «Aber wenn sie Kaffee trinkt, dann wird sie ein bisschen crazy», sagt Iman Beney. «Dann hat sie zu viel Energie.»
Lehmann und Sow als Stimmungsmacher
Und wer hat die kürzeste Zündschnur? «Das ist Ana (Crnogorcevic), ganz klar», sagt Maritz mit einem Lachen. «Vor allem auf dem Platz regt sie sich schnell auf, aber das ist ja nichts Neues – und alles halb so wild.» Maritz selbst ist auf dem Platz die Ruhe in Person, bei einer Partie Brändi Dog kann aber auch bei ihr der Geduldsfaden reissen. «Dann wird schon mal mit der Spielpartnerin heftig diskutiert, schliesslich wollen alle gewinnen, denn es geht um die Ehre.»
Ana-Maria Crnogorcevic (34) ist auch in der Verlosung, wenn es um den Titel der grössten Party-Queen geht. Bei der Frage nach den grössten Stimmungsmachern sind auch Sow und Alisha Lehmann (26) ganz vorne dabei. «Sie sorgen immer für gute Stimmung», sagt Maritz. Gerade Lehmann ist ein Bindeglied zwischen den Älteren und den Jüngeren im Team. «Ich kann Brändi Dog spielen, aber auch mit den Jungen mal für ein Tiktok-Video tanzen», so die Juve-Stürmerin.
Zur Tanzfraktion gehören auch Alayah Pilgrim (21), Leila Wandeler (19), Noemi Ivelj und Sydney Schertenleib (beide 18). In den letzten Tagen hat das Quartett immer wieder für Tanzeinlagen gesorgt, die dann in den sozialen Netzwerken geteilt werden. Schertenleib hat aber auch eine ruhige Seite, so wie Svenja Fölmli, Julia Stierli und Sandrine Mauron. Dieses Trio gehört zu den Ruhigeren im lebhaften Nati-Camp.