SFV-Vorstandsmitglied Aline Trede im EM-Quiz
1:47
Nächste Euro in den USA?SFV-Vorstandsmitglied Aline Trede im EM-Quiz

ZV-Mitglied Aline Trede
«Jetzt dürfen auch Frauen einmal Scheisse bauen»

Seit 2024 ist Aline Trede zusammen mit Christelle Luisier im Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbands. Die Fraktionspräsidentin der Grünen spricht im Blick-Interview über die Frauen-EM, Nachhaltigkeit im Sport und was sie an ihre Studienzeit erinnert.
Publiziert: 01:06 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/6
Aline Trede ist Nationalrätin und Fraktionspräsidentin der Grünen.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Darum gehts

  • Aline Trede spricht über ihre Erfahrungen im Schweizerischen Fussballverband und über Frauenfussball
  • Trede setzt sich für Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit im Fussball ein
  • Nur 2,5 Prozent der Schiedsrichter sind weiblich, Ziel: 80'000 Lizenzierte bis 2027
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_1052.JPG
Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Blick: Was ist Offside?
Aline Trede: Das musste ich kürzlich einmal Kindern erklären … (überlegt). Es darf nicht sein, dass jemand vor dem Tor auf den Ball wartet, um ein Tor zu schiessen. Man muss immer darauf achten, dass man hinter der letzten Spielerin des anderen Teams ist, ansonsten geht die Fahne hoch. Aber wenn dann der Ball in der Luft ist, kann man losrennen. So ungefähr würde ich es erklären (lacht).

Die Frage zielt darauf hin, dass es im Fussball viele Vorurteile gegenüber Frauen gibt. Wie haben Sie das in Ihrer Funktion als Mitglied des Zentralvorstands erlebt?
Innerhalb des Verbands habe ich davon nichts gespürt, viel eher in der Öffentlichkeit. Ich war für alles gewappnet, als ich dieses Amt angenommen habe. Am meisten getroffen hat mich, dass die meiste Kritik von Frauen kam, die mir vorwarfen, dass ich keine Fussballerin sei, und sagten: Was soll die da? Aber das hat sich inzwischen gelegt.

Wie haben Sie die Kritikerinnen verstummen lassen?
Schon während des Bewerbungsprozesses war klar, dass ich nie Fussballprofi war oder eine ausgewiesene Fussballexpertin bin. Aber ich bringe ein gutes Netzwerk mit, habe Verbindungen in die Wirtschaft und in die Politik und sehr viel Verbandserfahrung. Eine politische Partei ist manchmal wie ein Verband. Ich habe den Kritikerinnen zeigen können, wie ich strategisch vorgehen muss, um etwas zu erreichen. Und ich habe gezeigt, dass ich mich für sie einsetze. Ich bin es gewohnt, in sehr männerdominierten Bereichen exponiert, aber auch erfolgreich zu sein. Denn exponiert ist man als Frau sowieso.

Wie hat sich das geäussert?
Ich habe Situationen erlebt, wie ich sie seit meinem Studium an der ETH Zürich nicht mehr erlebt habe: einen Saal voller Männer, die erstaunt sind, dass es da auch Frauen gibt. Man fällt mega auf, weil man eine Frau ist, das habe ich in diesem Ausmass lange nicht mehr erlebt, auch wenn wir als Frauen oft in der Minderheit sind.

Was ist Ihre Aufgabe als ZV-Mitglied?
Ich bin zwar nicht für den Frauenfussball zuständig und auch nicht dafür gewählt worden, aber natürlich ist das jetzt ein grosses Thema. Für die SFV-Strategie «Spirit of Football», aber auch für den Quality Club setze ich mich ein, da geht es um die Qualität und die Nachhaltigkeitsstrategien der Klubs. Das ist sehr cool, und es macht Freude, wenn man sieht, welchen Weg Klubs bis zu dieser Zertifizierung gegangen sind. Fussball ist so viel mehr, als einem Ball hinterherzurennen.

Und wie sind Sie an der EM involviert?
Ich bin im Steering Board der Uefa und ich bin am Rand in die Nachhaltigkeitsprojekte wie Ausbildungen für Frauen im Klubmanagement, in Führungspositionen, als Trainerinnen oder Schiedsrichterinnen involviert. Ich bin auf vielen Podien und versuche, meine Erfahrungen zu vermitteln. Und ich engagiere mich dafür, dass das Vermächtnis dieser EM weitergetragen wird. Es braucht Veränderungen, das sehen alle, aber nicht alle gleich. Da müssen Christelle Luisier und ich Verantwortung übernehmen.

Was fasziniert Sie am meisten an Ihrem Amt?
Das Schöne ist, dass das Thema sehr breit ist. Und Fussball hat eine unglaubliche Wirkung. Es ist spannend, zu sehen, warum dieser Sport einen solch unglaublichen Impact hat. Die Nati kennen alle, auch diejenigen, die sich null für Fussball interessieren. Da mittendrin zu sein, das hat mich schon noch einmal mehr gepackt. Hinzu kommt dieser Gegensatz zwischen Fortschritt und Unmoderne, dem Starren.

Wie viele Male haben Sie sich schon den Kopf angeschlagen?
Ich kann alles traktandieren und diskutieren lassen. Ich bin ein gleichwertiges Mitglied. Dadurch kommen Themen auf den Tisch, die sonst anders oder nicht diskutiert würden. Nicht aus bösem Willen, sondern weil niemand daran denkt.

Wie steht es um den Frauenfussball?
Dank Dominique Blanc gibt es im ZV eine klare Strategie, und alle ziehen mit. Er hat viel angestossen und möglich gemacht. Es ist eine Dynamik drin, die nach der EM aber nicht einfach fertig sein darf. Wir sprechen über die Liga, über Nachhaltigkeitsprojekte usw. Diesen Schwung müssen wir jetzt nutzen und mitnehmen.

Wo harzt es am meisten?
Das Hauptproblem ist, dass man immer vergleicht. Zuerst sind die Männer, und dann kommen noch die Frauen. Doch diese müssen ihren eigenen Weg gehen, denn Mädchen hören zum Beispiel in einem anderen Alter auf als Jungs, sie haben andere Verletzungen, trainieren aufgrund des Zyklus anders. Wir müssen Tabula rasa machen und aus diesen Rollenbildern herauskommen. Das ist nicht einfach, aber ein solcher Grossanlass wie die EM hilft.

Bei der Anzahl Funktionärinnen mangelt es überall.
Am schlimmsten steht es bei den Schiedsrichtern, wo nur 2,5 Prozent weiblich sind. Aber auch da können kleine Anpassungen viel bewirken. Wenn man als 17-Jährige gleichaltrige oder ältere Jungs pfeifen muss, ist das nicht so prickelnd. Nur weil Männer Frauen pfeifen, muss das umgekehrt nicht zwingend der Fall sein. Und bei Trainerausbildungen sind oft auch die Kursdaten das Problem. Wenn ich an mein Leben denke, kann ich nicht zwei lange Wochenenden freinehmen für einen Trainerkurs, was Männer in meinem Umfeld oft können.

«Lieber angreifbar als unsichtbar» steht auf Ihrer Homepage. Frauen tun sich aber oft schwer, sich zu exponieren. Wie löst man das Problem?
Die Kurse, die der SFV, aber auch Swiss Olympic anbieten, sind sehr gut belegt. Der Erfahrungsaustausch, das Netzwerken, das ist das, was den Frauen fehlt, weil sie nicht bereits 20 Jahre zusammen in einem Klub waren. Hinzu kommt, dass sich Frauen oft etwas nicht zutrauen, weil sie denken, man müsste eine absolute Expertin sein, um eine Aufgabe übernehmen zu können. Darum hat mich die Kritik vonseiten der Frauen auch so getroffen. Man darf sich durchaus etwas zutrauen, einmal hingehen und eine Sache probieren.

Aline Trede persönlich

Aline Trede wird am 26. August 1983 in Bern geboren. An der ETH Zürich studiert sie Umweltnaturwissenschaften. Von 2013 bis 2015 und seit 2018 sitzt sie als Vertreterin der Grünen im Nationalrat. Seit 2020 ist sie auch Fraktionspräsidentin. 2024 wurde Trede zusammen mit Christelle Luisier (50) als erste Frau in den Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbandes gewählt. Trede ist selbständig und lebt mit ihrem Ex-Mann und den beiden Kindern in Bern.

Aline Trede wird am 26. August 1983 in Bern geboren. An der ETH Zürich studiert sie Umweltnaturwissenschaften. Von 2013 bis 2015 und seit 2018 sitzt sie als Vertreterin der Grünen im Nationalrat. Seit 2020 ist sie auch Fraktionspräsidentin. 2024 wurde Trede zusammen mit Christelle Luisier (50) als erste Frau in den Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbandes gewählt. Trede ist selbständig und lebt mit ihrem Ex-Mann und den beiden Kindern in Bern.

Sie machen das offensichtlich.
Ein CDU-Politiker aus Deutschland hat einmal sinngemäss gesagt, dass Männer mit beispielsweise all ihren Kriegen so viel verhauen haben, dass nun auch einmal die Frauen dran sind, Scheisse zu bauen und Fehler zu machen. Ich stehe viel mehr unter Beobachtung als meine männlichen Kollegen. Und dann ist noch immer dieser Reflex: Sie ist eine Grüne. Aber dann merken sie plötzlich, dass das gar nicht so schlimm ist und man mit mir ja ganz normal sprechen kann (lacht).

Was geben Sie Frauen für Ratschläge?
Man muss eine dicke Haut haben und gewisse Dinge ertragen können. Wir müssen das System von innen her ändern und unser Selbstverständnis stärken. Wenn ich zum Beispiel vom «Nebelspalter» zum «Löli des Tages» gewählt werde, dann ist das für mich eine Art Diplom, ein Orden. Denn wenn man niemanden triggern würde, würde man auch nicht dafür nominiert werden.

Haben Sie im Fussballumfeld Sexismus erlebt?
Nein. Vielleicht, dass ich unterschätzt werde. Mehr aber nicht.

Ein Problem im Frauenfussball ist die Finanzierung. Wie kriegt man die hin?
Es ist krass, was für ein Magnet die Männer-Nati für die Sponsoren ist. Und dann gibt es noch immer solche, die noch mehr geben wollen … Aber auch die Frauen-Nati ist inzwischen für Partner sehr attraktiv. Ich kenne diesen Kampf aus anderen Verbänden. Aber auch hier darf man nicht vergleichen. Mal abwarten, was der Backlash der Trump-Wahl ist, aber Sponsoren können sich heute nicht mehr erlauben, nur bei den Männern zu investieren, eine gewisse Diversität ist gefragt.

Und wie holt man diese Sponsoren ins Boot?
Das A und O sind die TV-Übertragungen und die Sichtbarkeit in den Medien. Ein Spiel auf dem Heerenschürli in Zürich-Schwamendingen mit nur einer Kamera ist nicht attraktiv. Der Gegensatz dazu ist YB, das immer im Wankdorf spielt, was natürlich ein ganz anderes Erlebnis für die Zuschauenden und die Konsumierenden ist.

Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Wenn Männer so viel mehr Geld reinholen, dann kann man doch nicht gleich viel ausgeben?
Man kann nicht einfach das Geld von den Männern rübernehmen, aber es muss jetzt noch mehr quersubventioniert werden. Wir haben Berechnungen gemacht, wo Potenzial besteht, wo es Investitionen braucht und wo Firmen und Sponsoren bei den Frauen einsteigen könnten.

Was heisst das für den Verband in Bezug auf «equal pay»?
Der Verband ist «equal pay». Bei Sponsorenterminen erhalten Nati-Spielerinnen gleich viel wie ihre männlichen Kollegen. Bei den Prämien ist der prozentuale Anteil an den Gesamteinnahmen derselbe. Das Ziel ist, dass man international an beide Geschlechter die gleichen Prämien ausschüttet. Und wenn man auf die Fifa schaut, dann wird das auch zunehmend geschehen, auch deshalb ist es so wichtig, dass sich die Nati für die WM 2027 qualifiziert.

Was soll von der Frauen-EM bleiben?
Ich erhoffe mir, dass diese einen nachhaltigen Effekt hat, dass in Zukunft mehr Zuschauerinnen und Zuschauer in die Stadien kommen. Die Qualität des Fussballs wird immer besser, und viele, die ich an YB-Spiele schleppe, sind überrascht, wie gut das Niveau ist. 80’000 Lizenzierte bis 2027 schaffen wir. Es ist das einfachste Ziel, die Frage ist aber, ob diese auch bleiben. Auf der wissenschaftlichen Seite müssen wir den Athletinnen-Weg nachhaltig und konsequent weitergehen. Und wenn man Studien anschaut, dann ist das Potenzial auch bezüglich Sponsoring vorhanden. Das müssen wir ausschöpfen.

Fussball ist alles andere als nachhaltig. Wie können Sie da Einfluss nehmen?
Es sind kleine Vögel, die weit fliegen können, denn der Hebel ist unglaublich gross. Wenn es im ZV heisst, wir gehen an jenes oder jenes Spiel, sage ich immer, dass ich mit dem Zug gehe, wie zum Beispiel an der EM 2024 an den Viertelfinal gegen England in Düsseldorf. Damit zeige ich auf, dass dies zumindest eine Option ist, was viele gar nicht auf dem Schirm haben.

Sportliche Grossanlässe müssen aus Ihrer Sicht ein Horror sein.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Grossevents und auch nicht kategorisch gegen Olympische Spiele in der Schweiz, denn Brot und Spiele wird es immer geben. Die Netto-Null schafft man nie, aber man muss einen solchen Event so nachhaltig wie möglich machen. Da muss man die Fifa, die Uefa, das IOC und deren Sponsoren ins Boot holen und beispielsweise so viele regionale Produkte wie möglich berücksichtigen. Man muss nicht die gleichen Fehler machen, die in der Vergangenheit gemacht worden sind, und so krasse Auflagen machen, die man nicht erreichen kann.

Wann sind Sie zuletzt geflogen?
Als Fraktionspräsidentin muss ich seit drei Jahren von Amtes wegen gewisse Reisen mitmachen. Zuvor war ich 33 Jahre lang nicht geflogen. Auch jetzt reise ich privat nie mit dem Flugzeug.

Wer waren Ihre Vorbilder?
Als Kind hatte ich keine, ich wollte einfach die Welt retten. Heute bewundere ich Leute wie Annalena Baerbock oder Angela Merkel, da ich selber in der Politik bin. Die Verantwortung, die sie hatten in einem G8-Land – und zu Hause haben sie dasselbe Puff wie ich (lacht). Was man da alles aushalten muss, dabei aber überlegt und authentisch bleiben will.

Wie wichtig ist es für Sie, dass Sie das für andere sind?
Für mich war es nie ein Gedanke, dass ich für jemanden ein Vorbild sein kann. Und ich habe auch nie gedacht, dass ich irgendwo einmal die Erste bin. Das bringt natürlich auch eine gewisse Verantwortung mit sich. Ich gehe an viele dieser Funktionärsausbildungen und erzähle jeweils Anekdoten, denn ich mache einfach – und viele scheitern daran. Ich war nie Profi auf dem Fussballplatz, aber ich kann einiges erreichen mit meinem Erfahrungsrucksack aus 20 Jahren Beruf und Politik.

Gibt es einmal die erste SFV-Präsidentin Aline Trede?
Jetzt wurde gerade ein neuer Präsident gewählt, und wir sind jetzt mal zwei Frauen im ZV. Aber Peter Knäbel könnte sich ein Monument bauen, wenn er nach seiner Amtszeit an eine Frau übergeben könnte.

Gruppe A
Mannschaft
SP
TD
PT
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
Playoffs
Gruppe B
Mannschaft
SP
TD
PT
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
Playoffs
Gruppe C
Mannschaft
SP
TD
PT
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
Playoffs
Gruppe D
Mannschaft
SP
TD
PT
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
Playoffs
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
In diesem Artikel erwähnt
Was sagst du dazu?
In diesem Artikel erwähnt