Chloe Kelly (27, England)
Hinter dem Begriff «Superjoker» sollte im Duden ein Bild von Chloe Kelly (27) hinterlegt werden. Bei der Aufholjagd im Viertelfinal gegen Schweden bereitet die englische Stürmerin mit ihren Flanken beide Treffer vor. Im Halbfinal gegen Italien verwandelt sie in der Verlängerung im Nachschuss den entscheidenden Penalty. Und im Final bereitet sie wieder ein Tor vor, bevor sie die Lionesses im Elfmeterkrimi zum Titel schiesst – so wie sie es schon vor drei Jahren beim Heim-Turnier getan hat. Dabei hatte es Anfang Jahr noch danach ausgesehen, als würde sie die EM aufgrund von zu wenig Spielzeit verpassen. «Danke an alle, die mich nicht abgeschrieben haben. Ich bin dankbar», so Kelly nach dem Titelgewinn.
Alexia Putellas (31, Spanien)
Als der Final in Basel vom Penaltypunkt entschieden wird, steht Alexia Putellas (31) nicht mehr auf dem Platz. Nur auf der Bank verfolgt die Weltfussballerin von 2021 und 2022 das Elfmeter-Drama, nachdem sie in der 71. Minute und ohne Akzente zu setzen, Claudia Pina hat weichen müssen. Nachdem sie die EM 2022 wegen eines Kreuzbandrisses verpasst und auch auf dem Weg zum WM-Titel 2023 nur eine marginale Rolle gespielt hatte, sollte diese EM ihr Turnier werden. Nach einer überragenden Vorrunde mit drei Toren und vier Assists verschwand Putellas in der K.o.-Phase aber praktisch von der Bildfläche.
Lia Wälti (32, Schweiz)
Lia Wältis Augen sind wässrig, als Beatrice Egli im Eröffnungsspiel im bis auf den letzten Platz gefüllten St. Jakob-Park zwischen der Schweiz und Norwegen kurz vor 21 Uhr und bei noch immer 30 Grad in Basel die Nationalhymne singt. Die Emmentalerin ist bei weitem nicht die einzige, die in diesem Moment feuchte Augen hat. Und es ist nicht das letzte Mal, dass die Emotionen den Nati-Captain in diesem märchenhaften Sommer übermannen. Trotz körperlicher Probleme beisst sich Wälti durch das Turnier und führt die spielerisch zwar überschaubare, aber mit ihrer Leidenschaft und ihrem Kampfgeist begeisternde Nati in den ersten Viertelfinal der Geschichte.
Cristiana Girelli (35, Italien)
Es ist der wohl traurigste Moment dieser EM. Etwas mehr als eine Stunde ist im EM-Halbfinal zwischen England und Italien gespielt, als Captain Cristiana Girelli (35) nach einem Zweikampf am Boden liegen bleibt. Eine Szene, die gleichbedeutend mit dem Turnierende der Italien-Kapitänin ist. Die Rekordtorschützin muss unter Tränen vom Platz und von der Ersatzbank mitansehen, wie England einen 0:1-Rückstand noch dreht. Ganz bitter für Girelli, die die Azzurre mit ihrem Doppelpack im Viertelfinal gegen Norwegen (2:1) im Alleingang in den ersten Halbfinal seit 28 Jahren geführt hat.
Ann-Katrin Berger (34, Deutschland)
Nachdem sie in der Vorrunde noch von ihrem eigenen Trainer wegen ihrer Coolness am Ball kritisiert worden ist und prompt beim 1:4 gegen Schweden schlecht aussieht, gelingt ihr bei der heroischen Abwehrschlacht des DFB-Teams in Unterzahl im Viertelfinal gegen Frankreich das Spiel ihres Lebens. Sie zeigt die Parade des Turniers, als sie im Rückwärtslaufen ein Kopfball ihrer eigenen Abwehrspielerin von der Linie kratzt. Und im Penaltyschiessen pariert Berger nicht nur zwei Versuche der Französinnen, sondern versenkt ihren souverän. Am Ende wird sie trotzdem zur tragischen Heldin, als sie sich gegen Spanien in der Verlängerung von Bonmati in der nahen Ecke erwischen lässt.
Géraldine Reuteler (26, Schweiz)
Zwar reisen die Engländerinnen mit dem wichtigsten Pokal nach Hause, dafür hat Géraldine Reuteler während der Heim-EM gleich drei Trophäen eingeheimst. In allen drei Schweizer Gruppenspielen wird die Nidwaldnerin zur Spielerin der Partie gewählt. Ein Kunststück, das an diesem Turnier keiner anderen Spielerin gelungen ist. Egal, ob im Sturm oder im zentralen Mittelfeld, mit ihren sensationellen Auftritten hat Reuteler grossen Anteil am kleinen Schweizer EM-Märchen. Auch Blick-Experte Alex Frei (46) ist begeistert: «Wäre sie ein Mann, hätte sie einen Marktwert von 80 Millionen. Das war unglaublich gut», schwärmt der Nati-Rekordtorschütze.