Es gibt Experten und vermutlich noch mehr Konkurrenten, die seit Wochen auf einen finalen Thuner Einbruch warten. Bisher tun sie das vergeblich. Meistens folgt vereinzelten Unebenheiten sofort eine unübersehbare Rückmeldung. Genau so passiert das in Winterthur, und zwar in einer überzeugenden Art und Weise, die selbst beim Verlierer Eindruck macht: «Wenn ich alle Heimspiele anschaue, war der FC Thun jener Gegner, der uns auf der Schützi am meisten Probleme machte.»
Zum Vergleich: Der taumelnde Titelhalter Basel hat sich vor zehn Tagen auf dem gleichen Schauplatz vom FCW 70 Minuten lang dominieren und vorführen lassen. Der Leader hingegen lässt die Einheimischen souverän ins Leere laufen. Nach 26 Minuten ist die Angelegenheit entschieden: Thun führt 2:0 und spielt nach einem Winterthurer Platzverweis in Überzahl. «Ich erinnere mich an keine andere Mannschaft, die hier eine solche Leistung gezeigt hat.» Mauro Lustrinelli gelangt zum gleichen Schluss wie sein Branchenkollege Rahmen.
Thuner Schritt nach vorne
Die überragende Auswärts-Bilanz mit 21 Punkten in neun Spielen lässt das Selbstvertrauen Runde für Runde anschwellen. Rückschläge wie das 0:2 gegen Verfolger St. Gallen können die Berner Oberländer einschätzen. «Uns gelingt es relativ schnell, den Switch wieder zu schaffen», stellt Lustrinelli fest. Sein Tempomacher Ethan Meichtry erklärt den jeweils raschen Turnaround so: «Wir überlegen nicht allzu viel. Wir machen einfach, weil wir wissen, was wir draufhaben.»
Wer den Hauptdarstellern in den Reihen des besten Super-League-Aufsteigers der Geschichte zuhört, kommt zum Schluss: Da ist über Jahre still und heimlich ein Projekt gewachsen, das nicht so rasch zur Erschütterung gebracht werden kann. An den Stellschrauben drehen Entscheidungsträger, die smart handeln und kommunizieren – wie der Frontmann an der Linie. Lustrinelli hat Werte definiert und in der Garderobe mit seinem modernen Führungsstil ein Wir-Gefühl geschaffen, das in keiner Statistik erhoben wird, aber Gold wert sein könnte.
«Wir haben als Team in den letzten Monaten nochmals einen Schritt gemacht. Ich sehe eine klare Strategie, einen Hunger, einen Willen», sagt Leadermacher Lustrinelli nach dem 4:1-Statement in Winterthur. Es werde nun spannend sein, wie sie mit der Pole-Position umgehen: «Oben zu bleiben, ist noch einmal eine ganz andere Challenge.»




