«Ich habe Freude, dass ich das noch erlebe»
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Arosa-Legende Guido Lindemann:«Ich habe Freude, dass ich das noch erlebe»

Zurück im bezahlten Eishockey
Der ruhmreiche EHC Arosa als Ort der letzten Chance

Seit diesem Wochenende spielt Traditionsverein EHC Arosa nach 39 Jahren wieder auf Profistufe mit. Eine riesige Herausforderung für alle. Blick war beim ersten Heimspiel dabei.
Publiziert: 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 10:30 Uhr
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Arosa ist seit dieser Saison Heimat eines Swiss-League-Stadions und Klubs.
Foto: Pius Koller

Darum gehts

  • EHC Arosa kehrt nach 39 Jahren in die Swiss League zurück
  • Verein setzt auf junge Spieler und hat einen Dreijahresplan
  • 503 Zuschauer beim ersten Heimspiel, Budget für Spielerlöhne nicht viel höher
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marcel AllemannReporter Eishockey

Die blaugelben Fahnen mit der Sonne in der Mitte werden vom harten Kern in der Fankurve unentwegt geschwenkt, begleitet von einem «Hopp, Arosa!». Im kleinen Fanshop gleich beim Eingang zum Stadion werden die neuesten Artikel dargeboten, daneben brutzeln Würste auf dem Grill, während oben in der «Gigi-Bar» Bier ausgeschenkt wird.

Aber ein Kassenschlager ist das erste Heimspiel auf Profi-Ebene seit 1986 an diesem Samstagabend mit lediglich 503 Zuschauern im Bündner Ferienort trotzdem nicht. Es ist Mitte September und gerade Zwischensaison. Während der Wintersaison wird dann schon mehr los sein, sind sich alle einig – und bei den Bündner Derbys gegen Chur sowieso.

Bessere Löhne im zweiten Jahr

Vor 39 Jahren stieg der neunfache Meister EHC Arosa aus finanziellen Gründen freiwillig aus der damaligen NLA in die 1. Liga ab, der Traditionsklub verschwand für Jahrzehnte im sportlichen Niemandsland. Bis man vergangene Saison die Vorwärtsstrategie beschloss, den Aufstieg von der MyHockey League in die Swiss League ins Auge fasste und auch realisierte.

Zahlencheck – das ständige Auf und Ab des EHC Arosa

7 – Zwischen 1951 und 1957 gewinnt der Klub gleich sieben Meistertitel in Serie.

23. 2. 1982 – An jenem Datum holt sich der EHC Arosa seinen neunten und bisher letzten Meistertitel.

1986 – Wegen finanzieller Probleme steigen die Bündner freiwillig von der NLA in die 1. Liga ab. Ein Novum in der Geschichte des Schweizer Eishockeys.

39 – Nach fast vier Jahrzehnten kehrt der Kultklub endlich wieder ins Spitzenhockey zurück.

7 – Zwischen 1951 und 1957 gewinnt der Klub gleich sieben Meistertitel in Serie.

23. 2. 1982 – An jenem Datum holt sich der EHC Arosa seinen neunten und bisher letzten Meistertitel.

1986 – Wegen finanzieller Probleme steigen die Bündner freiwillig von der NLA in die 1. Liga ab. Ein Novum in der Geschichte des Schweizer Eishockeys.

39 – Nach fast vier Jahrzehnten kehrt der Kultklub endlich wieder ins Spitzenhockey zurück.

Es folgte ein happiger Sommer, in dem sich die Bündner für die Swiss League fit machen mussten. «Es war eine riesige Herausforderung, aber wir sind auf gutem Weg», meldet CEO Christian Modes (52). Im Zentrum steht dabei die finanzielle Vernunft. Das Budget für die Spielerlöhne ist nicht viel höher als vergangene Saison, denn der Ligawechsel erforderte zahlreiche Investitionen an der Infrastruktur. Im zweiten Jahr, wenn diese nicht mehr nötig sind, soll dann mehr Geld in die Löhne fliessen.

Mit einem Dreijahresplan unterwegs

«Wir haben einen Dreijahresplan, wollen uns Saison für Saison verbessern und in der Swiss League etablieren», sagt Modes. Ein solider Klub in der zweitobersten Liga zu sein, sei jedoch das höchste der Gefühle. «Von der National League will ich nichts hören! Ein Budget von 14 Millionen wird für Arosa nie zu stemmen sein», hält Modes energisch fest. Auch die Struktur im Nachwuchs verunmöglicht dies. Der EHC Arosa betreibt derzeit nur Teams bis zur U13, für Mannschaften auf älteren Stufen gibt es nicht genügend Spieler, die Talente müssen dann nach Chur oder Davos weiterziehen. «Ein Laster, das wir haben», weiss Modes.

Eine Equipe zusammenzustellen, die sich unter diesen schwierigen Umständen der Swiss League stellt, war der anspruchsvolle Job von Trainer und Sportchef Rolf Schrepfer (51). Denn zunächst bedienten sich auf dem Markt die anderen Klubs, am Ende der Schlange war dann Arosa mit seinen bescheidenen finanziellen Mitteln dran. «Wenigstens wissen wir dadurch, dass keiner des Geldes wegen hier ist», scherzt Modes.

Die meisten sind zwischen 20 und 23

Der EHC Arosa ist ein Auffangbecken für junge Spieler, die anderswo nicht unterkommen. «Für viele ist es die letzte Chance, sich zeigen zu können», sagt Modes. Auf Ausländer verzichtet man, und der klar älteste Spieler im Kader ist der 28-jährige Emiljus Krakauskas, ein Litauer mit Schweizer Lizenz. Das Gros des Kaders ist aber zwischen 20 und 23. Realistisch betrachtet, ist Arosa in seinem ersten Jahr nach dem Aufstieg kaum konkurrenzfähig. Aber da es keinen Absteiger aus der Swiss League gibt, haben die Bündner eigentlich nichts zu verlieren.

«Es wird brutal schwer, aber das wissen wir und behalten die Nerven. Wir werden jeden Punkt feiern, den wir holen können», sagt Schrepfer, als Spieler einst Meister mit dem ZSC und SCB. Er hat sich in der Branche den Ruf eines glänzenden Ausbilders erarbeitet. Deshalb ist die Hoffnung da, dass sein Team im Lauf der Saison besser wird, wenn es diesem trotz der zu erwartenden Vielzahl an Niederlagen gelingt, das Selbstvertrauen nicht zu verlieren. «Wir sind jung und wild, aber sexy sind wir erst, wenn wir auch Spiele gewinnen», hält Schrepfer fest. An der Strategie, auf Junge zu setzen, will Arosa auch in der mittelfristigen Planung festhalten.

Legende Lindemann ist happy über die Rückkehr

Das mit dem sexy sein hat am ersten Wochenende noch nicht geklappt. Am Freitag spielten die Aroser auswärts gegen Winterthur allerdings bis zum Schluss um Punkte, ehe sie durch zwei Treffer ins leere Tor noch mit 0:3 verlieren. Beim Heimauftakt am Samstag gegen Chris McSorleys Sierre, das zu den Favoriten in der Liga gehört, gelingen Rodzers Burkarts und Krakauskas zwar die ersten Arosa-Tore in der Swiss League, letztlich setzt es jedoch eine 2:4-Niederlage ab. Chancenlos sind die Bündner aber auch im zweiten Match keineswegs.

Während die Konkurrenz glücklich ist, dass mit dem EHC Arosa eine Marke mit Strahlkraft in der mit grossen Problemen kämpfenden Swiss League mitspielt, wird dieser Kraftakt im Bündner Ferienort nicht von allen goutiert. «Es gibt viele positive, aber auch kritische Stimmen», weiss Modes. Der Vorwärtsstrategie positiv gegenüber steht Guido Lindemann (70). «Ich habe Freude, dass ich das noch erlebe. Es ist eine tolle Sache für die jungen Spieler», sagt die Arosa-Legende. Der Meisterheld von 1980 und 1982 stand auch in der letzten NLA-Saison 1985/86 für seinen EHC auf dem Eis. Natürlich gehören Lindemann und seine Frau Margrit bei der Premiere gegen Sierre zu den 503 Zuschauern.

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