Darum gehts
- Illegaler Zigarettenhandel in der Schweiz nimmt zu, verursacht erheblichen finanziellen Schaden
- Geschmuggelte Zigaretten kommen hauptsächlich aus Kosovo, Serbien und Portugal
- 300 Millionen illegale Zigaretten gelangten 2024 in den Schweizer Markt
Sie fallen nicht auf, man sieht es ihnen kaum an – geschmuggelte oder gefälschte Zigaretten. Doch sie sind ein zunehmendes Problem: Insgesamt sind im letzten Jahr 300 Millionen Stück in den Schweizer Markt gelangt – ein Anstieg von 50 Prozent gegenüber 2020. Die Menge entspricht 15 Millionen Zigipäckli. Um sie in Rauch aufzulösen, müssten 1000 Personen während 41 Jahren jeden Tag ein Päckli wegpaffen.
Der finanzielle Schaden ist erheblich: Der Schweizer Fiskus musste im vergangenen Jahr 76 Millionen Franken an entgangenen Tabaksteuern hinnehmen. Das schreibt das KPMG in einer grossangelegten Studie zum illegalen Zigarettenkonsum in Europa. Insgesamt hat das Beratungsunternehmen 38 europäische Märkte untersucht.
Die meisten illegal in die Schweiz eingeführten Zigaretten kommen aus dem Kosovo (80 Millionen), Serbien (20 Millionen) und Portugal (10 Millionen). Mehr als die Hälfte der Schmuggelware konnte geografisch nicht eindeutig zugeordnet werden. Die beliebtesten geschmuggelten Marken sind Marlboro, Winston, Davidoff und Camel.
Während der legale Absatz von Zigaretten zwischen 2020 und 2024 von 9 auf 7,5 Milliarden Stück sank, stieg der Konsum illegaler Glimmstängel im selben Zeitraum um 50 Prozent. Der Marktanteil illegaler Zigaretten liegt bei 3,5 Prozent des gesamten Konsums in der Schweiz – vergleichsweise niedrig, aber mit steigender Tendenz.
Europaweit wurden 2024 insgesamt 52,2 Milliarden illegale Zigaretten konsumiert – was einem Anteil von zehn Prozent am Gesamtmarkt entspricht. Besonders betroffen ist Frankreich: Dort wurden 2024 über zwei Milliarden illegale Zigaretten mehr konsumiert als im Vorjahr. Im Nachbarland ist mehr als jede dritte Zigarette gefälscht oder geschmuggelt. Mit einem Anteil von 37,6 Prozent nimmt es den Spitzenplatz in Europa ein. Bei Päcklipreisen von bis zu 13 Euro erstaunt das auch nicht. Dem Land entgingen letztes Jahr Tabaksteuereinnahmen in der Höhe von 9,5 Milliarden Euro.
Auch das Vereinigte Königreich liegt mit einem Anteil von 26 Prozent deutlich über dem europäischen Schnitt. Ein Päckli der Marke Marlboro Gold kostet in England horrende 16,80 Pfund Sterling oder umgerechnet 18 Franken. Der klamme britische Fiskus verlor 2024 durch den illegalen Konsum 3,8 Milliarden Pfund an Steuereinnahmen.
Insgesamt entgingen den Behörden in den 38 untersuchten Märkten laut KPMG Steuereinnahmen in der Höhe von 19,4 Milliarden Euro. Der illegale Zigarettenmarkt setzt sich zu etwa 60 Prozent aus Schmuggelware und zu 40 Prozent aus Fälschungen zusammen. In illegalen Fabriken werden dabei bekannte Marken wie Marlboro oder Winston nachgeahmt – häufig unter Verwendung minderwertigen Tabaks und unbekannter Inhaltsstoffe. Die Gesundheitsrisiken sind schwer einzuschätzen, da jegliche Qualitätskontrollen fehlen.
Frankreich und Grossbritannien sind besonders attraktiv
Für mafiöse Organisationen ist das ein Milliardenmarkt. Die kriminellen Netzwerke operieren dabei immer professioneller: Sie optimieren zunehmend ihre Wertschöpfungskette, indem sie die Produktion näher an die Endmärkte verlagern. Diese Verlagerung reduziert die Transportkosten. Während ein Teil der Verarbeitung weiterhin an anderen Standorten erfolge, ermöglicht die Nähe zu den Zielmärkten einen effizienteren Betrieb, heisst es in der Studie.
Die Netzwerke haben die Produktionsabläufe verbessert und stellen sich auf besonders beliebte Marken ein, um die Nachfrage der lokalen Märkte besser zu bedienen und dadurch mehr zu verdienen. Ausserdem würden die Organisationen ihre Lagerstrategien weiter «verfeinern», schreibt KPMG. Bei Razzien sei ein deutlicher Rückgang der beschlagnahmten Menge illegaler Zigaretten zu verzeichnen. Das deute darauf hin, dass «diese Gruppen weniger Lagerbestände halten und den Vertriebsprozess beschleunigen». Dieser Ansatz reduziert den Bedarf an Betriebskapital und senkt operative Risiken.
Ihre Vertriebsmethoden reichen von Drohnentransporten über Billigfluglinien bis hin zum Direktvertrieb über soziale Medien und Onlineplattformen. Der Einzelhandel werde dabei zunehmend umgangen, heisst es in der KPMG-Studie. Das stelle die Strafverfolgung vor immer grössere Herausforderungen.
Die Studie hat auch den Einfluss von legalen, aber nicht lokalen Zigaretten untersucht. Das sind Tabakwaren, die beispielsweise in einem Land mit tiefen Zigarettenpreisen gekauft und in anderen Ländern eingeführt werden. In der Schweiz, die eigene Zölle erhebt, spielt auch das Duty-free-Geschäft eine Rolle. Exporte in Richtung Frankreich, Deutschland und Österreich gingen im letzten Jahr um 13 Prozent in die Höhe.