«Sei vorsichtig, da kommt ein Tram!» Diesen Satz von seinem Kollegen hörte Nils R.* (17) gerade noch, bevor er von der tonnenschweren Strassenbahn getroffen wurde. Er war zu dieser Zeit mit einer Gruppe von Freunden in der Nähe des Bahnhofs Stadelhofen unterwegs.
Die Schilderungen des 17-Jährigen, der am vergangenen Freitag einen Unfall mit einem Zürcher Tram überlebt hat, sind erschreckend – und sie zeigen, wie es jemandem geht, der dem Tod ins Auge sehen musste.
An den Moment vor dem Unfall kann sich Nils noch gut erinnern: «Ich habe mich umgesehen, um zu schauen, ob jemand anderes in Gefahr war.» Der Schüler ging nämlich davon aus, dass sich die Warnung des Kollegen an jemand anderen richtete. «Dann habe ich das Tram gesehen. Und dann war es zu spät.»
Der Unfall geschah am Freitagabend gegen 22 Uhr. Das Cobra-Tram der Linie 8 traf Nils in der Nähe des Bahnhofs Stadelhofen. «Es gab ein Grossaufgebot der Polizei. Die Feuerwehr und ein Krankenwagen waren auch vor Ort», so eine Leserreporterin. Videos und Fotos zeigten zahlreiche Einsatzkräfte am Unfallort.
Kurz nach 23 Uhr berichtete ein Leser, dass die verletzte Person unter dem Tram hervorgezogen und abtransportiert wurde. Die Stadtpolizei Zürich machte keine Angaben zur Identität oder zum Zustand des Verletzten. Anhand der Jacke des Verunfallten ging man von einem jungen Mann aus. Der Tramverkehr beim Sechseläutenplatz war daraufhin eingeschränkt.
«Ich merkte noch, dass das Tram mich traf»
Am Sonntag meldete sich Nils' Vater, Stefan (54) bei Blick. Sein Sohn habe das Bedürfnis, sich zu melden. Der Schüler liegt im Spitalbett, als er mit Blick telefoniert. Er klingt schwach, aber erleichtert, als er vom Unfall erzählt. «Ich merkte noch, dass das Tram mich traf», sagt er. «Einige Minuten später hat mich einer meiner Kollegen wachgeschüttelt.»
Lange war Nils aber nicht bei Bewusstsein: «Ich wurde etwa fünf Minuten später wieder ohnmächtig und bin dann erst um fünf Uhr morgens im Spital wieder aufgewacht.» Jetzt gehe es ihm einigermassen gut, erklärt er: «Natürlich habe ich noch einige Schmerzen, aber gesamthaft gehts mir wirklich gut!»
Die fünf Minuten der Klarheit nach dem Unfall seien beklemmend gewesen. «Es ist kein schönes Gefühl, wenn man da liegt, und ich fragte mich zwischendurch, ob das nicht alles ein Traum sein könnte.» Ein winziges, positives Gefühl konnte Nils aber mit zurück in die Bewusstlosigkeit nehmen: «Als ich unter dem Tram lag, konnte ich meine Beine zwar nicht bewegen, aber ich spürte sie. Da wusste ich eigentlich schon: Ich bin okay.»
«Vielen Dank an alle, die mir geholfen haben»
Die Bilanz nach diesem erschreckenden Vorfall: Nils hat eine gebrochene Nase, ein gebrochenes Bein und Schürfungen am ganzen Körper. «Er wurde ungefähr 30 Meter vom Tram mitgeschleift», vermutet sein Vater.
Der Familie aus den Niederlanden, die in Erlenbach ZH wohnt, ist überglücklich, dass Nils glimpflich davongekommen ist. Der Gang an die Medien habe einen einfachen Grund, sagt sein Vater: «Wenn Unfälle passieren, liest man eigentlich nie, wie es mit den Verletzten dann weitergegangen ist.»
Ein ganz grosser Dank gebühre den Einsatzkräften, die am Freitagabend ausrückten, Nils aus seiner Lage befreiten und ins Unispital brachten, sagt der 17-Jährige: «Vielen Dank an alle, die mir geholfen haben. Ich habe die News gesehen und gemerkt, dass viele Leute von Polizei, Feuerwehr und Ambulanz da waren. Sie haben einen fantastischen Job gemacht.» Und an all die Zeugen gewandt schliesst er: «Es tut mir leid, dass ihr das sehen musstet. Aber ihr dürft wissen, dass es mir wieder gut geht.»
*Name bekannt