«Das ist unfair, jetzt sind andere Quartiere an der Reihe»
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Anwohnerin zum Asylzentrum:«Das ist unfair, jetzt sind andere Quartiere an der Reihe»

Senioren weg, Geflüchtete rein! Widerstand gegen Asyl-Unterkunft in Zürich-Leimbach
«Wir sind nicht ausländerfeindlich, sondern einfach nicht dumm und nicht naiv»

In Zürich-Leimbach soll aus einem ehemaligen Altersheim eine Asylunterkunft für 300 Geflüchtete werden. Damit kommen Anwohner nicht klar. Der Quartierverein will sich nun mit einer Petition gegen die Pläne der Stadt wehren. Das sagen die Petitions-Unterstützer.
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Die Stadt Zürich will das ehemalige Altersheim als Flüchtlingsunterkunft nutzen – das passt nicht allen.
Foto: Stadt Zürich

Senioren weg, Geflüchtete rein – doch das wollen die Anwohner hier nicht: In Zürich-Leimbach wehrt sich der Quartierverein gegen die Pläne der Stadt. Die will das ehemalige Altersheim für ein paar Jahre als ein Asylzentrum nutzen. Gegen dieses Vorhaben wurde nun eine Petition gestartet.

Darin heisst es etwa: Die Zwischennutzung «würde im Quartier zu einer deutlichen Erhöhung der Anzahl untergebrachter Asylsuchender führen.»

Was dem Quartierverein überhaupt nicht passt: Dass die ehemaligen Senioren aus dem Gebäude ausquartiert wurden – ohne dass «ein konkretes Bauprojekt noch ein verlässlicher Zeitplan für die Sanierung vorliegen».

Das Altersheim ist im August dichtgemacht worden. Der Betonklotz soll umgebaut werden. Geplant sind Wohnungen für Familien und Senioren. Kommunizierter Baustart: 2030. Bis dahin soll das Gebäude eben anderweitig verwendet werden.

Blick vor Ort

Wie die «NZZ» schreibt, wohnen 300 Asylbewerber in verschiedenen Leimbacher Unterkünften. Gemäss dem Leimbacher Quartiervereinspräsidenten Stefan Traber würde die Asylsuchenden-Quote im Zürcher Quartier von vier auf fast zehn Prozent steigen, wenn jetzt im Altersheim zusätzliche 300 Flüchtlinge einquartiert werden. Er sagt zur Zeitung: «Das ist einfach zu viel.»

Blick verschaffte sich am Donnerstag einen Eindruck vor Ort und sprach mit den Anwohnern von Leimbach. Das Wort «Zwischennutzung» stösst Anja Graf (39) sauer auf. «Wir wissen, was das heisst», sagt die Frau vom Quartierverein Leimbach. «Wir reden da von fünf bis zehn Jahren, in denen die Asylorganisation Zürich Immobilien besetzt. Und zwar nicht für unsere Senioren, sondern für Asylsuchende.» Was Graf gar nicht passt: «Unsere Senioren wurden rausgestellt. Die älteren Menschen mussten raus, wurden entwurzelt.» Sie fordert: «Das Gebäude sanieren, damit unsere Alten wieder rein können.»

«Wir sind nicht dumm»

Sie sagt: «Mir als Mutter und Frau mittleren Alters bereitet das bisschen Sorge, dass 300 junge Migranten-Männer nach Leimbach kommen würden.» Graf stellt sich Fragen: «Was würde das für öffentliche Plätze bedeuten, für das Hallenbad und den ohnehin schon überfüllten ÖV?» Sie stellt fest: «Wenn ich mit den Leuten rede, zeigt sich, dass das Sicherheitsgefühl am Abend nicht mehr gleich vorhanden wie noch vor ein paar Jahren – und es wird sicher nicht besser.»

Graf sagt: «Wir vom Verein wollen Leimbach wieder eine Stimme geben. Ganz viele Leute getrauen sich nicht mehr zu sagen, dass jetzt genug ist.» Sie erklärt: «Genug von Entscheiden, die nicht von Leimbachern getroffen wurden, sondern vorne von der Stadt – ohne Bezug zur Realität.» Trotz allen Unmutes betont Graf: «Wir sind nicht ausländerfeindlich. Sondern einfach nicht dumm und nicht naiv. Denn wir wissen, was da auf uns zukommen würde.»

«Sie wurden einfach umplatziert»

Trix Romer (66) wohnt seit 40 Jahren in Leimbach. Sie arbeitete 30 Jahre lang im Altersheim. Vor einem Jahr wurde sie pensioniert. «Kurz darauf kam die Information, dass das Altersheim saniert wird. Die Bewohner waren schockiert und hatten Angst vor der Ungewissheit.» Sie sagt: «Jene, die sich nicht wehren konnten, wurden einfach umplatziert.» Sie betont, dass sich die Leute im Alterszentrum wohlgefühlt hätten. «Sie hatten gleich nebenan den Coop und die Apotheke.»

Von diesen Vorzügen könnten also künftig Geflüchtete profitieren. Für die Nutzung hat Romer jedoch einen Gegenvorschlag: «Ich finde, man könnte Studenten reintun. Es hat Zimmer, es hat eine Etagenküche und eine Etagendusche. Das wäre also auch eine Möglichkeit.»

Das Fazit von Trix Romer zum Senioren-Rausschmiss aus dem Leimbacher Altersheim: «Die alten Leute, die die Schweiz erschaffen haben, wie sie heute ist, haben es nicht verdient, dass man so mit ihnen umgeht.»

Elisabeth Eicher (92) lebte selbst in dem ehemaligen Altersheim. Sie berichtet, wie die Bewohner plötzlich in Panik ausgebrochen seien. Es habe dann geheissen: «Es haben schon Leute angefangen zu suchen. Und Leute gehen schon.» Sie hingegen wollte bis zum Schluss bleiben, doch ihr Sohn und ihre Schwiegertochter hätten ihr geraten, auszuziehen – um überhaupt noch etwas Gutes zu finden.

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