Freude und Frust für Zürcher Pendler
«Der neue Fahrplan ist verwirrend»

Der diesjährige Fahrplanwechsel der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) ist gewaltig: Noch nie gab es so viele Änderungen für die jährlich über 300 Millionen VBZ-Fahrgäste. Es gibt neue Abfahrtszeiten, und nur drei Tramlinien bleiben unverändert.
Kommentieren
1/16
Ein morgendliches Pendler-Chaos in der Stadt Zürich blieb am Montag aus.
Foto: Raphaël Dupain

Darum gehts

  • Grösster Fahrplanwechsel der VBZ bringt grosse Veränderungen für Zürcher ÖV-Pendler
  • Neue Tramlinien 50 und 51 helfen auf nördlichen Strecken aus
  • 60 VBZ-Transport-Guides unterstützen Pendler beim Umgewöhnen an Haltestellen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Des einen Freud ist des anderen Leid. Der grösste Fahrplanwechsel in der Geschichte der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) bringt für die ÖV-Pendler in der Stadt Zürich grosse Veränderungen mit sich. Es gibt dabei nicht nur neue Abfahrtszeiten, sondern auch neue Tram-Stecken, neue Nummern und sogar Linienwechsel während der Fahrt.

Neue Tramlinien 50 und 51

«Es ist wie ein Spiessrutenlauf», sagt René* (60) am Montagmorgen gegenüber Blick. Auf seinem Weg liegt der Hauptbahnhof, an dem der Fahrplanwechsel am spürbarsten ist. Weil die Haltestelle «Bahnhofquai/HB» umgebaut wird, ist diese bis Ende 2026 gesperrt. In dieser Zeit können viele Tramlinien nicht vom Süden in den Norden der Stadt fahren.

Die neuen provisorischen Bau-Linien 50 und 51 helfen deshalb auf den nördlichen Strecken aus. Weil diese aber nur ab Haltestelle «Sihlquai/HB» fahren, muss René vom Central her den Hauptbahnhof zu Fuss umgehen. Dies kostet den Tram-Fahrgast zusätzliche Zeit.

Freude hingegen hat die Zürcherin Maja Burkart (65). Sie geht regelmässig in ihr Atelier in Altstetten und hat dank der Linie 51 nun eine direkte Tram-Verbindung dorthin. Allerdings sind die beiden Bau-Linien nur bis Ende 2026 in Betrieb.

SVP-Nationalrat ist skeptisch

Das Tram mit der Nummer 50 befördert auch SVP-Nationalrat Mauro Tuena (53) von seinem Zuhause in Zürich Höngg zum Hauptbahnhof. Über die weiteren Änderungen müsse er sich diese Woche noch genauer informieren. Nach 53 Jahren in der Stadt habe er aber keine Angst, sich im Zürcher ÖV-Dschungel zu verirren. «Ich frage mich, ob das nötig war? Es gibt eine rechte Verwirrung, wenn ich mich bei den Leuten umhöre», sagt Tuena.

Gleicher Meinung ist Moritz Balters (16) aus Erlenbach ZH. Dieser grosse Fahrplanwechsel mache für ihn keinen Sinn. Schliesslich baue die Stadt nicht ein zweites Schloss Versailles, sondern saniere nur eine Tram-Haltestelle. Er müsse nun jeden Morgen 15 Minuten früher aufstehen, damit er pünktlich in der Schule sei.

Entspannter blickt Mauro Colocci (60) aus Oetwil am See ZH auf den Fahrplanwechsel. Mit einer Auto-Fahrgemeinschaft pendelt er jeweils in die Stadt Zürich und bewältigt mit dem Tram noch die letzten Meter. Weil die bisherigen Linien jetzt nicht mehr an seinen Zielort fahren, sind er und seine Kollegen am frühen Montagmorgen für kurze Zeit beim Central «gestrandet».

Ein paar Meter entfernt steht die überraschte Zürcherin Elisabeth Aksan (20). Sie wusste zwar über den geplanten Fahrplanwechsel Bescheid – aber nicht, dass die VBZ diesen bereits vollzogen haben. Mithilfe der ÖV-Apps behält sie trotzdem den Überblick. «Der neue Fahrplan ist verwirrend. Mit einer anderen Tram-Nummer zum Sihlcity zu fahren, fühlt sich komisch an», sagt sie.

Die Lust, sich umzugewöhnen, hält sich auch bei Sylwana (50) aus Zürich in Grenzen. Seit 30 Jahren fahre sie mit denselben Tramlinien. Dass diese nun wechseln, findet sie «mühsam».

Pendler erhalten Hilfe vor Ort

Um die Zürcher Pendlerinnen und Pendler beim Umgewöhnen zu unterstützen, stehen 60 VBZ-Transport-Guides an den Haltestellen verteilt. Paul Stocker (71) ist einer von ihnen und kennt die neuen Fahrpläne bereits in- und auswendig.

Besonders verwirrend: Vom Paradeplatz her kommend wechseln einige Trams kurz vor der Einfahrt an der Haltestelle «Bahnhofstrasse/HB» ihre Nummern. «Der 13er wird zum 4er und der 11er wird zum 15er. Das ist speziell, hat es noch nie gegeben», erklärt Stocker. Doch auch daran werde man sich gewöhnen.

Trotzdem: Ein Pendler-Chaos blieb am Montag aus, der historische Fahrplanwechsel erfolgte reibungslos.

*Name geändert

Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen