Kursmanipulationen an der Börse
Schweizer fällt auf chinesische Betrügerin rein – 18'500 Franken weg

Ein Schweizer ist Opfer einer neuen Betrugsmasche geworden: Junge Frauen gaben ihm in sozialen Netzwerken Börsentipps – und zockten ihn ab. Das ist kein Einzelfall.
Publiziert: 06.11.2023 um 12:38 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2023 um 10:55 Uhr
«Bai Qian 1» ist eine der chinesischen Betrügerinnen. Sie hat den Waadtländer Salvatore Campo auf Facebook angeschrieben.
Foto: Facebook
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Erst steigt die Aktie exponentiell – dann verliert sie rasant an Wert. Eines Morgens stellt der Waadtländer Salvatore Campo fest, dass seine Wertpapiere 90 Prozent ihres Werts verloren haben. Er hatte einen Teil seiner Ersparnisse in das an der Hongkonger Börse notierte Unternehmen China Internet Investment Finance Holdings Ltd. investiert. Das berichtet «24 heures».

«Sofort verkaufen, es gibt ein Problem», heisst es in einer Nachricht. Doch zu spät – mit dem Absturz der Aktie schrumpft auch Campos Vermögen um 18'500 Franken. Der Schweizer ist mit seinem Schicksal nicht allein. Seit einigen Monaten bringen chinesische Betrüger europäische Anleger dazu, Aktien an der Hongkonger Börse zu kaufen. Die Schlüsselfiguren sind zwei junge Frauen mit demselben Pseudonym, Bai Qian. Zuerst steigen die Kurse, dann stürzen sie plötzlich ab und führen zu hohen Verlusten.

«Am Anfang war ich misstrauisch»

Unter den rund 20 Betroffenen der China-Internet-Investment-Aktion befinden sich neben Salvatore Campo ein Tessiner, mehrere Italiener, ein Ungare, ein Finne etc. Ihre Verluste sollen sich auf über zwei Millionen Euro belaufen.

Für Salvatore Campo begann der Betrug im Frühling 2022, wie er «24 heures» erzählt. Auf Facebook schreibt ihm eine junge Frau – Bai Qian Nummer 1. Dann verlagert sich ihr Gespräch auf Whatsapp. «Am Anfang war ich misstrauisch», sagt Campo. «Sie zeigte mir Geld und behauptete, es von ihrem Onkel zu haben, der an der Börse in Hongkong arbeitet.» Ausserdem schickte sie persönliche Fotos und Videos von sich.

«Sie sagte zu mir: ‹Schauen Sie, die Aktie steht bei 3,50 Dollar, aber morgen wird sie steigen›», erzählt der Waadtländer. Tatsächlich stieg die Aktie am nächsten Tag. Bai Qian will einen Gewinn von umgerechnet 18'000 Franken gemacht haben.

«Diese Frauen rufen jeden Tag an»

Campo ist überzeugt. Er investiert immer mehr in Aktien, die ihm die Chinesin empfiehlt. Irgendwann sind sie fast 70'000 Franken wert – doch Bai Qian rät ihm vom Verkauf ab, weil sie weiter steigen würden. «Ich warte und sehe, wie sie steigen. Das beruhigt mich. Gleichzeitig habe ich Angst, aber ich sehe nicht, wo die Falle sein könnte», erzählt Campo.

Am 26. Januar bemerkt der Schweizer die Falle: Monatelang hatten die Betrüger den Preis manipuliert. Jetzt streichen sie ihren Gewinn ein. Für Campo bringt die Auflösung seiner restlichen Anteile gerade mal 8000 Franken. Ein Informationsleck sei der Auslöser gewesen, sagt die Chinesin. Er werde sein Geld zurückbekommen – wenn er noch mehr investiere!

Auch andere Opfer erzählen «24 heures» von ihren Erfahrungen. «Diese Frauen rufen einen jeden Tag an oder schreiben einem, manche haben sich in sie verliebt», erklärt einer von ihnen. Sie wollen einem helfen und suchen einen Seelenverwandten. Die Tatsache, dass der Kurs der Aktien tatsächlich steigt – allerdings nur für einige Monate –, wirkt glaubwürdig.

Opfer sucht in China nach Betrügerin

Betrügereien mit manipulierten Aktien gibt es nicht nur in China. «Das gibt es überall, auch in den sogenannten Industrieländern», sagt die in Hongkong ansässige Finanzprofessorin Véronique Lafon-Vinais. Dennoch scheint Hongkong ein Hotspot zu sein: Seit März 2021 wurden dort Dutzende Personen wegen ähnlicher Betrügereien verhaftet.

Im Herbst ist Campo nach Südchina gereist, um die Betrüger aufzuspüren. «Ich glaube daran. Es ist nur eine Frage der Zeit. Denn alle Kriminellen werden irgendwann erwischt», sagt Campo hoffnungsvoll. «Das Ziel ist, unser Geld zurückzubekommen.» (gs)

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