Wegen Deza-Kürzungen
Helvetas zieht sich aus Sri Lanka zurück

Schweizer NGOs stehen wegen gestrichener Entwicklungshilfegelder vor grossen Herausforderungen: Projekte werden eingestellt, im In- und Ausland müssen Stellen abgebaut werden.
Publiziert: 11.05.2025 um 17:25 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2025 um 17:56 Uhr
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Helvetas stellt sein Länderprogramm in Sri Lanka per Ende 2025 ein.
Foto: Picasa

Darum gehts

  • Schweizer NGOs erhalten weniger Geld vom Bund für Entwicklungshilfe
  • Kürzungen führen zu Projektschliessungen und Stellenabbau im In- und Ausland
  • Mindestens 621'411 Menschen können aufgrund der Kürzungen nicht mehr erreicht werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sara BelgeriRedaktorin

Es sind schwierige Zeiten für Schweizer Nichtregierungsorganisationen. Ende April gab das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bekannt, dass die vom Bund geförderten Organisationen rund 10,5 Prozent weniger Gelder bekommen werden. Dies, weil das Parlament im Dezember entschieden hat, die Entwicklungshilfe massiv zu kürzen. Damit die Armee mehr Geld erhält, werden 110 Millionen Franken gestrichen. Im Zeitraum von 2026 bis 2028 sind bei der internationalen Zusammenarbeit zudem weitere Einsparungen von mindestens 321 Millionen Franken geplant.

Es ist ein Entscheid mit weitreichenden Folgen. So hat eine Umfrage des Dachverbands Alliance Sud bei 24 Schweizer Hilfswerken ergeben, dass die Kürzungen des Bundes insgesamt rund 10,5 Millionen Franken betragen. Ausserdem müssen mehrere Organisationen ihre Projekte und Programme drastisch reduzieren oder können auslaufende Projekte nicht mehr verlängern. 

Das hat auch Auswirkungen auf das Personal: Mehrere Organisationen geben an, auslaufende Stellen nicht mehr neu zu besetzen, geplante Positionen nicht auszuschreiben oder sogar Stellen abzubauen, was insgesamt zu einem Verlust von 7,5 Stellen in der Schweiz führt. Zudem wurden mindestens 86 Stellen im Ausland gestrichen. Insgesamt erwarten die Hilfswerke, dass aufgrund der Schweizer Kürzungen mindestens 600'000 Menschen nicht mehr erreicht werden können.

Rückzug aus Sri Lanka

Betroffen ist etwa die Organisation Helvetas. Wie Blick weiss, wird die NGO ihr von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) mitfinanziertes Länderprogramm in Sri Lanka per Ende 2025 schliessen. Helvetas engagiert sich seit 1978 in dem Land, in dem bis 2009 Bürgerkrieg herrschte.

Helvetas setzt sich in Sri Lanka für den interkulturellen Dialog und die Versöhnung zwischen den tamilischen und singhalesischen Gemeinschaften ein, die durch den langjährigen Bürgerkrieg stark gespalten sind. Besonders Jugendliche werden durch Workshops und Austauschprogramme in Kommunikation, Konfliktbewältigung und demokratischer Teilhabe geschult. 

Weltweite Entwicklung

Mit der Schliessung des Projekts werden laut Schätzungen von Helvetas rund 40’000 Menschen die Unterstützung verlieren. Vor Ort sind 20 Entlassungen geplant. Laut Sprecher Matthias Herfeldt ist die Schliessung aber nicht allein auf die Schweizer Kürzungen zurückzuführen: «Es ist angesichts der aktuellen Lage und der Budgetkürzungen in vielen Ländern schwierig, staatliche Geldgeber zu finden, die sich weiterhin in Sri Lanka engagieren wollen.»

Damit meint er die weltweite Tendenz, Entwicklungshilfegelder zu kürzen. Allen voran die USA, eines der weltweit grössten Geberländer. Seit Präsident Donald Trump im Amt ist, wurde die Entwicklungsbehörde USAID massiv abgebaut. 83 Prozent der US-Hilfsprojekte sollen gestrichen werden. Aber auch Kanada oder europäische Länder wie Deutschland, die Niederlande, Grossbritannien und Schweden kürzen ihre Entwicklungsbudgets drastisch – häufig zugunsten erhöhter Rüstungsausgaben. 

Projekte im Kosovo betroffen

Solidar Suisse musste infolge der fehlenden USAID-Gelder drei Projekte in Asien einstellen und acht Mitarbeitende entlassen. Aufgrund der Schweizer Kürzungen ist die Einstellung von sieben Projekten in Südosteuropa, unter anderem im Kosovo sowie in Bosnien und Herzegowina, geplant. In der Schweiz wurden deswegen bislang drei Personen entlassen. Weitere Kündigungen wurden vorerst nicht ausgesprochen.

Grosse NGOs wie das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) oder Caritas mussten zwar aufgrund der Schweizer Kürzungen noch keine Projekte einstellen oder Leute entlassen. Das SRK muss aber Projekte reduzieren und befürchtet, dass der Wettbewerb um Mittel bei Stiftungen und privaten Spendern weiter zunehmen wird. Caritas wiederum gibt an, aufgrund der Kürzungen nicht kurzfristig und flexibel auf humanitäre Krisen reagieren zu können.

Schwindende internationale Solidarität

Das Hilfswerk der evangelisch-reformierten Kirche (Heks) oder das Kinderhilfswerk Terre des hommes können die personellen Auswirkungen der gekürzten Deza-Gelder bisher noch nicht beziffern. Beide mussten jedoch aufgrund der ausbleibenden US-Beiträge bereits Stellen abbauen. Terre des hommes entliess in diesem Jahr 400 Mitarbeitende im Feld sowie zehn in der Schweiz. Das Heks musste infolge der USAID-Kürzungen ein Nothilfeprojekt in Äthiopien einstellen. Wie sich die Kürzungen der Schweiz auswirken werden, bleibt noch unklar, das Heks erwartet aber, dass vor allem Projekte in Lateinamerika betroffen sein werden.

Barbara Hintermann, Generaldirektorin von Terre des hommes, zeigt sich besorgt über die schwindende internationale Solidarität: «Es wird massiv in Militärbudgets investiert, und dies auf Kosten der internationalen Zusammenarbeit.» Menschen im globalen Süden würden den Zugang zur Grundversorgung verlieren, lebensnotwendige Unterstützung werde ausbleiben. Das könne zu sozialen Spannungen und im schlimmsten Fall zu bewaffneten Konflikten führen. «Klar ist, dass der abrupte Absprung der USA und die Tendenz vieler anderer Länder zu weniger internationalem Engagement Leben kosten wird.»

Auch Felix Gnehm, Geschäftsführer von Solidar Suisse und Präsident von Alliance Sud, äussert seine Besorgnis: «Wir hoffen, dass die Politik wieder vernünftige Entscheide fällt.» Er betont zudem, dass die Stabilität in Bezug auf Migration und Sicherheitsfragen massgeblich davon abhängt, wie stark der globale Norden Partnerschaften mit dem globalen Süden pflegt. «Wenn es so weitergeht, werden Konflikte und Migrationsmuster zunehmen, Krankheiten werden ansteigen.» 

Optimistisch stimmt ihn einzig die Solidarität der Zivilgesellschaft: «Ich glaube, dass Menschen uns weiterhin unterstützen werden – jetzt erst recht.»

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