Britin in Tessiner Hotel getötet
Protz-Deutscher wehrt sich gegen Knast-Urteil

Der Fall sorgte für Schlagzeilen: Im April 2019 wurde die Britin Anna R. tot in einem Tessiner Hotel gefunden. Ihr Freund Dirk W. wurde dafür verurteilt. 18 Jahre Knast. Der Deutsche wehrt sich gegen das Urteil. Er sieht sich ungerecht behandelt.
Publiziert: 18.10.2022 um 09:34 Uhr
|
Aktualisiert: 18.10.2022 um 14:46 Uhr
Der Protz-Deutsche Dirk W. (32) und die britische Millionenerbin Anna R. (†22) während ihres Trips nach Singapur. Danach fuhren sie ins Tessin. Die Zeche musste immer Anna R. zahlen.
1/6

Vieles war unklar in dem Fall. Was genau in jener Nacht des 9. April 2019 in Zimmer 501 des Ferienhotels La Palma au Lac in Locarno-Muralto passierte, konnte auch das Gericht in Lugano TI nicht eindeutig sagen. Nur in einem Punkt waren sich der Richter und die Geschworenen sicher: Die Britin Anna R.* (†22) wurde erdrosselt. Der Täter: ihr damaliger Freund Dirk W.* (33). Dafür wurde der Deutsche vergangenes Jahr verurteilt. 18 Jahre Knast. Danach darf er für 12 Jahre die Schweiz nicht mehr betreten.

W. hatte vor Gericht beteuert, der Tod seiner Geliebten sei aus Versehen beim erotischen Würge-Spiel passiert. Doch die Indizien der Staatsanwaltschaft wiesen auf einen heftigen Streit hin. «In jener Nacht gab es keinen Sex. Nur einen Femizid», sagte die Staatsanwältin Canonica Alexakis damals. Sie hatte 19 Jahre und 6 Monate Haft für den Deutschen gefordert.

Nun muss sich das Appellationsgericht in Locarno erneut mit dem Fall beschäftigen. Denn: Dirk W. wehrt sich gegen seine Haftstrafe und hat Berufung eingelegt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.

Keine Spuren von Geschlechtsverkehr oder Masturbation

Mehrere Aspekte führten beim ersten Prozess zur Entscheidung des Geschworenengerichts. Die Unglaubwürdigkeit des Angeklagten. Der rücksichtslose Lebenswandel. Vor allem aber die Indizien, die Zeugenaussagen und Widersprüche, in die sich der voll tätowierte Mann verstrickte.

Von der Version jener verhängnisvollen Nacht, glaube er ihm kein Wort, sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Zu oft habe Dirk W. seine Aussagen dem jeweils aktuellen Ermittlungsstand angepasst, um sich aus der Schlinge zu ziehen.

Die Rechtsmedizin konnte an der Leiche keine Spuren von Geschlechtsverkehr oder Masturbation finden. Also Sex habe es in jener Nacht nicht gegeben, aber einen heftigen Streit, so der Richter weiter, bei dem auch Gegenstände flogen. Daran aber will sich Dirk W. nicht erinnern. Zudem: Die Erdrosselung habe nichts mit einem Würge-Spiel gemein – Anna R. wurde das Zungenbein gebrochen. Sie sei blau angelaufen. Dirk W. habe zugesehen, wie sie starb. (jmh)

* Name der Red. bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?