Fake-Blocher gibt Finanztipps – IV-Renter Marco T. (59) verliert ganzes Geld
«Ich wollte einmal in die Ferien oder im Restaurant essen gehen»

Die Werbung klang viel zu schön, um wahr zu sein: Nachdem alt Bundesrat Christoph Blocher für eine Investitions-Plattform warb, versuchte Marco T. (59) sein Glück. Nur: Dabei handelte es sich um einen Deepfake. Der IV-Rentner verlor alles. Ähnlich erging es anderen.
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Marco T. ist Opfer eines Betrugs geworden.
Foto: Florin Schranz

Darum gehts

  • Mann verliert Erspartes durch Fake-Blocher-Werbung für Krypto-Plattform
  • Deepfake-Videos mit Prominenten locken Opfer an, Blick erstattete Anzeige
  • Marco T. überwies in fünf Monaten insgesamt 20'000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Florin SchranzRedaktor News

Er vertraute einem Fake-Blocher und verlor sein gesamtes Erspartes: Marco T.* (59) aus dem Thurgau hat im August 2025 auf eine vielversprechend klingende Werbung geklickt – gesehen ausgerechnet auf Blick.ch. Darin wirbt Milliardär und SVP-Politiker Christoph Blocher (85) für die Aktien- und Krypto-Plattform Suxxess FX. Sein Versprechen: angeblich todsichere Investments, die hohe Gewinne abwerfen. Dies schon ab einem Einsatz von 250 Franken – dank KI-gesteuertem Trading.

Nur: Dabei handelte es sich um ein Deepfake. Das Blocher-Video wurde per KI erstellt. Neben dem alt Bundesrat kursieren im Netz aktuell auch gefälschte Aufnahmen mit Sängerin Stefanie Heinzmann (36) und weiteren Schweizer Persönlichkeiten.

Anzeige erstattet

Blick kennt das Problem mit der Deepfake-Werbung und hat auch schon Schritte eingeleitet. Blick-Journalist und KI-Experte Thomas Benkö sagt dazu: «Für Blick ist es schwierig, Onlinewerbung zu filtern, vor allem weil Google und Meta gutes Geld an den Werbungen verdienen.»

Blick hat bereits Anzeige erstattet, da teils auch gefälschte Blickartikel benutzt wurden, um Opfer anzulocken. Benkö hat schon diverse Artikel zum Thema geschrieben.

Kadir übt Druck aus

Weil Marco T. auf eine hohe Rendite hoffte, meldete er sich auf Suxxess FX an. Nur wenige Minuten später rief ein Mann an, stellte sich als Kadir vor und beantwortete offene Fragen. Kadir drängte sofort zu einer höheren Einzahlung. Marco T. hielt dagegen: «Die Werbung sagt, dass Gewinne schon mit 250 Franken möglich sind.» Kadir antwortete: «Bei Red Bull werden einem auch Flügel versprochen.» Am Ende überwies T. 500 Franken, da Kadir versprach, damit richtige Gewinne erzielen zu können.

Kadir kontaktierte den Thurgauer immer wieder, forderte weitere Einzahlungen und wurde laut, als T. sich verweigerte. «Willst du eigentlich kein Geld verdienen?»

T. schrieb dem Kundendienst: «Ihr Mitarbeiter übt Druck auf mich aus und ist unhöflich, ich will das nicht.» Einige Wochen später meldete sich eine Frau. Sie stellte sich als Regina vor, entschuldigte sich und sagte: «Ich bin jetzt Ihre neue Kontobetreuerin.» Sie sprach freundlicher, drängte den Chauffeur aber weiter zu höheren Einzahlungen. 

Keine Auszahlung

Der Wert des Portfolios von T. stieg laut der Website signifikant an, zeitweise bis auf 17'000 Franken. Als Marco T. eine Auszahlung wünscht, wird er vertröstet: «Jetzt lohnt es sich nicht. Warten Sie noch, die Gewinne steigen.» Nur einmal darf er als Test 100 Franken abheben.

Danach rutschte der Saldo des Kontos immer wieder ab. Regina drängte: «Sie müssen kleine Beträge einzahlen, sonst fällt der Kontostand unter die Grenze, und alles wird gelöscht.» T. zahlte weiter. Nach fünf Monaten hatte er insgesamt 20'000 Franken überwiesen – sein gesamtes Erspartes.

Scham und Hoffnung

«Wir werden vielleicht das Haus verlieren», sagt seine Frau Sybille G.* (65) beim Gespräch mit Blick unter Tränen. Denn sobald Marco T. pensioniert wird, soll der Hypothekarzins neu berechnet werden. Dies könnte laut ihrem Finanzberater schwierig werden, denn im Moment zahlen sie nur rund 600 Franken Hypothek pro Monat.

2020 erlitt Marco T. ein Burnout. Er kann heute nur 60 Prozent arbeiten und erhält eine IV-Rente. Seine Frau hatte einen Hirninfarkt und war zeitweise halbseitig gelähmt. Sie ist Hausfrau und jobbt nebenbei. Beide haben je zwei Kinder aus früheren Ehen. Das Ehepaar steht finanziell unter Druck. Eigentlich wollte sich Marco T. mit dem Geld etwas absichern. Sein Wunsch aber auch: «Ich wollte einmal in die Ferien oder im Restaurant essen gehen können.»

T. weiss, dass er einen Fehler gemacht hat. Er möchte anonym bleiben, denn: «Ich schäme mich, dass ich darauf hereingefallen bin!» Marco T. hat Anzeige erstattet, wie die Kantonspolizei Thurgau Blick bestätigt: «Die Ermittlungen laufen.»

Professionelle Täter

Der Fall zeigt, wie professionell diese Täter arbeiten: psychologischer Druck, künstliche Kursbewegungen, gefälschte Prominentenauftritte und eine Betreuung, die wie echter Kundendienst wirkt. Der Staatsanwaltschaft Basel sind mehrere Seiten im Web bekannt, die ähnlich arbeiten. Nur: «Die polizeilichen Ermittlungen zur Identifikation mutmasslicher Täterschaften sind äusserst aufwendig und schwierig.» Zumal die Täter oft aus dem Ausland operieren und darauf bedacht sind, keine Spuren zu hinterlassen.

Suxxess FX hat Anfragen von Blick unbeantwortet gelassen. Ein Blick auf Trustpilot zeigt jedoch: Die Plattform hat lausige 2,4 von 5 möglichen Sternen. Die Mehrheit der 88 Kommentare dreht sich um den Vorwurf des Betrugs. «Barbara», fasst darin ihre Erfahrungen kurz und knapp zusammen: «Mein Geld ist futsch, so viel ist klar. Finger weg von Suxxess FX!»

* Namen geändert 

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