Darum gehts
- Dietmar Wabersich kaufte «Überraschungskiste» von fünf Primarschülerinnen
- Schachtel entpuppte sich als Enttäuschung
- Jetzt warnt er im Blick seine Nachbarn
Es passiert am 21. November. Eine Gruppe Mädchen im Primarschulalter klingelt gegen 14.45 Uhr bei Dietmar Wabersich (63) in Widnau SG. Sie wollen dem pensionierten Lehrer eine «Überraschungskiste» verkaufen.
Wabersich gefällt die Geschäftstüchtigkeit der ihm unbekannten Primarschülerinnen. Die geforderten 10 Franken zahlt er gerne, gibt ihnen noch fünf weitere Franken für Schoggi mit.
Inhalt sorgt für Enttäuschung
Doch als Wabersich in seine Wohnung zurückkehrt und das Paket mit einem Cuttermesser öffnet, macht ihn der Inhalt fassungslos. «Im Päckli waren feuchte Steine, ein rotes Feuerzeug und ein paar Gräser», berichtet er Blick am Mittwoch.
Die Enttäuschung war gross. «Sie haben die Sachen vermutlich kurz vorher von der Strasse aufgesammelt. Es hat geregnet.»
Adressetikette weggerissen
Ein netter Brief oder etwas Gebasteltes? Fehlanzeige! Wabersich fühlt sich betrogen. «Ich dachte, die Kinder hätten die Steine zumindest bemalt und mit schönen Sprüchen verziert.»
Laut dem Widnauer sprechen gleich mehrere Indizien dafür, dass die Übeltäterinnen ihn austricksen wollten. «Während des Gesprächs kicherten einige von ihnen immer wieder. Die Adressetikette auf der Schachtel haben sie extra weggerissen.»
«Will mit den Eltern reden»
Damit nicht genug, kann sich Wabersich auch erklären, warum unbedingt bei ihm geklingelt wurde. «Meine Klingel ist ganz oben, ich brauche also die meiste Zeit, um wieder in die Wohnung zu kommen und das Paket aufzumachen. So hatten sie genug Zeit, wegzusecklen.» Zudem drängten die Kinder ihn, das Paket erst in der Wohnung zu öffnen.
Nach der bösen Überraschung stieg der Ex-Lehrer in sein Auto und fuhr die Strassen des Dorfes erfolglos ab. Keine Spur von den Mädchen!
Den Vorfall hat er der Polizei gemeldet. Auch an die Primarschule hat er sich gewandt. «Die Mädchen sagten, sie würden in die zweite und dritte Klasse gehen. Doch bei der Schule konnte man mir aus Datenschutzgründen nicht helfen. Dabei will ich doch nur mit den Eltern reden.»
Das sagt die Kapo St. Gallen
Wabersich macht sich Sorgen um seine Nachbarn. Er fürchtet, dass die Mädchen, weil sie bei ihm Erfolg hatten, es auch anderswo probieren könnten. Sein Fazit: «Es ist erschreckend, dass schon Kinder dieses Alters solche miesen Aktionen starten.» Er fragt sich: «Was geht da nur in den Köpfen von Kindern vor? Hoffentlich gibt es nicht noch mehr Opfer dieser Mädchen-Gang!»
Der Kantonspolizei St. Gallen ist der Vorfall bekannt, wie sie auf Blick-Anfrage mitteilt. Von einer bekannten Betrugsmasche will Mediensprecher Milo Frey aber nicht sprechen. Was auch daran liegt, dass es der einzige bekannte Fall dieser Art im Kanton ist.
Matthias Sieber, Schulpräsident in Widnau, erklärt, man habe den Vorfall genutzt, um in den entsprechenden Klassen über faires Verhalten, Ehrlichkeit sowie den Umgang mit Geld und Vertrauen zu sprechen. «Da der geschilderte Vorfall ausserhalb des Schulbetriebs stattfand, liegt die weitere Beurteilung des Sachverhalts in der Verantwortung der Eltern», so Sieber weiter. «Die Schule kann in solchen Fällen lediglich sensibilisierend wirken, was wir getan haben.»