Darum gehts
- In Ramiswil wurden 120 Hunde eingeschläfert
- Andere Hunde hatten derweil Glück
- Blick rekonstruiert das Schicksal von drei Hündinnen
Was sich auf dem abgelegenen Hof in Ramiswil SO abgespielt hat, ist kaum zu fassen. 120 Hunde – verwahrlost, fehlernährt und krank. Die Solothurner Behörden hatten gemäss eigener Aussage keine Wahl: Sie mussten alle Tiere wegen ihrer «desolaten Verfassung» noch vor Ort einschläfern.
Tierschützer zeigten sich ab dieser Massnahme entsetzt. Anihelp-Präsidentin Cynthia Güntensperger (49) sagte am Sonntag zu Blick: «Ich bin überzeugt, nicht alle Hunde hätten eingeschläfert werden müssen.»
Wie Blick weiss, ist die Hofbetreiberin und Tierhalterin Lucia T.* (57). Die mehrfache Mutter ist schweizweit als Gesundheitsexpertin bekannt. Gemäss mehreren Quellen hat Lucia T. sowohl eine Hundezucht betrieben als auch Hunde bei sich aufgenommen. Es heisst, Lucia T. habe den Tieren helfen wollen – bis zum Schluss alles in einer Katastrophe endete.
Auch die drei Hündinnen Eleni (4), Vaiana (6) und Alba (6) befanden sich einst in den Fängen von Lucia T. und wurden von ihr vernachlässigt. Doch sie entgingen dem grausamen Schicksal, das nun 120 ihrer Artgenossen ereilt hat. Denn die Tiere landeten zuvor bei einem Bauern, wurden dann aber von der Tierschutzorganisation Anihelp gerettet. Das ist ihre Geschichte, wie sie die Tierschutzorganisation Anihelp erzählt.
Von Spanien in die Schweiz
Vaiana und Alba lebten bis vor vier Jahren in Spanien, bei einem Jäger in Valencia, der sie vernachlässigte. Mitte August 2021 wurden die Hunde von Tierschützern befreit – jedoch wurde bei Alba Leishmaniose festgestellt. Eine schwerwiegende Infektionskrankheit, die durch den Stich der Sandmücke übertragen wird.
Im Januar 2022 übernahm eine Schweizer Familie die beiden. Weil jedoch eines der Familienmitglieder an Krebs erkrankte, gab diese die Hunde weiter an Lucia T. Das war Ende Februar 2023. Hündin Alba wurde bis anhin durchgehend gegen Leishmaniose behandelt.
Leben auf dem Bauernhof
Etwa im Herbst 2023 brachte Lucia T. die Hunde zu einem Bauern nach Steffisburg BE. Dort lebten Vaiana und Alba zuerst drinnen im Haus. Doch dann brachte Lucia T. auch den Pitbull-Mischling Eleni zu diesem Bauer. Der Grund: Kampfhunde sind im Kanton Solothurn nicht erlaubt. Die Folge für Vaiana und Alba war brutal: Sie mussten raus aus dem Haus, wurden in einen Aussenzwinger ausquartiert.
Pitbull-Mischling Eleni wurde derweil im Sommer 2023 aus Ungarn in die Schweiz an Lucia T. vermittelt.
Die Tierschutz-Organisation
Anfang Mai 2025 kontaktierte der Steffisburger Bauer die Anihelp Tierhilfe. Er gab an, er habe drei Hunde von Lucia T. kurzzeitig bei sich aufgenommen, betreue sie jetzt nun aber schon seit einem Jahr und wollte diese jetzt loswerden. Mit ein Grund dafür: Lucia T. habe nie einen Franken für die Hundebetreuung bezahlt.
Am 21. Mai 2025 konnten Vaiana und Alba zu einer Pflegefamilie vemittelt werden. Es wurde bei Alba wieder mit der Leishmaniose-Behandlung begonnen. Auch mussten ihr zehn Zähne gezogen werden, weil diese in einem desolaten Zustand waren. Zudem wurde bei ihr eine Verletzung des Oberschenkelkopfes festgestellt.
Die Anzeige
Anihelp wollte auch für die Pitbull-Dame Eleni ein neues Zuhause finden. Doch der Bauer wollte die Hündin zurück an Lucia T. geben. Die wollte erst aber nichts davon wissen, weshalb der Bauer Eleni schlussendlich an Anihelp übergab. Da meldet sich plötzlich Lucia T. wieder, forderte die Herausgabe der Pitbull-Dame.
Weil jedoch der Verein in der Zwischenzeit mehr über Lucia T. und die «problematischen Verhältnisse» erfahren hatte, weigerte sich Anihelp-Präsidentin Güntensperger, Hündin Eleni zurückzugeben. Prompt zeigte Hundehalterin Lucia T. die Tierschützerin im Juli 2025 an.
Güntensperger schreibt hierzu auf Facebook: «Sie wolle Eleni zurückhaben und einem ihrer Söhne übergeben. Sie passt aber nicht in junge, unerfahrene Hände. Eleni ist grundsätzlich ein lieber Hund, aber mit Baustellen. Leinenaggressivität gehört leider dazu.»
Nach all dem Hin und Her hat das Ganze für die drei Hündinnen ein fast gutes Ende genommen. Inzwischen leben Eleni, Vaiana und Alba glücklich und zufrieden auf Pflegestellen.
Wo sind die anderen Hunde?
Derweil bleibt das Schicksal von anderen Tieren unklar. So etwa von zwei Maremmen-Abruzzen-Schäferhunden, die Lucia T. über die Vermittlungsplattform «Herdenschutzhunde» – die von der Gruppe Wolf Schweiz betrieben wird – so rasch wie möglich weitergeben wollte. «Sie meinte, es müsse schnell gehen, die Tiere sollten bis Ende Oktober vermittelt sein», sagt David Gerke, Präsident von Wolf Schweiz und Solothurner Grünen-Kantonsrat. Von Lucia T. habe er das erste Mal vor zwei Jahren gehört. Sie habe selbst Hunden aus Tierschutzfällen helfen wollen.
Über den Horror-Hof sagt Gerke: «Die Zustände waren scheinbar eine Katastrophe.» Für ihn sei klar: «Wenn die Tiere schon in einem so schlechten Zustand waren, wurde zu spät eingegriffen. Es gilt nun zu klären, ob das Veterinäramt es hätte besser machen können.»
Auch am Montag wollte sich Lucia T. gegenüber Blick nicht zu den Vorwürfen äussern.
* Name geändert