Darum gehts
- Generation Z entwickelt neues Verhältnis zur Arbeitswelt, träumt von einfachen Jobs
- Junge Menschen fühlen sich zu monotonen Tätigkeiten hingezogen, suchen Struktur
- Über 1000 Menschen kommentierten Video eines Tiktok-Creators zu diesem Thema
Warum träumen junge Menschen plötzlich von der Arbeit an der Supermarktkasse – und nicht mehr vom Chefsessel? Die Generation Z scheint ein neues Verhältnis zur Arbeitswelt zu entwickeln – zumindest, wenn man einigen Erfahrungen auf Tiktok glaubt. Junge Menschen erzählen, warum sie sich zu vermeintlich «einfachen Jobs» hingezogen fühlen. So zum Beispiel der deutsche Tiktok-Creator Papamausi. In einem Video erklärt er: «Ich schwöre, als ich bei Edeka an der Kasse gearbeitet und die Regale vollgepackt habe – es war so geil.»
Mit diesem Gefühl trifft er einen Nerv. Über 1000 Menschen haben das Video bislang kommentiert. Unter dem Video findet sich viel Zustimmung: «Das fühle ich. Das spricht mir so aus der Seele.» Oder ein anderes Beispiel: «Ich will einfach stumpf irgendwas machen.» Viele Junge scheinen sich also zu «monotonen Tätigkeiten» hingezogen zu fühlen.
Doch woher kommt dieses Bedürfnis – wollen sich junge Menschen komplexen Situationen oder der Verantwortung entziehen?
Das ist bei der Generation-Z anders
Laut Rüdiger Maas (46), Gründer und Geschäftsführer beim Institut für Generationenforschung in Augsburg (D), müsse man zwischen Alter und Generation unterscheiden. «Es gibt bestimmte Phänomene, die sich auf das Alter zurückführen lassen. Die beschriebenen Tätigkeiten ermöglichen oft schnelles Geld. Viele Studenten arbeiten nebenbei in solchen Berufen, um sich etwas dazuzuverdienen, das hat es immer schon gegeben», sagt Maas zu Blick. Mit dem Alter verändern sich die Perspektiven und Qualifikationen. «Dementsprechend ändern sich auch die Berufsfelder.»
Im Fall der Generation-Z kommen laut Maas jedoch weitere Dimensionen dazu. «Wir beobachten bei den 15- bis 30-Jährigen viele Ängste. Aus Angst zu scheitern oder ein schlechtes Feedback zu bekommen, trauen es sich die jungen Menschen teilweise nicht mehr zu, Verantwortung zu übernehmen. Dann lässt man eine komplexe Aufgabe lieber sein.»
Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität
Doch warum ist das so? «Dafür gibt es verschiedene Gründe», so Maas. Er ist seit über zehn Jahren auf dem Gebiet der Generationenforschung tätig. Für ihn ist klar: «Gerade in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) gibt es für junge Menschen unglaublich viele Möglichkeiten. Alles ist digitalisiert. Jetzt kommt noch künstliche Intelligenz dazu. Das kann überfordern.» Laut dem Experten kann eine «monotone Tätigkeit» ein Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität erfüllen.
Ein weiterer, zentraler Faktor: die sozialen Medien. «Weil sich so vieles im Abstrakten abspielt, ist eine Tätigkeit, die man analog macht, attraktiv. Man sieht am Ende des Tages plastisch, mit den eigenen Augen, was man geschafft hat.» Eine «einfache, handwerkliche» Tätigkeit wirke so als Gegenpol zur ständigen Reizüberflutung ausserhalb des Berufsalltags. «Für ältere Generationen wirkt dies vielleicht wie Abstumpfung, doch für die Jungen ist es ein Zugewinn.»
«Mischung aus vielen Faktoren»
Nichtsdestotrotz lassen sich natürlich nicht alle jungen Menschen in einen Topf werfen. «Selbstverständlich funktionieren nicht alle Gen-Zler gleich. Es ist eine Mischung aus vielen Faktoren, die eine Person beeinflusst.»
Ein Blick auf die Video-Reaktionen belegt die Kontroverse um das Thema. Denn: In den Kommentarspalten findet sich nicht nur Zustimmung. Neben den positiven Rückmeldungen wird auch sichtbar, dass viele für ihre Tätigkeit auch entsprechend bezahlt werden möchten. «Der Job war zwar super, doch die Bezahlung schrecklich», schreibt ein User.
Ein weiterer Nutzer ergänzt: «Im Detailhandel ist es der Horror geworden. Self-Checkout, dauernde Unterbesetzung, Zeitdruck und alle sechs Monate eine neue Vorgesetzte.»