«Den Weihnachtsmarkt gebe ich sicher nicht auf»
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Manuela (39) nach der Diagnose:«Den Weihnachtsmarkt gebe ich sicher nicht auf»

Weihnachtsmarkt-Verkäuferin Manuela Waldspurger (39) kämpft gegen Krebs
«Hier habe ich keine Zeit für Todesangst»

Die 39-jährige Manuela Waldspurger hat Lymphdrüsenkrebs. Trotz schwerer Krankheit bleibt sie optimistisch und verrät Blick: «Auf dem Weihnachtsmarkt habe ich keine Zeit für Todesangst».
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Waldspurger ist schwer krank. Sie hat Lymphdrüsenkrebs.
Foto: Martin Meul

Darum gehts

  • Manuela Waldspurger verkauft Schokolade trotz Krebsdiagnose auf dem Berner Weihnachtsmarkt
  • Trotz schwerer Krankheit bleibt sie optimistisch und plant Auswanderung
  • 39-jährige Mutter von drei Kindern kämpft zum zweiten Mal gegen Krebs
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Martin MeulReporter News

Die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Waisenhausplatz in Bern ist festlich. An Dutzenden Ständen können die Besucher alles kaufen, was das Herz höher schlagen lässt. Schoggi gibt es am Stand der Familie von Manuela Waldspurger (39). Die dreifache Mutter aus Spiegel bei Bern verkauft seit zwei Jahren in ihrem «Schoggi Stübli» verschiedene handgemachte Trüffel, Krokant und Schoggi.

«In Weihnachtsstimmung bin ich aber nicht», sagt Waldspurger, während sie einen Kunden nach dem anderen bedient. Der Grund: Im Körper der 39-Jährigen tobt ein Kampf auf Leben und Tod. Vor allem etwas bereut die Dreifach-Mama – und möchte andere warnen, denselben Fehler zu begehen.

Zum zweiten Mal Krebs

Manuela Waldspurger hat Lymphdrüsenkrebs. Die Diagnose erhält sie wenige Wochen zuvor, Anfang November. «Ich habe an mehreren Stellen Tumore», sagt Waldspurger nüchtern. «Man kann sie auf dem letzten MRI deutlich sehen.» Tragischerweise ist das ein Déjà-vu für Waldspurger. Vor zwei Jahren erkrankt sie an Gebärmutterhalskrebs, ausgelöst durch Humane Papillomaviren (HPV). «Ich kann allen Eltern nur raten, ihre Kinder gegen HPV impfen zu lassen», sagt sie deshalb mit Nachdruck, obwohl sie ansonsten Impfungen kritisch gegenübersteht. Waldspurger wird operiert, die Gebärmutter entfernt. «Danach hiess es eigentlich, der Krebs sei weg.»

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An ihrem Stand gibt es handgemachte Schoggi und Truffes.
Foto: Martin Meul

Doch vor kurzem dann der erneute Rückschlag. «Bei einer Kontrolle wurde der Befall der Lymphdrüsen entdeckt. Es hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen», sagt die Mutter. Besonders hart: Die Schocknachricht wird ihr einfach so am Telefon mitgeteilt. «Kommunikativ war das schon sehr grenzwertig», kritisiert Waldspurger.

Ihre Ärzte schlagen eine Chemotherapie, Bestrahlung und eine Operation vor. «Lieber heute als morgen», so Waldspurger. Daneben schaut sie auch nach alternativen Behandlungsmethoden.

Leben in Möglichkeiten

Optionen und Möglichkeiten spielen im Leben von Manuela Waldspurger derzeit eine grosse Rolle. «Ich kämpfe um meine Zukunft, aber ich weiss nicht, ob ich erfolgreich sein werde», sagt sie.

Waldspurger lebt gleichzeitig in zwei möglichen Zukünften. Eine, in der sie lebt, und eine, in der sie stirbt. Entsprechend hat die 39-Jährige sich intensiv mit dem Tod auseinandergesetzt. «Ich habe auch mit meinen Kindern darüber gesprochen.»

Gleichzeitig ist Waldspurger voller Hoffnung und Optimismus. «Mein Mann und ich wollen zusammen mit den Kindern demnächst auswandern, irgendwohin, wo es warm ist», sagt sie. Ihre Augen leuchten. «Das Meer und das gute Wetter, darauf freuen wir uns.»

Trotz der schweren Krankheit: Waldspurger bleibt optimistisch. «Ich denke positiv, versuche das Beste aus meiner Situation zu machen. Alles andere hilft mir nicht beim Gesundwerden.»

Die Arbeit als Anker

Dazu gehört auch die Arbeit auf dem Berner Weihnachtsmarkt. «Zu Hause herumsitzen könnte ich nicht. Bei der Arbeit hier kann ich meine Sorgen für einen kurzen Moment vergessen», sagt Waldspurger, während sie den Kunden Probierportionen anbietet oder ihre Produkte erklärt. «Hier auf dem Markt habe ich keine Zeit für Todesangst.»

Noch wichtiger sind für Waldspurger aber die Menschen. «Ich habe hier tolle Leute um mich, die mir immer helfen, wenn es nötig ist. Das ist ein riesiges Geschenk. Nur schon ein Gespräch gibt mir so viel.» Egal, ob Familienmitglieder, andere Standbetreiberinnen oder die Gewerbepolizei: Auf dem Markt hat die dreifache Mutter ein Netz, auf das sie sich verlassen kann. «Das gibt mir die Kraft, um nach vorne zu schauen. Dafür bin ich unendlich allen sehr dankbar.»

Deshalb nimmt Waldspurger auch einmal ein paar kalte Hände in Kauf. «Im Moment bin ich fit genug, um hier zu arbeiten. Die Symptome halten sich in Grenzen. Ich kann noch lachen, habe noch meine Haare. Es passt.» Ausserdem sei Schokolade ihre grosse Leidenschaft. «Es war immer mein Traum, hier einen Stand zu haben.»

So geniesst Waldspurger jeden Tag. «Ich lebe ganz im Moment, denn was morgen ist, weiss ich nicht», sagt sie.

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