«Huttu ist nicht mehr so wie früher»
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Anwohner sind besorgt:«Huttu ist nicht mehr so wie früher»

Was ist bloss im Blumenstädtchen Huttwil BE los?
Schlägerei, Schiesserei – «Schweinerei!»

Huttwil BE erlebt eine Welle der Gewalt. Bürger äussern Bedenken über zunehmende Auseinandersetzungen und Schiessereien. Gemeindepräsident Adrian Wüthrich versichert jedoch, dass Huttwil weiterhin eine sichere Gemeinde sei.
Publiziert: 17:25 Uhr
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Aktualisiert: 19:01 Uhr
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Eingangs von Huttwil strahlen diese Blumen um die Wette.
Foto: Ralph Donghi, Blick

Darum gehts

  • Gewalttaten in Huttwil beunruhigen Einwohner. Gemeindepräsident betont Sicherheit
  • Bürger berichten von Angst und Sorge um die Zukunft des Dorfes
  • Huttwil hat einen Ausländeranteil von 16 Prozent, unter dem Schweizer Durchschnitt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ralph DonghiReporter News

Schlägereien, Schiessereien, teils verängstigte Bürger. Im «Blumenstädtchen» Huttwil BE ist es im Moment nicht mehr so idyllisch, wie es einmal war. Erst gerade wurde mehrfach auf den Künstler Madeye geschossen – er überlebte nur mit viel Glück. Und schon sorgt eine weitere Gewalttat für Diskussionen: eine wüste Schlägerei – mitten im Dorf.

Was ist bloss in Huttwil los? Blick ging vor Ort. Und sah: Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung zu sein. Die Blumen in einem Kreisel eingangs des «Städtchens», wie die Menschen ihr «Huttu» nennen, sind prächtig. 

Vorfälle gehen Bürger nahe

Doch bei einer Umfrage wird schnell klar: Die letzten Vorfälle gehen vielen Bürgern nahe. «Es ist hier nicht mehr so, wie es einmal war», sagt Fritz Brönnimann (61). Der Kranführer sagt gar: «Es macht mir schon ein wenig Angst, was hier passiert ist.»

Brönnimann kann nicht verstehen, dass sich Leute auf offener Strasse prügeln – von den Schüssen will er schon gar nicht reden. So oder so: «Es ist einfach schade für Huttwil», sagt er – und ergänzt: «Huttwil hat viele Ausländer und es gibt solche, die Probleme suchen und machen. Und auch das finde ich schade. Es sollte wieder normal sein.»

«Keine gute Werbung fürs Dorf»

Für Christoph Minder (34), Inhaber von Minder Mode in Huttwil, hat sich seit den Vorfällen nicht viel verändert. «Klar, man hat von ihnen gehört. Aber es ist mir sonst nichts aufgefallen.» Die Schiesserei habe ihn aber schon erstaunt, räumt Minder ein. Angst bei sich oder seinen Kunden merke er jedoch nicht. «Natürlich sind solche Vorfälle keine gute Werbung für unser Dorf.»

Das findet auch Marianne Zaugg (66), die im Nachbardorf Wyssachen BE wohnt und oft in Huttwil unterwegs ist. Die pensionierte Gastromitarbeiterin spricht Klartext: «Diese Vorfälle sind schlimm.» Man fühle sich manchmal nicht mehr sicher. «Ich weiss nicht, welche Leute diese Probleme machen», ergänzt sie. 

«Eine Schweinerei gegenüber den Mitmenschen»

Zaugg fände es schön, wenn die Gemeinde etwas unternehmen könnte. «Aber dies ist wahrscheinlich schwierig», sagt sie. «Es ist einfach eine Schweinerei gegenüber den Mitmenschen. Entweder kann man sich anständig aufführen oder man ist am falschen Platz.»

Gewalt in Huttwil auch schon mal hautnah miterlebt, das hat Tagedeen Mahammad (54). «Ich wurde mal von einem Ausländer geschlagen. Wegen eines Streits um einen Parkplatz», klagt der Maschinist. Er zeigt Blick auf seinem Handy ein Foto, wie er danach ausgesehen hat. «Das war nicht gut. Es kamen immer mehr Leute dazu, auch mit einem Messer. Ich musste gar Angst um meine Kinder haben.» Die neuesten Vorfälle findet der Sudanese ganz einfach: «Schlimm.»

«Vorfälle an Schulen thematisieren»

Gleicher Meinung ist auch Shayenne Greber (17). Die Hotelfachfrau-Lernende aus Huttwil ist mit ihrer Mutter im Dorf unterwegs. Und steht zu ihrer Meinung: «Ich finde es sehr beängstigend, weil wir hier ja noch auf dem Land sind. Es macht mir selber auch etwas Angst.»

Greber fände es gut, wenn man an den Schulen diese Vorfälle thematisieren würde. «Zum Beispiel, was man tut, wenn so etwas eintrifft. Wie man helfen und sich verteidigen könnte.»

Das sagt der Gemeindepräsident

Blick trifft in Huttwil auch den Gemeindepräsidenten. Adrian Wüthrich (45, SP) ist nach einer längeren Sitzung sofort bereit, Fragen zu beantworten. «Man macht sich als Gemeindepräsident natürlich gewisse Gedanken und schläft vielleicht ein bisschen weniger gut», gibt er unverfroren zu. Um dann gleich anzufügen: «Aber wir sind eine sichere Gemeinde. Und deshalb werde ich wieder ganz gemütlich und gut schlafen.»

Aber diese Gewalttaten in aller Öffentlichkeit! «Es sind wirklich Fälle, die man natürlich nicht gerne sieht», so der Gemeindepräsident. Aber: «Sie können überall vorkommen. Es ist mir wichtig, dass die Kantonspolizei Bern in beiden Fällen aktiv ermittelt und die potenzielle Täterschaft eruieren und verhaften konnte.» Es würden dann entsprechend die Gerichte schauen, was man mit diesen Leuten machen müsse.

Huttwil «boomt», sagt Wüthrich

Natürlich, so Wüthrich, seien diese Vorfälle «keine gute Werbung für unser etwas über 5200-Seelendorf». Denn Huttwil «boomt». Da seien schweizweite Schlagzeilen «natürlich bedauerlich». Man könne auch nicht alles auf Leute mit Migrationshintergrund abschieben. «Es sind nicht nur Ausländerinnen und Ausländer, die beteiligt waren an den beiden bekannten Fällen. Wir haben im schweizweiten Vergleich einen eher tiefen Ausländeranteil mit gut 16 Prozent.»

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