Darum gehts
- Debatte über Elternzeit: Vorschlag für flexible Aufteilung von 16 Wochen
- Kritik von feministischen Kreisen: Gebären erfordert gezielte Erholung
- Nationalrat diskutiert am Montag über Standesinitiativen mit mindestens 20 Wochen Elternzeit
«Drei Monate daheim hätten uns 12'000 Franken gekostet»: Mit dieser provokativen Aussage machte Simon Preisig (35), Mitarbeiter bei der Organisation Alliance F, Ende Mai Schlagzeilen. Der Vater eines zweijährigen Sohnes fordert mehr bezahlte Auszeit für frischgebackene Eltern. Er ist nicht der Einzige: Von vielen Seiten wird Druck auf Bundesbern ausgeübt.
Vier Jahre nach der Einführung der zwei Wochen Vaterschaftsurlaub steht erneut der grosse Zank über die Dauer und die Ausgestaltung des Elternurlaubes bevor. Grund dafür sind mehrere Initiativen, die Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub zu einer gemeinsamen Elternzeit zusammenführen wollen.
Nationalratsdebatte steht an
Am Montagabend dürfte es zum ersten Schlagabtausch rund um die Elternzeit kommen. Der Nationalrat berät dann zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Wallis und Tessin. Diese fordern eine berufliche Auszeit von mindestens 20 Wochen – ohne dabei den bestehenden Mutterschutz von 14 Wochen anzutasten. Mindestens 20 Prozent des Kontingents sollen vom Vater übernommen werden.
Allerdings stehen die Chancen für eine nationale Regelung schlecht. Der Ständerat hat das Anliegen bereits verworfen, und auch die vorberatende Kommission des Nationalrats lehnt es ab. Damit eine finanzierbare und mehrheitsfähige Lösung ausgearbeitet werden könne, solle «der Handlungsspielraum des Gesetzgebers nicht durch strikte Mindestvorgaben begrenzt werden», so die Begründung.
Brisanter Vorschlag der Gesundheitskommission
Die Gesundheitskommission des Nationalrats sorgte kürzlich mit einem Grundsatzentscheid für Kritik: Mehr Väterzeit soll zulasten des Mutterschaftsurlaubs gehen. Die insgesamt 16 Wochen Elternzeit sollen nach dem Vorschlag der Kommission flexibel zwischen Mutter und Vater aufgeteilt werden können.
Die «Eidgenössische Kommission dini Mueter», ein feministischer Interessensverband, bezeichnete das als Angriff: «Gebären ist nicht nur paritätisch, sondern körperlich fordernd und braucht gezielte Erholung.» Sie wirft der Gesundheitskommission vor, dass es ihr nicht um echte Gleichstellung gehe, sondern nur darum, dass möglichst schnell möglichst viele Leute wieder arbeiten könnten.
Zudem verweist «Dini Mueter» auf einen Bericht im Auftrag des Bundesrates. Dieser kommt zum Schluss, dass eine längere Urlaubsdauer «von bis zu sechs Monaten» förderlich für den Verbleib von Müttern im Arbeitsmarkt sei. «Die Inanspruchnahme des anderen Elternteils fördert die Erwerbstätigkeit der Mütter zusätzlich.»
Bis der brisante Vorschlag der Kommissionen im Parlament verhandelt wird, dauert es allerdings noch mindestens zwei Jahre, denn zuerst soll ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet werden.
Familienzeit-Initiative lanciert
Im April startete zusätzlich die Unterschriftensammlung für die Familienzeit-Initiative. Diese will, dass die Elternzeit auf je 18 Wochen aufgestockt wird. Lanciert wurde die Initiative von Alliance F, Grünen, GLP, Travail Suisse und den Mitte-Frauen.
Die 18 Wochen Elternzeit können laut Initiativtext auch nacheinander bezogen werden. Die Höhe der Entschädigung soll sich grundsätzlich an den Leistungen für Militär- und Zivildienst orientieren. Eine Studie rechnet mit zusätzlichen Kosten von rund einer Milliarde Franken pro Jahr.