Widerstand gegen UKW-Kehrtwende
Jetzt droht der SRG ein Rechtsstreit

SRG-Chefin Susanne Wille will wieder über UKW senden. Doch noch fehlt dafür die Konzession – und ein Privatradio kündigt juristische Schritte an.
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Spektakuläre Kehrtwende: Ende 2024 beendete die SRG die Verbreitung ihrer Programme per UKW – nun will sie zurück.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • SRG kehrt zu UKW zurück – aber wann und wie?
  • Privatsender droht mit rechtlichen Schritten
  • Wiederaufbau der UKW-Anlagen dürfte Millionen Franken kosten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marco LüssiBlattmacher

Der Ständerat beschloss am Dienstag das Aus fürs UKW-Aus. Zwei Tage später verkündete die SRG die spektakuläre Kehrtwende: Sie will mit ihren Programmen, die nach der Abschaltung Ende 2024 Hunderttausende Hörer verloren hatten, auf UKW zurück.

Doch gesagt ist einfacher als getan. Wie diese Rückkehr genau ablaufen soll, dazu sagt die SRG nichts. Fragen zum Zeitplan und zur Umsetzung bezeichnet sie als verfrüht. Man warte nun auf «die neuen regulatorischen Vorgaben von Bundesrat und Bundesamt für Kommunikation (Bakom), so SRG-Sprecher Nik Leuenberger (50) zu Blick.

SRG braucht Ausnahmebewilligung

Derzeit verfügt die SRG über keine Funkkonzession, während die anderen Radiosender, die noch über UKW senden, eine Bewilligung bis Ende 2026 besitzen. Sollen die Programme der SRG schon vor 2027 wieder per UKW empfangbar sein, muss sie sich beim Bakom um eine Ausnahmebewilligung bemühen. Getan hat sie dies bisher noch nicht, wie das Bakom auf Anfrage bestätigt.

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Sollte ein solches Gesuch eintreffen und bewilligt werden, ist auch ein Rechtsstreit nicht ausgeschlossen. «Grundsätzlich können solche Entscheide angefochten werden», heisst es beim Bakom. Nicht alle in der Branche freuen sich über die Rückkehr der SRG auf UKW. Immerhin haben die Privatradios wegen des UKW-Ausstiegs der SRG viele Hörer gewonnen, die nun wieder zu den Gebührensendern zurückkehren könnten. Zudem ist das UKW-Revival schädlich für alle Radiosender, die nur über DAB+ empfangbar sind.

Privatsender kündigt rechtliche Schritte an

Der Verband Schweizer Privatradios wolle der SRG keine Steine in den Weg legen, wenn sie bereits vor 2027 auf UKW zurückkehren wolle, sagt Geschäftsführer Peter Scheurer (57). Aber: «Sollte die SRG eine Ausnahmebewilligung erhalten, werden wir genau darauf achten, ob dies juristisch korrekt abläuft.» Insbesondere gelte es zu verhindern, dass die SRG dadurch einen Vorteil gegenüber jenen Radiosendern erhalte, die sich um eine neue Konzession ab 2027 bemühen müssen.

Kategorisch gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist Reto Wettstein (46), Inhaber des kleinen Privatsenders Radio2Go.CH und Aargauer FDP-Grossrat. «In einem Rechtsstaat müssen alle die gleich langen Spiesse haben», sagt er. «Da darf es für die SRG nicht eine Extrawurst geben, die im Gesetz nicht vorgesehen ist.» Wettstein hat sich mit einem Brief ans Bakom gewandt, der Blick vorliegt. Darin kündigt er an: «Jede Verfügung des Bakom, welche der SRG eine Ausnahmebewilligung oder eine vorzeitige Wiederzuteilung der zurückgegebenen UKW-Frequenzen einräumt, wird fristgerecht mit den vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten.»

«Gigantische Gebührengelder-Vernichtungsaktion»

Sowieso hält Wettstein die UKW-Rückkehr der SRG für einen «Riesenfehler»: «Es ist eine gigantische Gebührengelder-Vernichtungsaktion.» Die SRG verspiele damit jede Glaubwürdigkeit als Vorreiterin der Digitalisierung. Wettstein: «Besser hätte die SRG jedem, der noch kein DAB+-Radio hat, ein Gerät geschenkt, von mir aus mit einem SRG-Logo drauf – das wäre nicht nur sympathischer gewesen, sondern auch günstiger.»

Die Wiedererlangung einer Konzession ist nicht das einzige Problem, das die SRG nun lösen muss. Auch die technischen Fragen sind nicht zu unterschätzen. Im Zug der UKW-Abschaltung hat die SRG ihre Sendeanlagen abgebaut. Jetzt müssen sie wieder installiert werden. Dafür gilt es erst Baubewilligungen einzuholen. Das alles kostet viel Zeit und Geld. Ob die entfernten Installationen eingelagert sind oder die SRG sie bereits verkauft oder verschrottet hat und neu beschaffen muss, ist unklar – Fragen dazu beantwortet die SRG nicht. Klar ist: Der Wiederaufbau dürfte Millionen Franken kosten. Wie viele Millionen, hängt davon ab, ob die SRG tatsächlich die nationale Abdeckung mit sämtlichen Programmen wiederherstellen will.

Wille im Dilemma

Radiopionier Roger Schawinski (80) rät der SRG davon ab. «Es ist nicht nötig, dass beispielsweise im Münstertal auch der zweite welsche Radiosender empfangen werden kann», findet er. Die SRG könne sich darauf beschränken, die ersten und informationslastigen Sender der jeweiligen Landesteile wieder aufzuschalten. «So liesse sich viel Gebührengeld sparen.»

Nur: Kann es sich die SRG leisten, lediglich einen Teil ihrer Programme verfügbar zu machen – oder die UKW-Abdeckung nicht zu hundert Prozent, sondern nur in den am dichtesten besiedelten Regionen der Schweiz zu gewährleisten? Wann ist der Aufschrei grösser: Wenn ein Teil der Hörerinnen und Hörer den Lieblingssender trotz Ankündigung der SRG auch weiterhin nicht per UKW empfangen kann – oder wenn bekannt wird, wie viel Geld die SRG verbrennt, um Randregionen mit Sendern zu versorgen, die dort gar nicht gehört werden?

Verband schaltet Weko ein

Sicher ist: Wer wie SRG-Chefin Susanne Wille (51) solche Abwägungen treffen muss, ist nicht zu beneiden. Nicht zu beneiden ist auch Bakom-Chef Bernard Maissen (64). Statt erste Pläne für die Zeit nach seiner Pensionierung im Frühling 2026 zu schmieden, muss er sich nun mit der Erarbeitung eines Vergabeverfahrens für die neuen UKW-Konzessionen ab 2027 befassen. Über die Details will das Bakom in den nächsten Wochen informieren.

Kritisch blickt dem der Verband Unikom entgegen, der Digitalradios vertritt. Sie wollen sicherstellen, dass sie gegenüber den UKW-Radios nicht benachteiligt werden. Unikom prüft deshalb eine Beschwerde bei der Wettbewerbskommission.

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