Was tun gegen Putins Drohnen?
Operation Start-up: Schweiz nimmt sich die Ukraine zum Vorbild

Die Armee will ihre Logistikzentren besser schützen – und wählt dafür einen neuen Ansatz.
Publiziert: 00:02 Uhr
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Eine von Russland geschickte Drohne fliegt über Kiew.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Schweiz will Drohnenabwehr verbessern und zum Innovationszentrum werden
  • Armee setzt auf neuartigen Ansatz
  • Die Zeit drängt – Zahl der Drohnensichtungen nimmt zu
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Zuerst schwirrten Drohnen vor allem über Regionen an der Nato-Ostgrenze, seit einigen Monaten aber nehmen auch Sichtungen in Westeuropa zu: in Dänemark, Deutschland, Belgien, Frankreich – und der Schweiz. Hat Putin sie geschickt?

Sicher ist: Die Überflüge sorgen für Hektik. Wiederholt mussten Flughäfen den Betrieb einstellen. Wie kann sich der Kontinent verteidigen? Die Frage treibt auch die Schweizer Armee um. Der Bund gründete eine Drohnen-Taskforce und kauft Abwehrsysteme.

Das Problem dieser Beschaffungen ist, dass die Entwicklung von Drohnen dermassen rasant abläuft, dass Anschaffungen schon morgen wieder veraltet sein können. Rüstungschef Urs Loher räumte im Interview mit CH Media denn auch unumwunden ein: «Das wird nicht lange reichen.»

Schweiz soll zum «Drone Country» werden

Parallel zu kurzfristigen Abwehrplänen verfolgt die Armee deshalb jetzt einen neuen Ansatz. Die Schweiz soll im Bereich Drohnen zu einem Zentrum militärischer Innovation werden. Ein «Drone Country», wie es der Rüstungschef ausdrückt.

Vorbild ist die Ukraine, wo unter ständiger Bedrohung durch Putins Drohnenschwärme Hunderte von Verteidigungs-Start-ups entstanden sind. Das Land baute ein eigenes Tech-Ökosystem, ein Labor quasi, in dem ständig neue Technologien erprobt werden. Und in dem in Echtzeit auf Änderungen in Russlands Kriegsführung reagiert werden kann.

Was die Ukraine kann, können auch wir, scheint sich die Armee zu sagen. Für den künftigen Schutz ihrer fünf Logistikzentren wählte sie deshalb einen aussergewöhnlichen Ansatz. Statt sich nur auf die Suche nach einem fixfertigen System zu machen, schrieb das Bundesamt für Rüstung Armasuisse auf der Beschaffungsplattform Simap einen Studienauftrag aus. Bewerber sollen Ideen für Projekte einreichen, mit denen feindliche Flugdrohnen und Quadrokopter automatisch erkannt werden können.

Armee hofft auf Innovationen

«Mit diesem Vorgehen soll das vorhandene Potenzial erfasst werden», sagt Armeesprecher Stefan Hofer. Man lote aus, welche Innovationen gerade in der Branche entstehen. Neuartig sollen sie sein, aber auch marktreif. Und: aus allen Bereichen stammen, auch von ausserhalb der Wehrtechnologie.

Könnte es sein, dass die zukünftige Drohnenabwehr nicht von einem Rüstungskonzern kommt, sondern von einem Elektroingenieur, der mit ein paar Nerds in einer Garage tüftelt?

Ivo Capaul, Experte für Verteidigungspolitik am Zentrum für Sicherheitsstudien der ETH Zürich, begrüsst den neuen Ansatz. Er plädiert dafür, eigenes Fachwissen aufzubauen und ziviles technologisches Know-how in die Armee hineinzutragen. «Um dies zu schaffen, ist eine bessere Kooperation zwischen Privatwirtschaft, Hochschulen und den Bedarfsträgern im Verteidigungsdepartement nötig.»

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Die Zeit drängt

Der neue Studienauftrag für den Schutz der Logistikzentren sei in diesem Zusammenhang «sehr dienlich». Hierzulande gebe es viele Akteure mit herausragendem Wissen im Drohnenbereich. Tatsächlich sind Schweizer Hochschulen schon heute in der Robotik- und Drohnenforschung führend. Nur die Verzahnung von Armee und Wissenschaft funktioniert bisher zäh.

Die Zeit drängt. Diese Woche wurde publik, dass im Oktober grosse Drohnen über einer wichtigen Schaltanlage des Stromnetzbetreibers Swissgrid in Laufenburg AG gesichtet wurden. Wer sie gesteuert hat und mit welchem Ziel, ist unklar. Bereits im Frühjahr meldeten Soldaten der Schweizer Armee Drohnen über dem Militärflugplatz Meiringen BE.

Laser und Netze gegen Drohnen

Während sich Rüstungsbeschaffungen in der Schweiz oft über Jahre hinziehen, hilft sich die Ukraine längst selbst. Forscherinnen und Forscher testen Laser und Netze, um Drohnen vom Himmel zu holen. Und sie entwickeln Systeme, die in die Steuerung feindlicher Flugobjekte eingreifen und sie übernehmen. Bewährt sich eine Technologie, wird sie in heimische Produktion gegeben.

Denn bis ein irgendwo sonst auf der Welt eingekauftes Abwehrsystem in Dienst gestellt werden kann, könnte es bereits wieder veraltet sein.

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