Warum der Druck auf Hausbesitzer und Mieter weiter zunimmt
Unfairer Eigenmietwert weg – doch wie fair werden die Folgen?

Der Eigenmietwert wird abgeschafft. Nach 91 Jahren. Doch das deutliche Ja ist erstaunlich, denn die Schweiz ist ein Volk von Mietern. Warum die Abschaffung trotzdem gelungen ist, und was es jetzt braucht, damit die Folgen nicht unfair werden. Eine Analyse.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Immobilienbesitzer werden wohl ab 2029 weniger Steuern zahlen: Der Eigenmietwert fällt weg.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Eigenmietwert-Abschaffung ist fair, löst aber neue Fragen aus
  • Energetische Sanierungen und Schwarzarbeit-Gefahr sind wichtige Diskussionspunkte
  • 57,7 Prozent stimmten für die Abschaffung des Eigenmietwerts
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Fairness, ist das nicht etwas vom Wichtigsten? Die Abschaffung des Eigenmietwerts ist im Grundsatz eine faire Sache. Warum sollte man auf die eigene Wohnung ein fiktives Einkommen zahlen? Vier Versuche, die Steuer loszuwerden, waren erfolglos. Denn wenn einmal eine Einnahmequelle für den Staat da ist, bringt man sie kaum mehr weg.

Die Abschaffung war dennoch nicht so sicher, schon gar nicht, dass 57,7 Prozent dafür stimmen. Immerhin ist die Finanzlage angespannt, viele Kantone wehrten sich, weil sie ein Loch in der Kasse fürchteten. Und die Schweizerinnen und Schweizer sind ein Volk von Mietern (etwa zwei Drittel).

Doch die Mieterinnen und Mieter liessen sich von den – eher zurückhaltenden – Gegnern trotz stetig steigender Mieten und kaum mehr leistbarer Immobilien nicht gegen die Hausbesitzer ausspielen. Fanden auch die Mieter die Steuer ungerecht? Oder hoffen sie, selbst doch noch zum Hausbesitzer zu werden? Oder genügend zu erben, um ein Haus zu kaufen? 

Drei Punkte stechen ins Auge

Eine Steuer ist abgeschafft. Doch die Fairness-Frage ist noch nicht vom Tisch. Das Ende des Eigenmietwerts löst hier neue Fragen aus. Drei Punkte sind besonders interessant: 

Punkt 1:Das Loch in der Kasse

Wer bezahlt dafür, wenn es nach dem Loch in der Kasse doch Geld braucht? Alle, also auch weniger begüterte Mieterinnen? Oder müsste man das Geld bei den Leuten holen, die eher vermögend sind? Sie profitieren am meisten von der Abschaffung des Eigenmietwerts – und profitieren in gewissen Kantonen seit Jahrzehnten von zu tiefen Katasterwerten. 

Punkt 2:Häuser sanieren

Das ist einer der wichtigsten Punkte im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels. Denn veraltete Gebäude sind besondere Energiesünder. Doch der Bund will beim Gebäudeprogramm sparen. Und nun fallen grundsätzlich die Abzüge weg. Das könnte die Bemühungen im Energiebereich ausbremsen. 

Es gibt hier zwar eine Lösung: Die Kantone können bei energetischen Sanierungen bis 2050 weiterhin Abzüge zulassen. In einigen Kantonen wird bereits darüber nachgedacht. Doch gerade hier stellt sich die Frage nach der Fairness: Ist es wirklich gerecht, wenn man Abzüge machen kann, aber gleichzeitig keinen Eigenmietwert mehr bezahlt? Eigentlich nicht. Es wird stark auf die Umsetzung ankommen. 

Punkt 3:Schwarzarbeit-Gefahr

Können keine Abzüge mehr beim Hausunterhalt gemacht werden, braucht es keine Rechnungen mehr, das heisst: Der Anreiz zu Schwarzarbeit steigt, gerade durch günstige Handwerker aus dem Ausland. Schweizer Gewerbebetriebe, die hier ordentlich Steuern zahlen, sollen darunter nicht leiden. Der Kampf gegen Schwarzarbeit muss ernsthaft geführt werden. 

Die Abschaffung des Eigenmietwerts hat eine Steuer beseitigt, die in Teilen unfair war. Doch wenn dadurch Löcher in den Staatskassen entstehen, dürfen Mittelstand und Mieter nicht die Leidtragenden sein. Es braucht auch hier faire Entscheide.

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