«Zeichen für grosses Missvertrauen in Staat»
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Cavalli zu E-ID-Abstimmung:«Zeichen für grosses Missvertrauen in Staat»

Welche Lehren lassen sich aus dem Abstimmungskrimi ziehen?
Die E-ID kommt – wer jetzt liefern muss

Die Schweiz bekommt eine E-ID. Nach dem Nein zur ersten Vorlage übernimmt nun der Staat die Verantwortung. Doch das Ja fiel hauchdünn aus. Jetzt müssen die Behörden Vertrauen schaffen – und einen digitaleren Alltag ermöglichen. Der Blick-Kommentar.
Publiziert: 19:05 Uhr
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Aktualisiert: 19:33 Uhr
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Am Ende wurde es knapp, doch nun kommt die E-ID in der Schweiz.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • E-ID-Vorlage knapp angenommen, Startschuss für digitalen Service public
  • Nur hauchdünne Mehrheit stimmte der Vorlage zu
  • Staat verantwortlich für E-ID, dezentrale Datenspeicherung, strenger Datenschutz
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Dieser Volksentscheid erschüttert die Schweiz nicht in ihren Grundfesten – auch weil das Ja zur E-ID am Ende nur knapp zustande kam. Und doch könnte er einen Startschuss markieren: für einen echten Service public im digitalen Zeitalter!

Vier Jahre nach dem Nein zur ersten Vorlage klappt es nun. Kritikpunkte wurden ernst genommen, Bedenken ausgeräumt. Der entscheidende Unterschied: Diesmal liegt die Verantwortung beim Staat, die Herausgabe der elektronischen Identität wird nicht mehr an private Firmen ausgelagert.

Sorgen darf man nicht ignorieren

Das knappe Resultat ist auch ein Auftrag, die Skeptiker ernst zu nehmen. Viele Menschen fürchten Kontrollverlust, sehen Risiken bei Daten und Sicherheit – oder misstrauen staatlichen IT-Projekten. Gerade bei Menschen mit knapperem Einkommen war die Skepsis gross. Wer diese Sorgen ignoriert, riskiert, dass die E-ID ein digitales Luftschloss bleibt.

Die Daten bleiben dezentral gespeichert, ihr Schutz soll zu den strengsten überhaupt zählen. Der Staat stand bisher nicht im Ruf, bei der Digitalisierung ein Vorreiter zu sein. Was lachten wir über den Bund, der sich in der Coronakrise Meldungen von Ärzten per Fax schicken liess! Wie oft fluchen wir noch über Papierschlachten bei Steuererklärungen oder rund ums Zügeln! 

Bei der E-ID steht der Bund für Sicherheit, Verlässlichkeit und Vertrauen ein. Vor allem aber muss er beweisen, dass er das digitale Handwerk im Griff hat. Erst recht, weil nur eine hauchdünne Mehrheit den Weg dafür freigemacht hat – und viele Skeptiker kaum gewillt sein dürften, die E-ID nun einfach so zu nutzen.

Was wäre denn die Alternative?

Die E-ID soll es ermöglichen, sich online sicher auszuweisen und Dokumente digital zu unterzeichnen. Es geht um die elektronische Form der Identität – nicht mehr und nicht weniger. Was wäre denn die Alternative? Wer für Ferienbuchungen oder beim Umzug Ausweiskopien auf private Plattformen hochlädt, hat erst recht keine Garantie, dass seine Daten nicht in falsche Hände geraten oder missbraucht werden.

Die E-ID folgt dem Prinzip: so wenig Daten wie möglich. Heisst konkret: Der Bund weiss nicht, wann und wo wir die E-ID einsetzen. Und wir entscheiden selbst, welche Angaben wir weitergeben und welche wir für uns behalten. Die Nutzung ist freiwillig – der Staat ist in der Pflicht, dass das auch so bleibt und etwa ein einfacher Einkauf ohne E-ID möglich ist.

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Durchbruch für eine digitalere Schweiz

Der Staat muss liefern – und bei möglichst vielen Behördengängen möglichst schnell mehr Komfort ermöglichen. Sonst droht Frust statt schnellem Nutzen. Aber das darf noch nicht alles sein: Die E-ID muss zeigen, dass sie mehr kann, als unsere Identität aufs Smartphone zu bringen.

Die Hoffnung: ein wachsendes «digitales Ökosystem». In einer App soll die digitale Identität mit einem Portemonnaie kombiniert werden. So könnten künftig auch Fahrausweise, Diplome und Altersnachweise sicher aufs Handy kommen. Zahlungen und sogar Unterschriftensammlungen wären möglich. Der Startschuss ist also gefallen. Jetzt wird sich zeigen, ob daraus ein Durchbruch für eine digitalere Schweiz wird.

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