«Die Wahl bedeutet mir viel, ich bin sehr emotional»
2:21
Neuer Bundesrat Pfister:«Die Wahl bedeutet mir viel, ich bin sehr emotional»

VBS kommt nicht zur Ruhe
Diese Baustellen warten auf Martin Pfister

Das Verteidigungsdepartement plagt sich mit zahlreichen Problemen herum – teilweise seit vielen Jahren. Von Armeefinanzen über problematische Rüstungsprojekte bis hin zur Dienstpflicht steht der neue Chef vor vielen Herausforderungen, um das VBS aus der Krise zu führen.
Publiziert: 13.03.2025 um 01:12 Uhr
|
Aktualisiert: 13.03.2025 um 06:30 Uhr
1/11
Seit Ende des Kalten Kriegs wurde bei der Armee massiv gespart. Die Folge sind uralte Rüstungssysteme und fehlendes Material.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Darum gehts

  • Neuer Bundesrat übernimmt Verteidigungsdepartement mit zahlreichen Herausforderungen
  • Armeefinanzen, Rüstungsprojekte und Dienstpflichtmodell stehen im Fokus
  • Aber gerade auch die Kommunikation ist verbesserungswürdig
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_398.JPG
Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Bundesratswahl ist geschafft. Nun aber geht für Martin Pfister (61) das Schaffen erst richtig los. Mit dem Erbe von Viola Amherd (62) tritt er eine Herkulesaufgabe an. Das Verteidigungsdepartement hat einige Baustellen, die immer wieder für Negativschlagzeilen sorgen. Das sind die wichtigsten.

Armeefinanzen: Mit dem Ukraine-Krieg hat die Armee wieder an Bedeutung gewonnen. Das Parlament beschloss eine Aufstockung des Budgets 2025 und des Zahlungsrahmens. Das sind knapp 30 Milliarden Franken für die Jahre 2025 bis 2028 – 4 Milliarden mehr als bisher. Bis 2032 soll das Budget 1 Prozent des BIP erreichen. Doch: Angesichts des Spardrucks kann das Parlament künftig wieder Kürzungen beschliessen. Dem wird der neue VBS-Chef entgegenwirken müssen.

Armee: Das Militär ist auf das zusätzliche Geld angewiesen. Seit Ende des Kalten Kriegs wurde bei ihm massiv gespart. Die Folge sind uralte Rüstungssysteme und fehlendes Material. Nur gerade ein Drittel aller Armeeangehörigen könnte vollständig ausgerüstet werden. Noch immer ist aber nur grob umrissen, wie die Armee dereinst aussehen soll. Das Parlament hat den Bundesrat damit beauftragt, ihm eine umfassende Strategie vorzulegen. Es will wissen, wie das Geld eingesetzt werden soll. Ausserdem kam es bei Beschaffungen immer wieder zu kostspieligen Pannen. Ganz nebenbei muss der neue VBS-Vorsteher auch noch einen neuen Armeechef suchen.

Grossprojekte: Zuletzt war es die Finanzaufsicht des Parlaments, die Alarm schlug. Gleich sieben grosse Rüstungs- und IT-Vorhaben listet die Delegation auf, bei denen sie massive Probleme erkennt. Gesamtkosten: 19 Milliarden Franken. Dazu zählen etwa das Projekt zur Überwachung des Luftraums oder die Beschaffung israelischer Aufklärungsdrohnen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Neu hat das Bundesamt für Rüstung Armasuisse daher beschlossen, dass es bei künftigen Beschaffungen keine Schweizer Sonderwünsche mehr geben soll. Dennoch zeigen sich selbst Befürworter des erhöhten Armeebudgets unsicher, ob künftig nicht noch mehr Rüstungsmillionen in den Sand gesetzt werden.

Kampfjets: Der grösste Posten ist bereits unter Dach und Fach, der 6-Milliarden-Kaufvertrag für 36 F-35-Jets unterzeichnet. Mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump (78) ist aber auch diese Gewissheit ins Wanken geraten. Läuft alles nach Plan, ersetzt die F-35 ab 2030 die F/A-18 und Tiger F-5. Das VBS wird alles daransetzen müssen, dass es zu keinen Verzögerungen und nicht zu weiteren Mehrkosten kommt. Denn es muss bereits die schon veralteten Triebwerke ersetzen lassen.

Dienstpflicht: Armee und Zivilschutz kämpfen mit sinkenden Beständen. Das VBS bastelt seit Jahren an einem neuen Dienstpflichtmodell. Variante eins ist die «Sicherheitsdienstpflicht»: Nur Männer müssten Dienst leisten in der Armee oder einem Katastrophenschutz, der Zivilschutz und -dienst zusammenfassen würde. Variante zwei ist die «bedarfsorientierte Dienstpflicht», die neu für Männer und Frauen gelten würde. Der Zivildienst bliebe bestehen. Der Bundesrat hat Amherds Vorschläge jedoch in der Luft zerrissen – gerade auch wegen hoher Folgekosten. Das VBS muss nun bis Ende 2027 Antrag zum weiteren Vorgehen stellen.

Rüstungsindustrie: Um sicherzugehen, braucht die Schweiz auch Waffenschmieden im eigenen Land. Wegen rigider Exportbedingungen kommen diese aber immer mehr unter Druck. Mehrere Staaten kündigten an, kein Schweizer Rüstungsmaterial mehr kaufen zu wollen, weil sie dieses notfalls nicht in die Ukraine schicken könnten. Der Bundesrat beantragt dem Parlament daher eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes, um bei den Bewilligungen mehr Spielraum zu erhalten.

Sicherheitspolitik: Bis Ende Jahr soll das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik eine sicherheitspolitische Strategie erarbeiten. Das Ziel: die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Eine Expertenkommission hatte über hundert Empfehlungen dazu abgegeben – und ganz im Sinne Amherds zur weiteren Nato-Annäherung geraten. Auch für den Bundesrat ist diese neben der Abwehr von Cyberangriffen ein Schwerpunkt. Dagegen wehrt sich vor allem die SVP mit ihrer Neutralitäts-Initiative. Doch auch in den anderen Parteien gibt es viele Skeptiker.

Nachrichtendienst: Nachrichtendienstchef Christian Dussey (60) ist an den Reformplänen im NDB gescheitert und nimmt den Hut. Der harzige Umbau führt intern zu Unsicherheit und Unzufriedenheit, was den NDB zu blockieren scheint. Die Kantone schlugen deshalb Alarm. Auch die Aufsichtsbehörde stellte gravierende Mängel fest. Gleichzeitig forderte der NDB mehr Ressourcen, was das Parlament aber ablehnte. Der NDB muss dennoch rasch zur Ruhe kommen, um sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren zu können. Ähnliche Probleme bestehen im Bundesamt für Bevölkerungsschutz.

Ruag: In den vergangenen Jahren dominierten negative Schlagzeilen rund um den bundeseigenen Rüstungskonzern. Die Ruag kämpft mit Korruptionsskandalen. Amherd sprach von Mängeln bei der Durchsetzung von Regeln und Richtlinien innerhalb des Unternehmens. Sprich: Jeder macht, was er will. Die Eidgenössische Finanzkontrolle ortete Unstimmigkeiten bei Geschäften mit Leopard-1-Panzern. CEO und Verwaltungsratspräsident nahmen den Hut. Mittlerweile will der Bundesrat die Rechtsform der Ruag überprüfen und den Konzern wieder näher ans VBS binden.

Kommunikation: Fast 100 Stellen mit Kommunikationsfachleuten – und doch kommt es regelmässig zu Indiskretionen und Kommunikationspannen. So sorgte Anfang 2024 ein vermeintlicher «Liquiditätsengpass» bei der Armee für Aufruhr. Armeechef Thomas Süssli (58) bestätigte, Bundesrätin Amherd dementierte. Die Linke schien nicht zu wissen, was die Rechte macht. Eine Chaostruppe! Die Finanzkommission des Nationalrats kam zum Schluss, es gebe zwar keinen Liquiditätsengpass, die Kommunikation von VBS und Armee aber sei «mehr als verbesserungswürdig». Eine transparente Kommunikation ist für den neuen Bundesrat das A und O, um sein VBS aus der Vertrauenskrise zu führen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?