Darum gehts
- US-Zölle beeinflussen Gemeindebudget
- Gemeinden planen pessimistisch und priorisieren wichtige Investitionen
- Auswirkungen der Zölle werden sich erst 2026 und 2027 zeigen
Hinter Nathalie Schranz (42), Gemeindepräsidentin von Court BE, rauschen viele Autos vorbei. Der 1400-Einwohner-Ort im Berner Jura droht allerdings gerade ausgebremst zu werden – und zwar von niemand Geringerem als US-Präsident Donald Trump (79) und seinen Zöllen.
Die Gemeinde müsste bald eine Strasse sanieren, doch ob dies geschieht, ist ungewiss. In Court sind etwa zwanzig Unternehmen ansässig, die fast alle ins Ausland exportieren. Von einem Umsatzeinbruch würde die Gemeindekasse also hart getroffen. Schranz muss daher mit Einbussen rechnen.
In Schweizer Gemeindehäusern landauf, landab wird derzeit über einen möglichen Zoll-Deal spekuliert. Während sich die Auswirkungen der US-Zölle auf die Schweizer Wirtschaft erst in Ansätzen zeigen, sind sie in den kommunalen Verwaltungen bereits jetzt ein handfestes Problem.
Der Herbst markiert nämlich den Start der Budget-Saison – und damit beginnt dieses Jahr auch das grosse Rätselraten: Wie entwickeln sich die Steuereinnahmen in Zukunft? Die Gemeinden können nur werweisen – ob dem Bundesrat eine Einigung mit Trump gelingt, bleibt weiterhin unklar.
Turnhalle hat Priorität
Für Court steht jedenfalls fest: Bei der Planung ist Vorsicht angesagt! Obwohl die Folgen erst zeitversetzt richtig spürbar sind, plant die Gemeinde beim Budget schon jetzt lieber pessimistisch. «Uns als Gemeinde betreffen die Zölle vor allem über die Unternehmenssteuern», sagt Schranz. «Wenn weniger Geld reinkommt, müssen wir Projekte auf Eis legen.»
Eine grosse Investition, die in Court ansteht, ist die neue Turnhalle. «Die brauchen wir unbedingt», sagt Schranz. Wegen der Unsicherheit bei den Zöllen müsse dafür anderes warten: «Wir müssen möglicherweise die Sanierung einiger Strassen verschieben. Wir achten auf jeden Franken und müssen von Jahr zu Jahr schauen, was ins Budget passt und was nicht.»
«Situation ist sehr mühsam»
In Biel BE schlängelt sich der imposante Hauptsitz von Swatch entlang des Schüss-Kanals. Die Stadt im Seeland ist eng mit der Uhren- und Exportindustrie verwoben – dementsprechend ist die Unsicherheit gross.
Ende des Jahres beginnt die Planung für das Budget 2027, aber es werde sich wohl im Verlauf der Zeit noch sehr viel ändern, sagt Stadtpräsidentin Glenda Gonzalez Bassi (57). «Uns bleibt nur übrig, zu warten und zu hoffen, dass der Bund die Zölle herunterhandeln kann. Für uns als Stadt ist die Situation sehr mühsam.»
Das Einzige, was man derzeit tun könne: Signale aussenden und den Kanton unterstützen. «Wir setzen uns etwa politisch dafür ein, dass Unternehmen die Rechte auf Kurzarbeit verlängern können», erklärt Gonzalez Bassi. Zudem sei es jetzt wichtig, die Unternehmen in der Stadt und Region zu unterstützen, damit ihre Aktivitäten weiterhin gesichert bleiben. «Wir sind im Austausch, sammeln Informationen und versuchen dort, wo möglich, Unterstützung zu geben.»
«Sehe grosse Passivität»
Laut Henrik Schoop (37), Direktor des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern, ist eine verlässliche Budgetplanung für Gemeinden derzeit kaum möglich.
Schoop übt allerdings auch scharfe Kritik an den kommunalen Regierungen: «Ich spüre zu wenig, dass in der kommunalen und kantonalen Politik wirklich für die Industrie gekämpft wird», sagt er. Es bleibe lediglich bei kurzfristigen Massnahmen, zum Beispiel Gutscheinen oder dem Einsatz für Kurzarbeit auf nationaler Ebene. «Die grossen und langfristigen Themen der Standortattraktivität werden stiefmütterlich behandelt.»
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für Kantone und Gemeinden, daran zu arbeiten, Firmen hier zu halten. «Klar, sie können die US-Zölle von 39 Prozent nicht vollständig kompensieren. Aber man muss an allen Schrauben drehen – etwa bei Bildung, Steuern, Mobilität oder Raumplanung.» Hier sieht Schoop derzeit «grosse Passivität».