Darum gehts
- Schutz vor geschlechterbezogener Gewalt bleibt in der Schweiz ungenügend
- Kantonale Unterschiede erschweren Zugang zu Schutz und Unterstützung
- Seit 2018 ist die Istanbul-Konvention in der Schweiz in Kraft
Der Schutz vor geschlechterbezogener Gewalt ist in der Schweiz laut dem Netzwerk Istanbul Konvention weiterhin ungenügend. Besonders eklatant seien Lücken in der Finanzierung und die föderalistische Fragmentierung. Die NGO fordert wirksamere Massnahmen.
Die Schweiz verfehle zentrale Verpflichtungen zum Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt. Sie erhalte von der NGO bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention darum eine «Gesamtnote 3», heisst es in einer Medienmitteilung vom Dienstag. Das Netzwerk Istanbul Konvention zieht acht Jahre nach der Ratifizierung der Istanbul-Konvention im Parallelbericht eine «ernüchternde Bilanz».
Rückstand bei den Massnahmen
Die markante Zunahme geschlechtsbezogener Gewalt im Jahr 2025 sei alarmierend und verdeutliche den strukturellen Rückstand der bestehenden Massnahmen zum effektiven Schutz betroffener Personen. Trotz einiger Fortschritte auf gesetzlicher Ebene gerieten feministische und queere Anliegen, auch wegen rechtspopulistischer Stimmen, zunehmend unter Druck.
Das Netzwerk bemängelt insbesondere, dass auf Bundesebene bis heute keine verbindliche Gesamtstrategie geschaffen wurde. Die kantonalen Unterschiede seien enorm. Betroffene erlebten je nach Wohnort stark unterschiedliche Zugänge zu Schutz, Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt, barrierefreien Unterkünften oder psychosozialer Unterstützung.
Bundesrat will handeln
Um beispielsweise die Arbeit der Frauenhäuser langfristig zu sichern, brauche es eine objektorientierte Finanzierung mit festen Sockelbeiträgen in allen Kantonen. Was sich bei den Frauenhäusern zeige, stehe stellvertretend für ein grundsätzliches Problem im Schutzsystem. Fehlende Ressourcen hemmten alle vier Säulen der Istanbul-Konvention, diese sind Prävention, Schutz, Strafverfolgung und koordinierte Politik.
Der Bundesrat will die Hilfsangebote für Opfer sexueller und häuslicher Gewalt ausbauen, wie er vor rund einer Woche mitteilte. In seiner Botschaft schlägt er dem Parlament Verbesserungen bei der medizinischen Versorgung, der rechtsmedizinischen Dokumentation und der Unterbringung vor.
Die Istanbul-Konvention ist ein zentrales Instrument zur Bekämpfung und Prävention von geschlechtsbezogener, häuslicher und sexualisierter Gewalt. In der Schweiz ist sie seit dem 1. April 2018 in Kraft. Die Umsetzung der Konvention wird durch die internationale Expertinnengruppe des Europarats für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Grevio) überwacht.