Darum gehts
- Bürgerliche fordern Taschenmunition für Soldaten trotz Bundesrats-Ablehnung
- Sicherheitslage in Europa angespannt, Terrorgefahr laut Nachrichtendienst erhöht
- Seit 2007 dürfen Armeeangehörige keine Taschenmunition zu Hause lagern
Alles halb so wild? Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs warnt der Bundesrat vor der angespannten Sicherheitslage. Dennoch hält es die Regierung nicht für gerechtfertigt, Schweizer Soldaten wieder Munition mit nach Hause zu geben.
Genau das fordert eine bürgerliche Allianz im Parlament. Damit der Schweizer Soldat im Falle einer Mobilmachung rasch bereit wäre, soll er neben der persönlichen Waffe auch die sogenannte Taschenmunition wieder mit nach Hause nehmen dürfen. Denn eben: Seit dem Kalten Krieg sei die Bedrohungslage in Europa nie mehr angespannt gewesen wie heute.
Schon seit 2007 dürfen Armeeangehörige die Taschenmunition nicht mehr zu Hause lagern. Das hatten Bundesrat und Parlament entschieden, nachdem sich Tötungsdelikte und Suizide mit Armeewaffen gehäuft hatten.
«Dürfen nicht im dümmsten Moment unbewaffnet sein»
Nun aber bürgerliche Kreise das Verbot ins Visier genommen. Im Parlament hatte die SVP entsprechende Vorstösse eingereicht – unterstützt von FDP und Mitte. «Die Entwicklung Europas und die Aufrüstung unserer Nachbarn bedingt, dass auch die Schweiz handelt und die Armee wieder wehrfähig macht», begründete SVP-Nationalrat Walter Gartmann (56).
Die Gefahr eines Luftangriffs werde von Bundesrat und Armee als realistisch eingestuft. Auch erachte der Nachrichtendienst die Terrorgefahr weiterhin als erhöht. «Heute aber ist die Armee nur beschränkt in der Lage, die Munition dezentral anzubieten», gibt SVP-Ständerat Werner Salzmann (62) zu bedenken.
Wenn es denn überhaupt genügend Munition habe, ist es eine logistische Herausforderung, die Soldaten im Notfall rasch auszurüsten. «Wir dürfen doch nicht im dümmsten, heisst entscheidenden Moment unbewaffnet sein», so Stefan Holenstein (62) vom Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG). «Für eine glaubwürdige Verteidigung braucht es solche präventiven Massnahmen.»
Truppen im Dienst sollen reichen
Der Bundesrat habe schon 2007 beim Einzug der Taschenmunition erklärt, dass dieser Entscheid abhängig sei von der sicherheitspolitischen Lage, erinnern die Befürworter. Entsprechend gelte es nun auch, den damaligen Entscheid rückgängig zu machen. Bedenken wegen der zu Hause gelagerten Munition hat VMG-Präsident Holenstein keine: «Der Schweizer ist als Bürger und Milizsoldat seit je her verantwortungsbewusst genug.»
Der Bundesrat dagegen kommt zu anderen Schlüssen. In der Regel stünden übers ganze Jahr verteilt Truppen im Dienst, die im Ereignisfall direkt eingesetzt werden könnten. Würden weitere Truppen benötigt, könnten diese per Mobilmachung aufgeboten und ausgerüstet werden. Daher sei schon 2022 ein Antrag zur Wiedereinführung der Taschenmunition abgelehnt worden. Der Bundesrat will einzig dafür sorgen, dass die Armee auch genügend Munition auf Vorrat hat. Ansonsten habe sich für ihn nichts geändert.