Darum gehts
- SVP-Initiative zur 10-Millionen-Schweiz stösst auf Widerstand in eigenen Reihen
- Zuger Finanzdirektor und Glarner Regierungsrätin kritisieren Initiative als zu radikal
- Nationalrat lehnte Initiative ab, nur SVP-Vertreter stimmten dafür
Es war eine Marathondebatte, die sich der Nationalrat vor einigen Wochen geleistet hat. Stundenlang diskutierte man über die SVP-Initiative zur 10-Millionen-Schweiz, der halbe Saal meldete sich zu Wort. Am Ende sagte die grosse Kammer deutlich Nein.
Nur die SVP-Vertreter stimmten der Initiative zu, die die Verfassung mit einem Artikel zur «nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung» ergänzen. Demnach soll die Einwohnerzahl der Schweiz 2050 zehn Millionen nicht überschreiten dürfen. Leben schon vorher 9,5 Millionen Menschen im Land, müssen Bundesrat und Parlament handeln.
Etwa dürften vorläufig Aufgenommene keine Niederlassungsbewilligung mehr erhalten und nicht mehr eingebürgert werden. Der Familiennachzug würde eingeschränkt und betroffene internationale Abkommen müssten neu ausgehandelt werden. Genügt alles nicht, soll als letzte Massnahme das EU-Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden.
«Gewisses Wachstum muss möglich bleiben»
Und jetzt zeigt sich auch Widerstand in der eigenen Partei, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (65) sagt: «Eine strikte Obergrenze der Bevölkerungszahl ist gefährlich und würde die Wirtschaft auf einen Schlag abwürgen.» Zwar äussert er auch Verständnis für das Anliegen, die Vorlage sei aber zu absolutistisch. «Ein gewisses Wachstum muss möglich bleiben», sagt er.
Auch für Marianne Lienhard (57), Regierungsrätin im Kanton Glarus, sei die Initiative «zu radikal»: «Wenn wir einfach einen Schnitt machen, funktionieren ökonomische Mechanismen nicht mehr», sagt sie zur «NZZ am Sonntag». Auch sie verstehe den Ärger von Leuten, die keinen Sitzplatz oder eine bezahlbare Wohnung finden. Die Personenfreizügigkeit sei für die Wirtschaft aber «existenziell wichtig».
Die SVP hielt in der Ratsdebatte fest, die starke Zuwanderung sei mit ein Grund für volle Züge, Staus auf den Strassen oder hohe Mieten. Eine massvolle Zuwanderung in die Schweiz bleibe möglich, von Abschotten sei nicht die Rede.
Als Nächstes entscheidet der Ständerat, die Volksabstimmung dürfte im kommenden Jahr stattfinden.