Darum gehts
- Streit um Mieten führt zu Kündigungen in Zürcher Mehrfamilienhaus
- Familie Hofmann focht überhöhte Miete erfolgreich an, erhielt Kündigungsschutz
- Acht von neun Mietparteien erhielten Kündigung
Im noblen Zürcher Quartier Hottingen ist es womöglich zu Rachekündigungen gekommen. Ein Streit um überhöhte Mieten und Sanierungen scheint Auslöser gewesen zu sein.
Im Zentrum steht der ehemalige FDP-Kantonsrat Antoine Berger, heute Mitglied der Baukommission in Kilchberg. Er ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses am Zürichberg. Dort hat er acht von neun Mietparteien die Kündigung ausgesprochen, wie «tsüri.ch» berichtete.
Miete um 41 Prozent gesteigert
Der Hintergrund: Eine Familie war Ende 2023 in eine 4,5-Zimmer-Wohnung von Bergers Firma eingezogen, für monatlich 4950 Franken. Laut Unterlagen, die «tsüri.ch» einsehen konnte, zahlten die Vormieter jedoch nur 3500 Franken: eine Erhöhung um 41 Prozent.
Die Familie zog deshalb vor die Schlichtungsbehörde. Trotz Vergleichsangeboten von Berger hielten sie an der Anfechtung fest und bekamen recht: Der Mietzins wurde rückwirkend auf 3950 Franken gesenkt, zudem erhielt die Familie einen dreijährigen Kündigungsschutz.
Acht Kündigungen im Haus
Vier Monate nach dem Entscheid flatterten acht Kündigungen ins Haus – offiziell wegen einer geplanten «Kernsanierung» und eines Neubaus. Laut Informationen von «tsüri.ch» soll Berger gegenüber Mietern aber angedeutet haben, die Anfechtung der Familie habe den Ausschlag gegeben.
Gegenüber der Familie habe er gar gesagt, er werde sie für die Leerkündigung verantwortlich machen, falls sie nicht nachgeben würden. Berger bestreitet das entschieden: Die Sanierungspläne seien schon lange zuvor entstanden.
Mietparteien wehren sich
Mehrere Parteien haben ihre Kündigungen angefochten. Eine Bewohnerin, seit fast 20 Jahren im Haus, nennt das Vorgehen des Vermieters «dreist». Auch sie kritisiert mangelnden Unterhalt: defekte Geräte, Schimmel im Kinderzimmer, verzögerte Reparaturen. Bergers Anwalt weist alle Vorwürfe zurück: Es habe weder Reklamationen noch Versäumnisse gegeben. Beim Schimmel sei falsches Lüften schuld gewesen.
Kritik vom Mieterverband
Für Walter Angst vom Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband ist der Fall exemplarisch: Missbräuchlich hohe Anfangsmieten würden in Zürich selten angefochten, weil das Verfahren mühsam und riskant sei. Die Beweislast liege meist beim Vermieter, der deutlich mehr Informationen hätte. Viele scheuten deshalb den Gang vor die Behörden.
Die Familie bleibt trotz allem. Das Ziel sei, die Kinder hier durch die obligatorische Schulzeit zu bringen, sagt der Vater zu «tsüri.ch». Der Entscheid, sich zu wehren, sei anstrengend, aber richtig gewesen.
Die geplante Sanierung soll Herbst 2026 starten, der Kündigungsschutz gilt bis Ende 2027. Danach werde man weitersehen.