Darum gehts
- Karin Keller-Sutter kritisiert Zolldeal im Gespräch mit Lesern von «Le Temps»
- Parmelin hofft auf tiefere US-Zölle ab Dezember
- Grünen-Nationalrätin fordert GPK-Untersuchung zu Parmelins Informationsweitergabe an Geschäftsleute
Das Fernduell zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (66) ist um eine Episode reicher. Als Keller-Sutter Ende Juli ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump (79) vermasselte, versuchte die Bundespräsidentin, ihre Verantwortung kleinzureden – schliesslich führe das Wirtschaftsdepartement die Verhandlungen. Der Milliardär Alfred Gantner (57) von der Partners Group riet Keller-Sutter, sich aus den Verhandlungen mit dem Weissen Haus zurückzuziehen – Trump habe sich auf Keller-Sutter eingeschossen und sei mit ihr fertig.
Letzte Woche präsentierte Parmelin den Deal, den er mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer (45) ausgehandelt hatte. Er sprach von einem «positiven Ergebnis», er sei «sehr zufrieden». Ganz anders bewertete die Bundespräsidentin den Vorgang: Die Situation sei «für die Schweiz nicht ideal», sagte Keller-Sutter im Gespräch mit Lesern der Westschweizer Zeitung «Le Temps». «Man spürt heute das Kräfteverhältnis. Die Schweiz ist ein kleines Land, wir sind dank einer starken Wirtschaft erfolgreich, aber politisch machen wir keine Angst. Dieses Verhältnis zu den Vereinigten Staaten ist nicht neu, wir haben es schon beim Bankgeheimnis erlebt, aber damals war es vielleicht etwas diskreter. Dieses Mal wird nichts verheimlicht. Es stimmt, das tut ein bisschen weh.»
Ganz der Pragmatiker, bezeichnete Parmelin die Absichtserklärung mit Washington in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF als reine «Realpolitik». Für ein kleines, exportorientiertes Land mit nur neun Millionen Einwohnern sei es «absolut nötig», Realpolitik zu betreiben. Parmelin wies Kritik zurück, die Schweiz habe zu viele Zugeständnisse gemacht. Bislang handle es sich lediglich um eine Absichtserklärung. «Jetzt muss man verhandeln», betonte der Bundesrat. Er hofft darauf, dass die tieferen US-Zölle ab Anfang Dezember gelten.
Ein Fall für die GPK?
Politisch dürfte Parmelins Zolldeal die Wintersession im Dezember dominieren. Bereits im Herbst wurden Vorstösse zu Chlorhühnern und der Besteuerung von Tech-Konzernen eingereicht. Nun fühlen sich die Grünen durch die pessimistische Diagnose durch Keller-Sutter in Lausanne bestätigt. Die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt (58) kündigt gegenüber Blick an, einen Antrag in der Geschäftsprüfungskommission (GPK) zu stellen: «Bundesrat Parmelin muss die GPK informieren, wann er wen über was in welcher Form mit Informationen bedient hat, die für die Verhandlungen relevant sind.» Der Vorwurf schwebt im Raum, Parmelin habe die Milliardäre, die Trump im Weissen Haus besuchte, mit vertraulichen Informationen versorgt. «Die GPK hat als Sachbereichskommission andere Informationsrechte», sagt Weichelt. In dieselbe Kerbe schlägt die SP: «Die GPK muss klären, wer welchen Einfluss hatte und warum dieser Hinterzimmerdeal überhaupt zustande kam. «Die Fakten müssen nun endlich auf den Tisch», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (38).
Verhandlung bleibt Bundesratssache
Ebendiese Kritik dementierte Parmelin gegenüber SRF. Man habe die Geschäftsleute lediglich über den Zwischenstand der Diskussionen mit den USA informiert. Einblick in geheime Informationen hätten sie nie gehabt. «Ich muss klar sagen, sie haben nie ein geheimes oder vertrauliches Dokument bekommen», so der Wirtschaftsminister. «Für Verhandlungen ist und bleibt allein der Bundesrat zuständig.»
Unterdessen prüfen verschiedene Parteien und Nichtregierungsorganisationen, ob der Besuch von Schweizer Wirtschaftsführern im Weissen Haus mit Rolex- und Goldbarrengeschenk strafbar sein könnte. Die Schweiz hat Anti-Korruptions-Richtlinien der Vereinten Nationen und der OECD unterzeichnet und kennt den Straftatbestand «Bestechung fremder Amtsträger». Die Anti-Korruptions-NGO «Transparency International» hingegen will nicht aktiv werden: «Eine Anzeige könnte unerwünschte Wirkungen haben. Ein Freispruch könnte für potenzielle Nachahmer als Freipass zur Bestechung interpretiert werden», sagt Geschäftsführer Urs Thalmann zu Blick.