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Blitzer bei Autobahn-Baustellen sollen verschwinden!

Jungfreisinnige wollen die Kontrollen während des Autobahn-Ausbaus verbieten. Linke reagieren empört: Gerade bei Baustellen müsse das Tempo gedrosselt werden. Wann werden solche Kontrollen zur Goldgrube – und warum sind Bussen bei Baustellen-Blitzern besonders happig?
Publiziert: 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 11:22 Uhr
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Auf der A1 zwischen Luterbach und Härkingen SO herrscht Baustellenverkehr: Während der Ausbau läuft, sorgen Radarkontrollen für politische Diskussionen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Jungfreisinnige fordern Stopp von Radarkontrollen während A1-Ausbau
  • SP-Nationalrätin Suter kritisiert die Forderung
  • Radaranlage an A2 blitzte 51'787 Mal in 173 Tagen
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Anna Clara KohlerRedaktorin Politik

Im Mittelland herrscht Hochbetrieb auf der Autobahn: Zwischen Luterbach und Härkingen SO wird die wichtigste Verkehrsachse des Landes auf sechs Spuren ausgebaut. Eine Grossbaustelle, an der täglich zehntausende Autos vorbeifahren. Es gibt Engpässe, dichte Kolonnen – und immer wieder Diskussionen über Sinn und Zweck zusätzlicher Radarkontrollen.

Die Blitzer werden jetzt zum Politikum. Die Jungfreisinnigen des Kantons Solothurn preschen mit einer provokanten Forderung vor: Schluss mit Radarkontrollen während des Autobahn-Ausbaus! 

Radar-Stopp soll Staus verhindern

Was bringen die mobilen Radarkontrollen während des Ausbaus der A1? Sind sie nur dazu da, dem Staat die Kassen zu füllen? Die Geschwindigkeitskontrollen auf der Autobahn würden die Verkehrssicherheit nicht generell fördern, sind die Jungfreisinnigen überzeugt. Sie setzten sich «für eine vernünftige Verkehrspolitik» ein, heisst es in ihrer Stellungnahme.

Ausserdem würden einige Fahrzeuglenker aus Angst vor einer Busse abbremsen – selbst wenn sie die Geschwindigkeitsbegrenzung einhielten. Das Bremsen sorge für sogenannte Phantomstaus, und diese wiederum führten zu mehr Ausweichverkehr. Astra-Sprecher Thomas Rohrbach sagt gegenüber der «Solothurner Zeitung», dass sogenannte Phantomstaus tatsächlich existierten, diese aber nicht zwingend mit einer Radarkontrolle zusammenhängen, sondern mit Fahrmanövern.

«Tempolimiten sind keine Empfehlungen»

Die Forderung der Jungfreisinnigen richte sich ausschliesslich gegen «unnötige, temporär riskante Radarkontrollen im Baustellenbereich, in dem die Geschwindigkeiten durch die baulichen Einschränkungen bereits gedrosselt werden». Die Zurückhaltung sei vorübergehend, und Raser müssten trotzdem verurteilt werden, halten die Jungfreisinnigen in ihrer Stellungnahme fest.

Auf totales Unverständnis stösst die Forderung bei SP-Verkehrspolitikerin Gabriela Suter. «Wer sich an die Geschwindigkeitslimiten hält, muss sich vor Kontrollen nicht fürchten», sagt die Aargauer Nationalrätin. Tempolimiten seien keine Empfehlungen, sondern verbindliche Vorschriften – und es sei richtig, dass Fehlverhalten sanktioniert werde.

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Kantone veröffentlichen Radarstandorte

Die Kantonspolizei Solothurn veröffentlichte bis vor kurzem die Standorte der stationären Blitzer sowie jener Anlagen, die über mehrere Tage am selben Ort stehen. Das Pilotprojekt dauerte von Juli 2022 bis Oktober 2025. Seit Februar 2024 werden auch im Kanton Basel-Landschaft die Standorte der Radaranlagen veröffentlicht.

«Für die Verkehrssicherheit ist es entscheidend, dass man nicht weiss, wo die Blitzer stehen», sagt Suter dazu. Nur so hielten sich die Autofahrerinnen und Autofahrer überall an die Geschwindigkeitsregeln – und nicht nur dort, wo sie mit einer Kontrolle rechnen.

Trotz der veröffentlichten Standorte blitzte die Radaranlage an der A2 in Fahrtrichtung Bern/Luzern vor der Ausfahrt Sissach innerhalb von 173 Tagen 51'787 Mal. Die «bz Basel» schrieb von «Basels fleissigstem Blitzer». Damit hätte diese Radarkontrolle bei einer durchschnittlichen Busse von 40 Franken rund 2,1 Millionen Franken in die Staatskasse gespült.

Bundesgericht urteilt bei Baustellen streng

Die Sorge der Jungfreisinnigen vor unnötigem Abbremsen sei «völlig absurd», sagt Gabriela Suter. Gerade entlang von Baustellen müsse die Geschwindigkeit reduziert werden, weil zu schnelles Fahren dort besonders gefährlich sei. Ohne Kontrollen würden viele einfach mit 100 km/h durchfahren.

«Wenn man weiss, dass man jederzeit geblitzt werden könnte, werden Verkehrsregeln besser eingehalten – das ist genau das Prinzip solcher Kontrollen», so Suter. Der Überraschungseffekt sei entscheidend für die präventive Wirkung.

Und wie sieht die Rechtsprechung aus? Auch das Bundesgericht beurteilt die Gefahrensituation auf Baustellen streng: Auf Autobahnen liegt eine schwere Widerhandlung bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h vor. In Baustellen auf Autobahnen gelten hingegen die gleichen Regeln wie ausserorts. Das heisst: Bereits eine Überschreitung von 30 km/h gilt als grobe Verkehrsregelverletzung.

Es folgen eine Busse, eine Geldstrafe und ein Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten. Das Gericht begründet die Rechtsprechung damit, dass ein «mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h signalisierter Autobahnabschnitt angesichts der potenziellen Gefahren mit einer Ausserortsstrecke vergleichbar ist».

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