Darum gehts
- Tessiner Stromversorger AET verklagt Deutschland wegen Kohleausstieg auf 100 Millionen Euro
- Klage könnte gefährlichen Präzedenzfall für Klimaschutzmassnahmen schaffen
- AET fordert Entschädigung für 16%-Beteiligung am Kohlekraftwerk
Der Tessiner Stromversorger Azienda Elettrica Ticinese (AET) verklagt Deutschland wegen des Kohleausstiegs auf rund 100 Millionen Euro. Das berichtet die «SonntagsZeitung». Die Klage wurde beim Schiedsgericht der Weltbank in Washington eingereicht.
AET fordert eine Entschädigung bis 2053 für das Kohlekraftwerk Trianel in Lünen, an dem das Unternehmen mit 16 Prozent beteiligt ist. Das Werk soll 2031 vom Netz gehen – eine Entschädigung ist bislang nicht vorgesehen. Die Investition erfolgte 2008, um die Stromversorgung des Tessins langfristig zu sichern.
Laut Gerichtsunterlagen verlangen die Tessiner 85 Millionen Euro plus 4 Prozent Zins. AET betont gegenüber der Zeitung: Man stelle den Kohleausstieg nicht infrage, fordere jedoch eine faire wirtschaftliche Entschädigung.
Sie warnen vor gefährlichem Präzedenzfall
Kritiker wie der WWF und Powershift warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall für Klimaschutzmassnahmen. «Ein Erfolg der AET in dem Verfahren würde den deutschen Kohleausstieg infrage stellen, da weitere Kohleunternehmen Klage einreichen könnten», sagte Fabian Flues von Powershift zur «SonntagsZeitung».
Der WWF erinnert zudem daran, dass AET und der Kanton Tessin bereits 2008 vor Investitionen in das Kohlekraftwerk gewarnt worden seien. Dieses Vorgehen sei «unwürdig, der Kanton Tessin muss dem ein Ende bereiten».
Die deutsche Politik hat den Kohleausstieg längst beschlossen – seit 2020 gilt das entsprechende Ausstiegsgesetz. Damals regierte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (71, CDU) das Land. Spätestens 2038 soll das letzte Kraftwerk abgeschaltet werden, das Werk in Lünen offenbar bereits 2031.