Vincenz-Stauffacher und Mühlemann im Interview
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Neues Duo an der FDP-Spitze:Vincenz-Stauffacher und Mühlemann über Zukunftspläne der Partei

FDP mit eindeutigem Ja zu EU-Verträgen
Cassis und Michel gehen als Sieger vom Platz

Richtungsentscheid bei der FDP: Am Samstag hat sich die Partei für ein Ja zu den EU-Verträgen und ein Nein zum Ständemehr ausgesprochen. Grosse Gewinner des Tages sind Aussenminister Cassis und Nationalrat Michel – obwohl letzterer eine Flasche Wein verwettet hat.
Publiziert: 18.10.2025 um 10:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2025 um 17:44 Uhr
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Grosser Gewinner der Delegiertenversammlung: Bundesrat Ignazio Cassis.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • FDP sagt Ja zu EU-Verträgen und Nein zu Ständemehr
  • Partei stellt sich hinter Bundesrat Cassis
  • FDP-Michel zufrieden mit Ergebnis
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Die Enttäuschung ist gross. Der Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger (72) stand kurz nach Verkündung des Resultats mit verschränkten Armen da. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (44) und der Vizepräsident der Zürcher FDP, Matthias Müller (33), versammelten sich oben im Saal zum Podcast-Gespräch mit der Zeitschrift «Nebelspalter».

Das Dreiergespann hat den EU-skeptischen Teil der Partei angeführt – und erlitt an der Delegiertenversammlung eine doppelte Niederlage. Der Freisinn sagte nicht nur Ja zu den EU-Verträgen, sondern mit 232 zu 189 Stimmen auch deutlich Nein zum Ständemehr.

Cassis: «Erfüllt»

Besonders die Frage nach dem Ständemehr hatte im Vorfeld für Spannung gesorgt. Viele haben die «Ja, aber» Lösung als Möglichkeit gesehen, auch eine Klammer um die EU-Enthusiasten und EU-Skeptiker in der Partei zu setzen. Denn das doppelte Mehr würde die Hürde für ein Ja an der Urne deutlich erhöhen. Auch das neue Führungsduo mit Susanne Vincenz-Stauffacher (58) und Benjamin Mühlemann (46) zeigte sich kürzlich offen für diese Lösung.

Nun kam es anders. Der grosse Gewinner des Tages ist damit Aussenminister Ignazio Cassis (64). Für ihn stand sein politisches Vermächtnis als Bundesrat auf dem Spiel. Die EU-Verträge sind wohl das wichtigste Geschäft seiner Bundesratskarriere – ohne das Ja der FDP wären sie allerdings zum Scheitern verurteilt gewesen. Cassis hat sich vor den Delegierten nochmals ins Zeug gelegt. In einer Rede bilanzierte er mit Blick auf die Forderungen, die die FDP zu den Beziehungen mit der EU gestellt hat: «Alle wurden erfüllt.» Ein Grossteil der Delegierten stellte sich hinter ihn.

Michel hat Flasche Wein verwettet

Auch der EU-Enthusiast der Partei, FDP-Nationalrat Simon Michel (48), geht als Sieger hervor. Er hatte während seiner Voten an der Delegiertenversammlung eigentlich zurückgesteckt. Einerseits bot er Hand für ein Ständemehr – und andererseits entschuldigte er sich für einen unglücklichen Kommentar an die Adresse von Alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann (73). «Das ging klar zu weit. Das war respektlos.» Trotzdem konnte er danach einen doppelten Sieg verbuchen.

«Ich habe wirklich Freude», sagt er nach der Delegiertenversammlung zu Blick. Vom deutlichen Ergebnis war er selbst überrascht. «Ich habe eine Flasche Wein verloren.» Mit einem Parteifreund habe er gewettet, dass zwei Drittel der Delegierten für ein Ja zu den Verträgen stimmen würden. Am Schluss ist die Zustimmung mit 330 zu 104 Stimmen um einiges höher ausgefallen.

Bleibt die Partei gespalten?

Wie geht es nun weiter bei den Freisinnigen? Der aufwendige Meinungsbildungsprozess in der FDP hat gezeigt, dass es in der Partei Mitglieder gibt, die sich dezidiert gegen die Verträge positionieren. Das Ergebnis an der Delegiertenversammlung lässt zwar vermuten, dass sie teils lauter argumentiert haben, als die Kritik in der Partei tatsächlich rechtfertigt. Aber findet die Partei einen Weg, diesen Graben zu schliessen?

«Ich erwarte, dass sich die Skeptiker mit ihrer Kritik eher zurückhalten», sagt Michel. «Im Namen der Partei muss man jetzt sicher positiv von den Verträgen sprechen.» Die eigene Meinung bliebe natürlich ihnen überlassen. Filippo Leutenegger prognostiziert allerdings, dass es in der Partei nach dem Ständemehr «noch einmal ganz eigene Dynamik» geben wird. Es wird sich zeigen, was das heisst.

Die Aufgabe, eine gemeinsame Linie zu fahren, fällt nun auch dem neuen FDP-Präsidium zu. Das Duo Vincenz-Stauffacher und Mühlemann trat an diesem Samstag die Nachfolge von Parteichef Thierry Burkart (50) an. Sie starten mit einem kleinen Dämpfer ins Amt. Wie CH Media schreibt, sickerte zuletzt durch, dass sich die beiden auf die Lösung «Ja zu den Verträgen, aber mit Ständemehr» geeinigt haben. Die Delegierten haben aber nun einen anderen Entscheid gefällt, mit dem die Spitze leben muss.

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