Darum gehts
- Solothurner Regierung zahlt Bischofslohn aus Steuergeldern, Kritik wächst
- Vertrag von 1828 bindet Kantone, Kündigung schwierig
- 540'000 Franken zahlte Solothurn 2024 ans Bistum
Im Kanton Solothurn treffen sich jedes Jahr die Regierung und der katholische Bischof Felix Gmür (59) zum Jassen. Mit wem sie spielen, haben die Regierungsräte dank eines uralten Vertrages zumindest teilweise mitentschieden. In kaum einem anderen Bistum hat die staatliche Regierung so viel Macht, dass sie sogar bei der Bischofswahl mitreden darf.
Doch das Privileg hat einen Preis. Über eine halbe Million Franken zahlte der Kanton 2024 an das Bistum. Das Geld wird unter anderem für einen Teil des Lohns des Bischofs und der jeweiligen Domherren verwendet. Dabei handelt es sich um normale Steuergelder, keine Kirchensteuer. Bedeutet: Auch wer aus der Kirche ausgetreten ist, zahlt in Solothurn für den Lohn des katholischen Bischofs. Das sind viele: Gemäss Bundesamt für Statistik sind die Konfessionslosen in Solothurn die grösste Gruppe. Katholisch sind knapp 30 Prozent der Bevölkerung.
«Auch bei der Kirche müssen wir hinschauen»
Grünen-Kantonsrätin Marlene Fischer (29) will den Mechanismus nun korrigieren. «Wir führen eine riesige Spardebatte, auch bei der Kirche müssen wir hinschauen.» Die Lösung sei nicht mehr zeitgemäss. «Der Vertrag stammt aus einer Zeit, in der es die Eidgenossenschaft noch nicht gab!» Fischer – die reformiert getauft wurde, aber aus der Kirche ausgetreten ist – will nun mit einem Vorstoss erreichen, dass der Vertrag überprüft und neu ausgelegt wird.
Doch ganz so einfach ist das nicht. Das sogenannte «Basler Konkordat» aus dem Jahr 1828 ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Eine Kündigungsklausel gibt es nicht, wie die Solothurner Regierung schreibt. «Gründe, welche es nach dem Völkerrecht gestatten würden, das Basler Konkordat zu kündigen oder zu suspendieren, liegen nicht vor.»
Fischer sieht das anders: «Vor 200 Jahren hatte die katholische Kirche anteilsmässig viel mehr Mitglieder. Somit hat sich eine grundlegende Bedingung des Vertrages geändert.» Sie hat sich von einem Kirchenrechtler beraten lassen. «Der Umgang mit den Missbrauchsfällen in der Kirche könnte ein weiterer Kündigungsgrund für den Vertrag sein.»
Ihr gehe es nicht darum, der Kirche zu schaden, sagt Fischer. «Gerade im sozialen Bereich, zum Beispiel bei den Notschlafstellen, ist die Arbeit der Kirche sehr wichtig. Aber die Bischofslöhne zu zahlen, ist nicht Aufgabe des Steuerzahlers.» Auch ohne Kündigung sei es möglich, den uralten Vertrag zu reformieren: «Der Kanton Solothurn könnte die Verantwortung der Kirche übertragen. Das wäre mein Ziel.»
Andere Vorstösse scheiterten
Neben Solothurn haben auch Bern, Luzern und Zug den Vertrag unterschrieben. Auch in den letztgenannten Kantonen wurde Unmut laut. Im Kanton Zug reichte Grünen-Generalsekretär Luzian Franzini einen ähnlichen Vorstoss ein. Er wurde abgelehnt. Gleich erging es einem Vorstoss im Luzerner Kantonsparlament im Oktober 2024.
Blick hat bei anderen Bistümern nachgefragt. Der Kanton Solothurn ist eine Schweizer Ausnahme. Die Kantone würden keine finanziellen Beiträge an den Bischofslohn von 7500 Franken monatlich leisten, heisst es aus dem Bistum Chur. Und auch im Bistum St. Gallen wird der Bischofslohn – etwa so viel, wie ein Gymilehrer verdient – von der Kirchensteuer bezahlt. In Sitten VS erhält der Bischof seinen Lohn von einer Stiftung.
Im Kanton Solothurn erklärt sich die Regierung nun aber bereit, den geänderten Antrag zu prüfen und Änderungen vorzuschlagen. Möglicherweise besprechen sie diese danach beim Jassen gleich direkt mit Bischof Gmür. Die Jassrunde im Oktober hat er gewonnen, doch eine Revanche scheint sicher.