Darum gehts
- Cham plant Durchfahrtsverbote mit Bussen für Kurzaufenthalte
- Kameras scannen Nummernschilder an Eingangstoren zur Kontrolle der Aufenthaltsdauer
- In Birsfelden wurden täglich 100'000 Franken an Bussgeldern eingenommen
Auf einen Schlag wurde das kleine Birsfelden BL international bekannt. Der Grund ist eine Bussenflut: Wer durch das Dorf fährt und sich weniger als 15 Minuten dort aufhält, muss 100 Franken bezahlen. So kamen in einer ersten Phase täglich 100'000 Franken zusammen. Nach kurzer Zeit ging es in die Millionen. Die Gemeinde will so verhindern, dass Autofahrer den Stau auf der Autobahn nach Basel umfahren.
Doch Birsfelden ist nicht allein. Im Kanton Zug will die Gemeinde Cham ebenfalls mit der umstrittenen Verkehrsregel experimentieren, wie «Zentralplus» berichtet. Wenn 2027 die Umfahrung zwischen Cham und Hünenberg eröffnet wird, muss man mindestens zehn Minuten im Dorf bleiben. Sonst gibt es eine Busse. So soll das Ortszentrum entlastet werden.
Abstimmung schon 2007
In Cham gibt es dann fünf «Eingangstore», dort werden Kameras stehen und die Nummernschildern scannen, erklärte der Zuger Baudirektor Florian Weber (44) bereits früher gegenüber der «Luzerner Zeitung». «Die Nummernschilddaten werden nach zehn Minuten wieder gelöscht, wenn die Ausfahrt nicht innerhalb dieser Zeit an einer anderen Pforte erfolgt.»
Wer weniger als zehn Minuten in Cham bleibt, soll 100 Franken bezahlen müssen. Ausgenommen sind beispielsweise Polizei- und Feuerwehrautos. Wer zudem durch die gleiche Pforte rein- und wieder rausfährt, hat nichts zu befürchten. «Mit einer Busse geahndet werden lediglich direkte Durchfahrten ohne Bezug zum Chamer Zentrum», betont Weber gegenüber der Zeitung. Ähnlich funktioniert das System auch in Birsfelden BL.
Die Baselbieter Gemeinde ist die erste, die das System umgesetzt hat. Doch in der Innerschweiz läuft die Planung schon seit vielen Jahren, wenn auch etwas unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit. 2007 stimmten die Chamerinnen und Chamer mit 58,3 Prozent zu. Im ganzen Kanton war es deutlich knapper: Nur eine hauchdünne Mehrheit von 50,34 Prozent sagte Ja. Die Durchfahrtsbeschränkungen hätten im Abstimmungskampf eine zentrale Rolle gespielt.
Ist das überhaupt erlaubt?
Allerdings: Ob solche Durchfahrtsverbote juristisch wasserdicht sind, ist noch unklar. Beide Gemeinden betonen die juristischen Abklärungen, die man im Vorfeld getroffen habe.
Doch selbst das Bundesamt für Strassen (Astra) hat Zweifel, wie es gegenüber Blick erklärte: «Aus unserer Sicht ist nicht von vornherein klar, dass die Massnahme verhältnismässig und im öffentlichen Interesse ist. Ferner stellt sich die Frage, ob es sich bei der Massnahme nicht um ein indirektes Roadpricing handelt», so Astra-Sprecher Jérôme Jacky mit Blick auf die Situation in Birsfelden BL. Roadpricing bedeutet, mit Gebühren den Verkehr zu lenken.
Nun dürften wohl bald die Richter entscheiden: Der TCS hat angekündigt, Gebüsste beim Gang vor die Gerichte zu unterstützen.