Darum gehts
- Eigenmietwert wird abgeschafft: 57,7 Prozent der Stimmberechtigten stimmten mit Ja
- Deutlicher Röstigraben: Romandie lehnte ab, Deutschschweiz stimmte dafür
- Befürworter investierten sieben Millionen Franken in die Abstimmungskampagne
Der Eigenmietwert, 1934 als Krisenabgabe eingeführt, war stets umstritten. 1999, 2004 und 2012 scheiterten Vorlagen zur Abschaffung oder Reduktion an der Urne. Nun hat es geklappt: 57,7 Prozent der Stimmberechtigten sagten Ja zur Abschaffung.
«Ein jahrzehntelanges Kapitel ist abgeschlossen», erklärte Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61, FDP) nach der Abstimmung vor den Medien. Frühstens 2028 soll der Eigenmietwert fallen. Doch wie kam es zu diesem Resultat?
Keine Neiddebatte entfacht
Die Schweiz ist ein Land der Mieterinnen und Mieter. Und doch hat das Stimmvolk am Sonntag entschieden, dass Eigentümer künftig finanziell entlastet werden. FDP-Präsident Thierry Burkart (50) sagt dazu gegenüber Blick: «Es zeigt, dass in unserer Gesellschaft keine Neidkultur vorherrscht.» Und wer künftig Wohneigentum anstrebe, sei diesem Traum dank des Volks-Ja etwas nähergekommen, so Burkart.
Gemäss Studien beteiligen sich Eigentümerinnen und Eigentümer im Schnitt öfter an Abstimmungen als Mietende. Dies allein kann das Ergebnis vom Sonntag jedoch nicht erklären. Das deutliche Resultat zeige, dass selbst Mieterinnen und Mieter den Eigenmietwert als «ungerecht» empfunden hätten, sagt SVP-Präsident Marcel Dettling (44). Die Reform entlaste aber auch viele Familien und ältere Menschen, die in den eigenen vier Wänden lebten, so der SVP-Präsident zu Blick.
«Bevölkerung lässt sich nicht kaufen»
Enttäuscht zeigte sich SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (37): «Uns ist es zu wenig gelungen, zu zeigen, dass die Vorlage ein Preisschild von zwei Milliarden Franken hat.» Von den Eigentümern erwarte die SP nun, «dass sie bei kommenden Abstimmungen die Anliegen der Mieter unterstützen», insbesondere wenn es um finanzielle Entlastungen gehe.
Die Befürworter haben für ihre Abstimmungskampagne tief in die Tasche gegriffen: Über sieben Millionen Franken hatten sie dafür vorgesehen. Mehrheitlich stellte dieses Geld der Hauseigentümerverband zur Verfügung.
Die sieben Millionen dürften ein neuer Rekord sein: Seit der Bund die Kampagnenbudgets veröffentlicht, hatte kein anderes Komitee mehr Geld. «Es wäre zu kurz gegriffen, wenn man sagen würde, die Schweizer Bevölkerung habe sich kaufen lassen», sagte Burkart.
Ein deutlicher Röstigraben
Das Ständemehr war am Sonntag, anders als vorhergesagt, nie in Gefahr: In 19 Kantonen wurde die Vorlage angenommen, in 7 abgelehnt. Dabei zeigte sich der Röstigraben selten so deutlich.
Die sechs Kantone der Romandie lehnten die Vorlage klar ab, ebenso klar sagten die anderen Kantone Ja. Einzige Ausnahme war Basel-Stadt: Der linke Stadtkanton hätte den Eigenmietwert mit rund 53 Prozent der Stimmen ebenfalls beibehalten wollen.
Man habe den Röstigraben schon bei der Debatte im Parlament beobachten können, erklärte Keller-Sutter am Sonntag. Es sei aber nicht so, dass die Romandie permanent überstimmt werde, so die Bundespräsidentin.
Manchmal gewinne die Deutschschweiz, manchmal die Rechte, manchmal die ländlichen Regionen. «Das ist halt so in der Schweiz. Wenn das Volk etwas will, dann muss man das möglich machen.»
Tourismusregionen sagten Ja
Auffällig war auch die Haltung der Gebirgskantone. Während ihre Regierungen die Vorlage zur Ablehnung empfahlen, sagten die Stimmenden in deutsch-, italienisch- und rätoromanischsprachigen Tourismusgebieten klar Ja. Eine Ausnahme bildete das Wallis.
Kantone mit vielen Ferienwohnungen hatten im Vorfeld vor Steuerausfällen gewarnt. Wie hoch diese nun tatsächlich ausfallen, wird sich erst zeigen. «Die Kantone werden künftig die Möglichkeit erhalten, eine besondere Liegenschaftssteuer auf Ferienwohnungen einzuführen», sagte Keller-Sutter.
Das Datum für die Inkraftsetzung steht noch nicht fest, stellte die Bundespräsidentin klar. Das Eidgenössische Finanzdepartement werde nun die Finanzdirektorenkonferenz (FDK) konsultieren und danach entscheiden. Die Kantone erhielten so genügend Zeit, um sich auf die Umstellung vorzubereiten.
Die neue Steuer sei ein wesentlicher Teil der Reform, sagte Keller-Sutter. Der Bund habe in der Finanzplanung ab 2029 mögliche Mindereinnahmen von 400 Millionen Franken eingestellt wegen der Streichung des Eigenmietwerts.
Dieses Element sei ein wichtiger Bestandteil der umfassenden Reform der Wohneigentumsbesteuerung. Die Konferenz der Kantonsregierungen hatte diese neue Sondersteuer vor dem Urnengang allerdings als «keine befriedigende Lösung» bezeichnet.