Monatelanger Stillstand
Die Verzögerungen beim AKW Gösgen treffen viele hart

Der Stillstand des Kernkraftwerks Gösgen hat drastische Folgen: Die Stromkonzerne Alpiq und Axpo verlieren Hunderte Millionen – und auch die Stadt Zürich muss mit Einbussen rechnen. Kritik kommt von der Schweizerischen Energie-Stiftung.
Publiziert: 17:22 Uhr
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Aktualisiert: vor 58 Minuten
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Das Kernkraftwerk Gösgen steht seit Mai still.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Kernkraftwerk Gösgen bleibt bis Februar 2026 abgeschaltet. Sicherheitsprüfung durch Ensi nötig
  • Neue Berechnungsmethode deckte mögliche Überlastungen bei Rohrbruch auf
  • Alpiq und Axpo rechnen mit Einbussen zwischen 140 und 170 Millionen Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Was ist denn beim Kernkraftwerk Gösgen los? Eigentlich sollte der Kühlturm längst wieder dampfen. Nach der planmässigen Jahresrevision im Mai wäre die Wiederinbetriebnahme für Ende Juni geplant gewesen. Aber Fehlanzeige – die Betreiber mussten den Start mehrmals verschieben.

Nun kommt die nächste Verzögerung: Gösgen wird auch in den nächsten sechs Monaten keinen Strom produzieren, wie am Freitag bekannt wurde. Gemäss aktueller Einschätzung der Betreiber sollte die Produktion erst Ende Februar 2026 wieder aufgenommen werden können. Was ist passiert?

Nachweise für die Aufsichtsbehörde

Mit einer neuen Berechnungsmethode wurde entdeckt, dass es im Fall eines Rohrbruchs bei einzelnen Leitungssystemen zu Überlastungen kommen könnte. Vor Wiederaufnahme der Produktion ist eine Prüfung und Freigabe durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) nötig.

Die Betreiber müssen der Atomaufsichtsbehörde nun aufzeigen, dass das Kernkraftwerk sicher betrieben werden kann. «Diese Nachweise sind sehr komplex, aufwendig und brauchen mehr Zeit als ursprünglich geplant», sagte Mediensprecherin Barbara Kreyenbühl schon Ende Juli zu Blick, als es zur letzten Verzögerung kam. Die Wiederinbetriebnahme erfolgt erst, nachdem das Ensi die Nachweise geprüft hat.

Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) fordert mehr Transparenz vom AKW auf Solothurner Boden. «Wäre es nur ein kleines technisches Problem, müsste Gösgen nicht so lange abgeschaltet bleiben», sagt Nils Epprecht, SES-Geschäftsleiter, zu Blick. Die wahre Dimension der Mängel am Werk werde verschleiert, mutmasst er. «Wenn die Allgemeinheit für einen halben Milliardenverlust aufkommen soll, muss sie auch erfahren, welche Risiken tatsächlich bestehen.»

Ausfall geht ins Geld

Die Folgen des Ausfalls sind tatsächlich happig. Der Ausfall macht den beteiligten Energiekonzernen Alpiq und Axpo einen Strich durch die Rechnung – konkret rechnet Alpiq beim operativen Geschäftsergebnis 2025 mit Einbussen zwischen 140 und 160 Millionen Franken. Axpo erwartet einen Minderertrag von 150 bis 170 Millionen Franken, verteilt auf die beiden Geschäftsjahre 2024/2025 und 2025/2026.

Auch für die Stadt Zürich könnte es teuer werden. Sie ist mit einem Anteil von 15 Prozent die drittgrösste Aktionärin des Kernkraftwerks. Ein weiteres halbes Jahr Ausfall des Kraftwerks hätte deshalb ebenfalls finanzielle Folgen für die Stadt – in welcher Höhe, ist noch offen.

Gösgen-Aktionäre wie Alpiq, Axpo und eben die Stadt Zürich müssen den fehlenden Strom nun anderweitig beschaffen. Wenn das nicht bei den eigenen Kraftwerken möglich ist, müssen sie ihn auf dem Markt einkaufen. Je nach Strompreis kann dies teurer werden.

Gemäss «Tages-Anzeiger» können zumindest die EWZ-Stromkunden aufatmen. Seit 2018 liefert das EWZ ausschliesslich Strom aus erneuerbarer Energie – den Atomstrom setzt das EWZ nur noch am Strommarkt ab. Darum habe der Ausfall von Gösgen keinen Einfluss auf die Stromtarife, sagt ein Sprecher.

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