Darum gehts
- Junge Ärzte gründen Vereinigung und wehren sich gegen Verzögerungen bei Facharzttiteln
- Wartezeit für Facharzttitel von 2 bis 3 Monaten auf 12 Monate gestiegen
- Behörde kommt nicht vorwärts, bisher schaltete sich der Bund nicht ein
Rund 150 junge Ärzte haben die Vereinigung «Nachwuchsmedizin Schweiz» gegründet. Ein wesentlicher Grund dafür: Sie hadern mit dem Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF). Es ist die einzige Organisation in der Schweiz, die Fachärzten die Zertifizierung erteilen darf. Das Papier ist für das Betreiben einer Praxis oder für Führungspositionen in Spitälern unerlässlich.
Das Problem: Das Institut benötigt mittlerweile zwölf Monate für die Ausstellung des Zertifikats. Mehr als 2500 Gesuche sind hängig. Die Ärzte stören sich nun an der «inakzeptablen Blockade».
Denn die Verzögerung kann verheerende Folgen haben. «Für einige Kollegen ist es ein Drama», sagt Alexis Bikfalvi, Assistenzarzt für Anästhesie am Universitätsspital in Lausanne VD. Er berichtet von einem Arzt, der daran ist, eine Praxis zu übernehmen, die Räume bereits gemietet und eine Praxisassistentin eingestellt hat. Nun könne er nicht arbeiten und müsse die Praxis finanzieren. Fachärzte in Spitälern bekommen ohne den offiziellen Titel zudem tiefere Löhne.
Bund soll Kontrolle übernehmen
Die Nachwuchsärzte haben nun ein Protestschreiben an das SIWF verfasst. Zudem richtete der Verband eine Beschwerde an das Eidgenössische Departement des Innern und fordert es auf, die Missstände im SIWF zu beheben. Der Bund müsse die Kontrolle übernehmen, denn: «Die kritische Situation gefährdet nicht nur den medizinischen Nachwuchs, sondern auch die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.»
Zum Hintergrund: Früher dauerte es zwei bis drei Monate, bis das Institut einen Titel ausgestellt hatte. Anfang dieses Jahres wurde die Dauer auf sieben Monate verlängert. Derzeit dauert es ein ganzes Jahr. Die Situation verschlechtert sich rapide, wie Blick im Mai aufgedeckt hatte.
Präsidentin ist weg
Absenzen, Burnouts, Kündigungen, die zunehmende Komplexität der Dossiers und zu penible Überprüfungen erklären die Verzögerungen des Instituts. Unter öffentlichem Druck hat SIWF-Präsidentin Monika Brodmann Maeder Ende September ihr Amt niedergelegt.
Noch im Mai hatte Brodmann Maeder eine Verkürzung der Fristen angekündigt. «Man hat uns versprochen, dass ab 2026 die Frist wieder drei Monate betragen würde», betont Alexis Bikfalvi, «aber das ist völlig illusorisch, denn wir haben jetzt Mitte Oktober und die Frist beträgt zwölf Monate. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das in zweieinhalb Monaten ändern soll.»
4000 Franken kostet die Erteilung des Titels. Laut Alexis Bikfalvi erwirtschaftet das SIWF jedes Jahr Gewinne und verfügt weitgehend über die finanziellen Mittel, um sich so zu organisieren, dass korrekte Fristen gewährleistet sind. «Das SIWF ist extrem profitabel, es hat eine Monopolstellung. Hätte es Sofortmassnahmen ergriffen und pragmatischere Verfahren eingeführt, hätte es das geschafft.»
Politiker: «Völlig inakzeptabel»
Auch in der Politik regt sich Widerstand. Ende Juli hatte FDP-Nationalrat Cyril Aellen (53, GE) eine Motion eingereicht, in der er forderte, dass die Erteilung der Titel wieder innert einer angemessenen Frist erfolgt. Im August beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion, da das SIWF «bereits Massnahmen ergriffen habe». Einige Wochen später wurde auf der Website des SIWF selbst eine weitere Verlängerung der Wartezeit auf zwölf Monate angekündigt.
Nationalrat Aellen zeigt sich unzufrieden. «Fristen von zwölf Monaten zu haben, ist völlig inakzeptabel und nicht zu rechtfertigen.»