Darum gehts
- Eigenmietwert-Abschaffung: Volk stimmt am 28. September über Systemwechsel ab
- Parlament einigt sich auf kompletten Wegfall und Kompromiss bei Steuerabzügen
- Steuerausfall von 1,7 Milliarden Franken, Kantone und linke Parteien dagegen
Bundesrat empfiehlt ein Ja zur Eigenmietwert-Abschaffung
Die Abschaffung des Eigenmietwerts bei der Bundessteuer soll Anreize für eine hohe private Verschuldung reduzieren und das Steuersystem vereinfachen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter wirbt am Freitag im Namen des Bundesrats für die Vorlage des Parlaments.
Die Befürworter des Systemwechsels kritisieren den heute steuerpflichtigen Eigenmietwert als eine ungerechte Abgabe auf Einkommen, die es nicht gebe. Trotzdem scheiterten in der Vergangenheit zahlreiche Versuche, den Eigenmietwert abzuschaffen.
Laut dem Bundesrat ist der neueste Reformversuch ausgewogen. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen, die weiterhin eine Vielzahl von Steuerabzügen zulassen wollten, beschränke die nun zur Abstimmung kommende Vorlage die Abzüge bei der direkten Bundessteuer auf ein Minimum und schränke damit auch die gesamtstaatlichen Mindereinnahmen ein.
Welche Folgen der Systemwechsel haben wird, hängt vom Zinsniveau ab. In der aktuellen Situation rechnet der Bund mit Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden von rund 1,8 Milliarden Franken. Ab einem Hypothekarzinsniveau von etwa drei Prozent würden gemäss den Schätzungen hingegen Mehreinnahmen für die öffentliche Hand resultieren. (SDA)
Medienkonferenz beendet
Die Fragerunde ist nun zu Ende, damit ist auch die Medienkonferenz abgeschlossen.
«Als ich noch jung war...»
Der Bundesrat kämpfe für ein Sparpaket und wolle gleichzeitig eine Vorlage, die Steuerausfälle zur Folge habe, sagt ein Journalist. Wie gehe das zusammen? «Das ist ein momentaner Ausfall und es ist eine übergeordnete Frage für den Bundesrat», so Keller-Sutter. Die Bevölkerung solle das jetzt entscheiden.
Die Ausfälle würden auch massgeblich vom Hypothekarzinssatz abhängen. «Als ich noch jung war und mit meinem Mann über Wohneigentum gesprochen habe, da kann ich mich an 7, 8 Prozent Hypothekarzinssatz erinnern», so Keller-Sutter. Der Zinssatz sei eigentlich der Treiber der Ausfälle.
«Schuldniveau soll nicht belohnt werden»
Was bringt diese Reform genau, fragt jemand. «Diese Reform begünstigt jene Eigenheimbesitzer, die ihre Hypothek weitgehend abbezahlt haben», antwortet Keller-Sutter. «Sie begünstigt also nicht, hohe Schulden zu machen.» Diese Vorlage bringe auch eine Vereinfachung in der gesamten Handhabe des Eigentums. «Insbesondere soll das Schuldenniveau nicht belohnt werden.»
Wieso soll Bergbevölkerung Ja sagen?
Die Bergkantone fürchteten enorme Ausfälle beim Systemwechsel. Wieso sollte die Bergbevölkerung trotzdem annehmen, fragt eine Journalistin.
«Gerade wegen Wallis, Tessin und Graubünden hat der Nationalrat die Verfassungsänderung ins Spiel gebracht», sagt Keller-Sutter. Die neue Bestimmung gibt den Kantonen die Grundlage, um die Zweitliegenschaften weiterhin zu besteuern.
Wer profitiert?
«Ob der Eigenheimbesitzer mit der Abschaffung des Eigenmietwerts besser oder schlechter fährt, hängt massgeblich von einzelnen Faktoren ab», sagt Tamara Pfammater, Direktorin der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Etwa davon, wie viele Unterhaltsarbeiten anstehen.
Weniger Aufwand bei der Steuererklärung
Für Steuerbehörden bedeute die Vorlage weniger Aufwand. Sie müssten weniger kontrollieren und die schwierige Schätzung des Eigenmietwerts entfalle. Auch für die Steuerpflichtigen würde der Aufwand verringert. Sie müssten etwa weniger Belege einreichen.
Wollte «den Fünfer und das Weggli»
Für Bundesrat und Parlament sei bei der Reform entscheidend, dass sie ausgewogen sei. Verschiedene Vorstösse im Parlament seien zuvor gescheitert, weil man «sozusagen den Fünfer und das Weggli» wollte. Sie spricht die Steuerabzüge an, die bei vorherigen Anläufen nicht abgeschafft wurden.
Mindereinnahmen von 1,8 Milliarden
Keller-Sutter erläutert nun die Auswirkungen der Reform. In erster Linie seien Besitzer von Eigenheimen betroffen. Wie sich die Reform auswirke, sei abhängig von verschiedenen Faktoren, wie etwa dem Hypothekarzinsniveau.
Auch die Auswirkungen auf die öffentliche Hand sei davon abhängig. Beim aktuellen Referenzzinssatz werden die Mindereinnahmen für die öffentliche Hand auf 1,8 Milliarden geschätzt. Davon entfallen 1,4 Milliarden auf die Kantone.
Kantone können neue Steuer einführen
Den Bedenken der Tourismus soll Rechnung getragen werden, sagt Keller-Sutter. Ein Ja würde den Kantonen erlauben, eine besondere Liegenschaftssteuer auf Zweitwohnungen zu erheben. Dies soll die wegfallenden Einnahmen zumindest teilweise wettmachen. Ob diese Steuer tatsächlich eingeführt wird, entscheiden die Kantone selber.
Bundesrat begrüsst kompletten Systemwechsel
Seit Jahren werde im Parlament breit über die Abschaffung des Eigenmietwerts diskutiert, so Keller-Sutter. Die Vorlage gehe auch auf einen parlamentarischen Vorstoss vom Jahr 2017 zurück. Es ist also keine Vorlage des Bundesrats.
Der Bundesrat habe damals in der Vernehmlassung der parlamentarischen Initiative den kompletten Systemwechsel verlangt, wie das in der jetzigen Vorlage der Fall ist. Der Eigenmietwert wird also sowohl bei Erst- und Zweitliegenschaften abgeschafft. Zusätzlich werden viele Möglichkeiten für Steuerabzüge abgeschafft.
Soll der Eigenmietwert abgeschafft werden? Mehr als sieben Jahre haben National- und Ständerat um den Systemwechsel gefeilscht, der für Hausbesitzer grosse Auswirkungen haben wird. Nun hat am 28. September das Stimmvolk das letzte Wort.
Am Freitag um zehn Uhr tritt Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) vor die Medien und präsentiert die Argumente des Bundesrats. Blick berichtet live.
Einigung in zwei grossen Streitpunkten
Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Hauseigentümer zusätzlich zum tatsächlichen Einkommen versteuern müssen. Für die Bürgerlichen ist klar: Dies ist ein alter Zopf und gehört abgeschafft.
Dafür gab es schon mehrere Anläufe, doch alle sind gescheitert. Das Parlament hat sich nun in zwei zentralen Streitpunkten geeinigt. Erstens entschied es, dass der Eigenmietwert komplett wegfällt, auch für Zweitliegenschaften. Und auch bei den Steuerabzügen hat man einen Kompromiss gefunden. Ein Teil der Abzüge soll abgeschafft werden, zum Beispiel die Abzüge für Renovationen und Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen.
SP und Grüne dagegen
Keine Freude an der Vorlage haben die Kantone. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schätzt den Steuerausfall auf 1,7 Milliarden Franken, einen Grossteil davon würden die Kantone einbüssen. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) stellt sich deshalb gegen die Reform.
Auch SP und Grüne sind gegen eine Abschaffung. Für sie kommt dies nur infrage, wenn auch möglichst alle Steuerabzüge gestrichen werden. Die jetzige Vorlage genügt ihnen in dieser Hinsicht nicht, zudem sehen sie Mieter und Mieterinnen auf der Verliererseite.