Kanns noch abgewendet werden?
Bitteres EU-Gesetz für Schweizer Schoggi

Die EU verbietet das gesundheitsgefährdende Bisphenol A. Das stellt die Schweizer Schoggifirmen vor Probleme. Doch das Verbot des Hormongifts komme zu spät, sagt eine Expertin.
Publiziert: 27.08.2025 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2025 um 08:19 Uhr
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Schokoladenformen bereiten den Herstellern Sorgenfalten.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • EU will Bisphenol A in Lebensmittelkontakt verbieten, das betrifft die Schweizer Schokoladenproduktion
  • Schokoladenhersteller suchen nach Alternativen für Polycarbonat-Formen ohne BPA
  • Ab Mitte Januar 2028 sollen BPA-haltige Formen nicht mehr verkauft werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Es geht um den süssen Stolz der Schweiz: die Schokolade. Die Gefahr kommt ausgerechnet aus Brüssel. Die EU will die Chemikalie Bisphenol A (BPA) im Kontakt mit Lebensmittel verbieten. Doch um Schoggi zu giessen, werden überwiegend Formen aus Polycarbonat eingesetzt – «ein Material, das Bisphenol A enthalten kann», sagt Roger Wehrli (46), Direktor des Branchenverbands Chocosuisse.

Die Schweiz will die EU-Regel übernehmen, «da viele Produkte in die EU exportiert werden und somit deren Vorgaben erfüllen müssen», antwortet der Bundesrat auf einen Vorstoss von FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (65, VD). Ab Mitte Januar 2028 sollen sie nicht mehr verkauft werden dürfen und ein Jahr später aus dem Verkehr gezogen werden.

Gesundheitsrisiko, aber keine Alternativen

Die heutigen Formen würden sich durch Präzision, Langlebigkeit und Lebensmitteltauglichkeit auszeichnen, sagt Wehrli. Aber sie haben einen gewichtigen Nachteil: Bisphenol A stelle ein Gesundheitsrisiko für die Verbraucher dar, schreibt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Die chemischen Stoffe könnten sich aus dem Material lösen und in die Lebensmittel übergehen.

«Noch ist unklar, ob es gleichwertige Alternativen gibt, die hygienisch, technisch und wirtschaftlich mithalten können», sagt Wehrli. «Derzeit gibt es keinen gleichwertigen Ersatz für BPA-haltige Formen mit vergleichbarer Funktionalität und Lebensmittelsicherheit.»

Die Umstellung geht für die Firmen ins Geld. «Formen sind meistens Spezialanfertigungen – ein kompletter Ersatz kann je nach Betrieb sehr hohe Kosten verursachen. Gerade auch für kleinere Betriebe ist das ein gravierender Kostenfaktor.»

Bei der Schokolade bestehe keine Gefahr einer BPA-Kontaminierung, so Wehrli. Ein relevanter Übergang aus den Formen in die Schokolade hätte in der Praxis bislang nicht nachgewiesen werden können. «Die Schokolade hat nur sehr kurzen Kontakt mit den Formen und das bei tiefen Temperaturen.»

Verbot kommt zu spät

Jane Muncke bezweifelt, dass in der Schokolade kein BPA vorkommt. Sie ist Umwelttoxikologin und Leiterin des Food Packaging Forums. «Schon kleinste Mengen sind gesundheitsgefährdend.» Die Chemikalien würden in das Hormonsystem eingreifen. «Das kann zu Diabetes, Unfruchtbarkeit, Allergien oder Krebs führen.»

Das Verbot komme zu spät, sagt Muncke. «Man sieht in den Gesundheitsstatistiken, dass beispielsweise mehr junge Männer unfruchtbar sind als früher. Das kann eine Folge von BPA sein.»

Für die Sorgen der Schokoladenhersteller hat sie wenig Verständnis. «Das BPA gefährlich ist, weiss man seit über 30 Jahren. Die Firmen hätten genug Zeit gehabt, nach Alternativen zu forschen.» Tatsächlich gibt es für Babyflaschen und Thermopapier schon seit einigen Jahren ein Verbot.

Ein Hoffnungsschimmer für die Schoggihersteller bleibt. Die EU hat für Juli 2026 eine Neubewertung vorgeschlagen, abhängig davon, ob alternative Formen verfügbar sind. «Sollte die EU die Übergangsfristen für das Verbot für Schokoladenformen verlängern oder eine entsprechende Ausnahmeanwendung vorsehen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Schweiz diesem Beispiel folgt», schreibt der Bundesrat.

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