Darum gehts
- SBB planen Doppelspurausbau in Lottstetten
- Anwohner fürchten Lärmbelästigung und Einschränkungen durch geplante Lärmschutzwände
- 670 Personen haben bereits eine Petition gegen das Projekt unterschrieben
In der süddeutschen Gemeinde Lottstetten herrscht grosser Aufruhr. Grund sind die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Sie wollen nämlich auf der Strecke zwischen Zürich und Schaffhausen einen ganztägigen Halbstundentakt einführen. Und dafür muss die Bahnlinie mitten in der 2300-Seelen-Gemeinde doppelspurig ausgebaut werden. Der Startschuss für die Arbeiten soll Anfang 2027 fallen.
Nicht, wenn es nach den Lottstetterinnen und Lottstettern geht. In der Gemeinde formiert sich Widerstand gegen das Projekt. Anwohnende fürchten nächtlichen Baulärm und speziell die geplanten Lärmschutzwände, wie der «Südkurier» berichtet. Die sollen teils direkt durch ihre Gärten führen. Gegenüber dem Südwestrundfunk klagt jemand, dass die Stützmauern sogar bis an die Hauswand reichen würden – auf der Seite des Haupteingangs. «Ich habe Probleme mit dem Laufen, und sie machen mir den Eingang zu», so der Betroffene. «Ich komme gar nicht mehr ins Haus rein.»
Rundumschlag gegen die Schweiz
Unter dem Titel «Doppelspurausbau Lottstetten: Ja, aber nicht so! Wir hier haben auch Rechte!» wurde nun eine Petition gestartet. Es haben bereits 670 Personen unterschrieben. Die Petitionäre lassen durchblicken: Sie glauben nicht, dass der Ausbau auf deutschem Boden Zufall ist. Es sei «nicht zu erkennen, dass der Schweizer Bevölkerung ähnliche Belastungen bei so geringer Entschädigung zugemutet werden», heisst es auf der Website.
Und die Widerständler holen gleich zum Rundumschlag gegen die Schweiz aus. Wenn vom kleinen Nachbarland die Rede sei, denke man zwar sofort an höchste Qualität und Präzision. «Doch wie sicher ist die Schweiz?», fragen sie. Als Beispiele von «Realität, abseits von Selbstüberschätzung» werden verschiedenste Beispiele gelistet. Etwa Schnellabschaltungen beim AKW Beznau, ein Eisenbahnunfall im Bahnhof Zürich-Affoltern vom Jahr 1994 oder die Sandoz-Katastrophe von 1986.
Bürgermeister will Ausbau in Zürich
Lottstettens Bürgermeister Andreas Morasch steht dem Bauvorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, wie er erklärt. Aber er ist sich auch sicher: «Fahrpläne kann man verbiegen.» Er will per Gutachten beweisen, dass der Ausbau auch ausserhalb seiner Gemeinde möglich und sinnvoll ist – etwa auf leeren Flächen in Rafz ZH.
Gemäss den SBB wurde die Verlagerung der Ausbaupläne in die Umgebung von Rafz bereits untersucht. Eine Sprecherin führt logistische und technische Probleme ins Feld: Dafür seien zusätzliche Infrastrukturbauten nötig, und es würde zur Beeinträchtigung der Transportketten und koordinierten Fahrpläne in der Schweiz und Deutschland führen. Die SBB teilen ausserdem mit, dass man mit verschiedenen Massnahmen die Belastungen für die Anwohnenden so gering wie möglich halten will. Lärmintensive Arbeiten würden auf ein Minimum reduziert.
Neben Lärm geht es allerdings auch um den Verlust von Landflächen. Laut Bürgermeister Morasch soll es in Einzelfällen zu Enteignungen kommen. Die Lottstetter und Lottstetterinnen dürften also weiterhin Widerstand leisten. Neben der Petition bieten sie ebenfalls Hilfe an, gegen das Projekt Einsprache zu erheben.