Zu teuer, zu aufwendig: Rösti bremst Bahnausbau
«Diese Projekte sind in absehbarer Zeit gar nicht realisierbar»

Zürich, Winterthur, Basel, Luzern, St.Gallen: Verkehrsminister Albert Rösti zerschlägt die Hoffnungen der Kantone, ihre Bahnausbauten planmässig umzusetzen. Höchstens «zwei Drittel» seien möglich.
Publiziert: 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 07:09 Uhr
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Alles wird nochmals überprüft: Bundesrat Rösti vor dem Gotthard-Basistunnel 2024.
Foto: keystone-sda.ch
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Herr Bundesrat Rösti, im Inland gibt es vonseiten der Kantone eine lange Wunschliste von Bahnprojekten.
Es müssen sehr viele Investitionen in unsere Bahnhöfe getätigt werden. 2009 hat man sich für den sogenannten Fahrplan 35 vorgenommen, die Kapazität um 20 Prozent zu erhöhen, und dafür im Parlament Kredite im Umfang von 28 Milliarden Franken beschlossen. Wenn Sie das mit dem Gesamtbudget aller Jahresausgaben des Bundes von über 80 Milliarden vergleichen, sehen Sie, wie viel Geld das ist. Das sind gewaltige Investitionen. Und es wird noch teurer.

Weshalb?
Auf wichtigen Linien soll statt des bisherigen 40- oder 30-Minuten-Takts der Viertelstundentakt gelten. Jetzt haben die SBB festgestellt, dass sie dafür zusätzliche Investitionen brauchen, und sind auf 14 Milliarden Franken Mehrkosten gekommen – zusätzlich zu den 28 Milliarden. Dann sind wir bei 42 Milliarden. Das ist eine enorme Summe. Und obendrauf kommen jetzt noch sechs neue Projekte, die nochmals über 20 Milliarden kosten würden.

Können Sie nochmals ausführen, welche Projekte das sind?
Das sind die Strecken Lausanne–Bern, Aarau–Zürich, Ausbauten in Winterthur und St. Gallen sowie die Bahnhöfe Luzern und Basel, dazu der Grimseltunnel.

Und für all das reicht es nicht?
Alle Projekte haben ihre Berechtigung. Aber es gibt ein Problem: Sie sind in absehbarer Zeit gar nicht realisierbar. Es ist schon rein technisch kaum mehr möglich, in den nächsten 20 Jahren mehr als zwei Drittel dieser Projekte umzusetzen.

Das müssen Sie erklären.
Im Moment investieren wir in Neubauten, also Zubauten, Kapazitäten, Ausbauten, etwa 1,5 Milliarden Franken jährlich. Das Ganze muss noch aus dem Bahninfrastrukturfonds finanziert werden. Wobei die Finanzen zwar begrenzt, aber der kleinere Faktor sind, immer unter Berücksichtigung der Schuldenbremse. Der grössere Faktor ist, dass die betroffenen Linien in Betrieb sind. Das schafft massive zeitliche Restriktionen beim Ausbau. Darum sage ich, dass wir eine Prioritätensetzung brauchen. Wir müssen auch die bereits beschlossenen Projekte nochmals überprüfen.

Also auch die für den Fahrplan 35 bis jetzt beschlossenen Projekte?
Ja. Wir unterziehen auch das, was bereits beschlossen ist, nochmals einer Überprüfung durch die ETH unter Professor Ulrich Weidmann und seinem Team, um den Handlungsspielraum zu erhöhen. Vielleicht wird man dann sehen, dass eines der neuen Projekte dringender ist als eines, das schon beschlossen ist.

Nochmals: Was würde es bedeuten, wenn Sie alle sechs Projekte einfach in Angriff nähmen?
Man hätte jetzt einfach sagen können: Okay, wir machen die sechs Projekte, und die baut man dann halt einfach bis ins Jahr 2060. Es gibt sogar Projekte, die erst im Jahr 2080 fertiggestellt werden könnten. Das ist nicht seriös und für die Leute keine Perspektive. Ich erachte mich als für die nächste Generation zuständig. Mit dem Projekt Verkehr 45 will ich Bundesrat und später dem Parlament jene Massnahmen vorschlagen, die in den nächsten 20 Jahren für die Bewältigung der Mobilität notwendig, realisierbar und finanzierbar sind.

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