Ex-Chefbeamte rechnen mit Sicherheits-Checks beim Bund ab
«Sogar meine Kinder und Ehefrau wurden durchleuchtet»

Zwei ehemalige Chefs von Bundesämtern reden Klartext: Die Sicherheitsprüfungen beim Bund seien entwürdigend, die Fragen indiskret – und das Ganze bringe kaum Erkenntnisgewinn.
Publiziert: 00:03 Uhr
|
Aktualisiert: vor 57 Minuten
1/7
Hohe Beamte, die im Bundeshaus arbeiten wollen, werden einer Sicherheitsprüfung unterzogen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Ehemaliger Chefbeamter kritisiert Sicherheitsüberprüfungen des Bundes
  • Er bemängelt, dass auch die Internet-Auftritte seiner Kinder ausgewertet wurden
  • Die Fragen seien schlicht ohne grossen Erkenntnisgewinn
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Deborah_Bischof_Redakteurin Politik_Blick_2-Bearbeitet.jpg
Deborah BischofRedaktorin Politik

Sie fragen nach Steuererklärungen, Affären und Vorstrafen – für den ehemaligen Chefbeamten Peter Füglistaler (65) soweit nachvollziehbar. Die Sicherheits-Checks beim Bund müssen streng sein. Was für ihn, der lange zu den mächtigsten Amtschefs in Bundesbern gehörte, jedoch grenzwertig ist: Auch die Online-Auftritte seiner Kinder seien durchleuchtet worden, zudem habe seine Ehefrau ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssen.

Auf der Plattform Linkedin macht er seinem Ärger Luft. «Wenn es einen Tiefpunkt in meinem Leben als Chefbeamter des Bundes gab, dann waren dies die regelmässigen Sicherheitsüberprüfungen», schreibt er. Während seiner 14 Jahre als Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV) musste er sich dreimal solchen Prüfungen unterziehen.

Sein Urteil? Vernichtend! «Ich habe die Überprüfung der Schweizer Eidgenossenschaft als unwürdig und dilettantisch empfunden. Sie könnte massiv abgespeckt werden, ohne den geringsten Verlust an Erkenntnisgewinn», wettert Füglistaler. 

Befragungen ohne Erkentnisgewinn

Bei den ersten beiden Prüfungen seien ihm genau jene Fragen gestellt worden, über die kürzlich auch anonyme Quellen in einem SRF-Artikel berichteten – etwa, ob er pornografische Websites besuche oder aussereheliche Beziehungen habe. Gegenüber Blick bestätigt Füglistaler diese Darstellung und betont, dass er Sicherheitsüberprüfungen für höhere Beamte nicht grundsätzlich ablehne.

Die Prüfungen werden von der Bundeskanzlei durchgeführt und sollen die Integrität und Vertrauenswürdigkeit der Beamten sicherstellen, allem voran, dass diese nicht erpressbar oder bestechlich sind und frei entscheiden können. Neben Unterlagen werden dazu auch öffentliche Quellen konsultiert und Befragungen durchgeführt.

Alles kein Problem, solange sie den Zweck erfüllen. Das bezweifelt jedoch Füglistaler. Ein Profiler habe eine Excel-Liste mit seinen Wertschriftenanlagen geführt und geschaut, ob es über die Jahre unerklärliche Vermögenszuwächse gegeben habe. «Wie wenn irgendjemand Bestechungsgelder bei der Hausbank anlegen und versteuern würde», stellt Füglistaler ironisch fest.

Dazu kommt: Die Befragungen seien so durchsichtig gewesen, dass man mit Recht in seiner Anstellung gefährdet gewesen sei, wenn man sie falsch beantwortet hätte.

Bundeskanzlei verweist auf das Gesetz

Zuspruch gibts von Nicoletta della Valle (65). Sie war fast zehn Jahre Chefin des Bundesamts für Polizei (Fedpol). «Wenn ich etwas zu verbergen gehabt hätte, die Profiler hätten es nicht herausgefunden», kommentiert sie Füglistalers Post. Laut Della Valle würden Personen die Sicherheitsprüfung bestehen, obwohl sie regelmässig Drogen konsumieren, ihre Partnerin betrügen oder den Arbeitgeber belügen. Sie kommt daher zum gleichen Schluss wie Füglistaler: «Entweder muss die Prüfung abgespeckt oder professionalisiert werden.»

Was sagt die Bundeskanzlei zu den Vorwürfen? Gegenüber Blick verweist sie auf die geltende Rechtsgrundlage. Diese sieht vor, dass im Rahmen der Sicherheitsprüfung auch Daten zur Lebensführung der betroffenen Person erhoben werden – darunter enge persönliche Beziehungen, familiäre Verhältnisse, finanzielle Situation und Auslandsverbindungen. Bei einem konkreten Verdacht auf ein Sicherheitsrisiko könnten auch Aspekte des Intimlebens thematisiert werden.

Warum jedoch auch Informationen über Füglistalers Kinder und Ehefrau ausgewertet wurden, lässt die Bundeskanzlei offen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?