Darum gehts
- Schweizer Armee-Drohnenprojekt verzögert sich erneut, Abbruch möglich
- Verteidigungsminister fordert Analyse und Optionen für das Projekt
- 17 Top-Projekte werden überprüft, 300 Millionen Franken bereits investiert
Seit Ende 2019 sollten die sechs neuen Aufklärungsdrohnen der Armee im Einsatz sein. Doch die 300 Millionen Franken teuren Fluggeräte des israelischen Herstellers Elbit sind noch lange nicht betriebsbereit. Die Verspätungen aufgrund von Zulassungen, technischen Anpassungen für Spezialwünsche der Schweiz sowie von Software- und anderen Problemen sind kaum mehr überschaubar.
Schon dreimal hat die eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) das Projekt durchleuchtet und Kritik geübt. Zuletzt setzte Armasuisse den Termin für die Inbetriebnahme der Drohnen auf 2026 fest. Nun zeigt sich laut dem «Tages-Anzeiger» aber: Das Projekt wird sich erneut verspäten. «Ich bin der Meinung, dass sich der Zeitplan nicht halten lässt, die Drohnen bis 2026 fertig zu entwickeln», sagt Armasuisse-Chef Urs Loher auf Anfrage der Zeitung.
Es droht ein 300-Millionen-Debakel
Das Projekt könnte sogar ganz abgebrochen werden: Der neue Verteidigungsminister Martin Pfister (61) hat Armasuisse angewiesen, das Projekt zu durchleuchten und Optionen aufzuzeigen. Ein Abbruch ist ausdrücklich eine der Möglichkeiten.
Man sei jetzt «an einem Punkt angelangt, wo sich die Frage stellt, ob der berühmte letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht hat», sagte Loher auch in einer Aufzeichnung der SRF-«Samstagsrundschau». Dieser letzte Tropfen beziehe sich auf das automatische Landesystem, das im September hätte geliefert werden sollen. Das israelische Unternehmen Elbit habe die Frist nicht einhalten können, worauf das VBS die Frist auf Januar und den 30. Juni erstreckt habe. Doch «auch diese beiden Meilensteine wurden nicht erfüllt», sagte Loher.
Allerdings hat die Schweiz einen Grossteil der rund 300 Millionen Franken, die das Drohnen-Projekt kostet, schon gezahlt. Es besteht die Gefahr, dass ein Grossteil dieser Investitionen bei einem Abbruch verloren ginge. Weiter wäre mit Klagen und Gegenklagen zu rechnen.
Pfister lasse auch alle Top-Projekte und je nach Risiken weitere Projekte analysieren, so ein VBS-Sprecher. Betroffen seien nicht weniger als 17 Projekte.
Lange Pannen-Serie
Die Problemserie der Hightech-Drohne hält schon lange an. So stürzte etwa das erste für die Schweiz produzierte Gerät 2020 bei einem Testflug in Israel ab. Früher ergaben sich Schwierigkeiten bei den Anpassungen an Schweizer Anforderungen. Der Schwerpunkt musste anders positioniert werden, weil die Schweiz schwerere Diesel- statt der herkömmlichen Benzinmotoren wollte. Ausserdem mussten Enteisungsgeräte für die hiesigen klimatischen Bedingungen eingebaut werden.
Es bestehen weiterhin technische Mängel: So könnten die Drohnen etwa mit Vögeln oder Gleitschirmfliegern zusammenprallen, wie das Schweizer Fernsehen Anfang Jahr berichtete. Wird das Problem nicht gelöst, müssten die Drohnen von «einem Hubschrauber oder einem Flugzeug» begleitet werden.
Das Beschaffungsprojekt war vor 16 Jahren erarbeitet und mit dem Rüstungsprogramm 2015 bewilligt worden.