Es war die frühere Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle (64) höchstpersönlich, die im Oktober 2024 ein Einreiseverbot gegen den österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner (36) erlassen hat. Dies zeigt ein neuer Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates. Die Gruppierung Junge Tat hatte Sellner in Zürich auftreten lassen wollen. Ob ein Einreiseverbot angebracht ist, müssen die Behörden abwägen – im Spannungsfeld zwischen der inneren Sicherheit und der Meinungsfreiheit.
Der Kanton Zürich wollte ein Einreiseverbot verhängen. Die Beamten des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) kamen allerdings zu einem anderen Schluss. Sie hätten Sellner einreisen lassen wollen. Doch eine Intervention aus Zürich bei der Fedpol-Direktorin brachte die Wende. Sie pfiff ihre Beamten zurück. Laut dem Bericht der ständerätlichen Aufsichtskommission begründete dies della Valle so: Ihre Beamten seien wasserfest, ihnen fehle aber die Gesamtsicht. Sie als Direktorin habe «eine breitere Perspektive» heisst es im Bericht.
Departement von Beat Jans soll genauer hinschauen
Einen ähnlichen Ablauf gab es im Januar 2025. Auch da überstimmte della Valle ihre Beamten. Damals ging es um einen propalästinensischen Aktivisten, der laut der Zürcher Polizei «terroristische Aktionen (...) legitimiert oder implizit gefordert» haben soll. Er wurde dann beim Einreiseversuch festgenommen und in ein Flugzeug nach Istanbul gesetzt.
Das Argument: Er könnte «die örtliche Szene so aufwiegeln, dass eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit» entstehen könnte. Das Staatssekretariat für Migration hatte allerdings, so die Aufsichtskommission, «keine Gründe» gefunden, «die ein Einreiseverbot rechtfertigen würden».
Die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission rät dem Fedpol, seine Akten besser zu führen. Denn offenbar fehlten wesentliche Einträge, um die Entscheide nachvollziehen zu können. Auch solle Bundesrat Beat Jans (61) in seinem Amt die Entscheidkompetenzen genauer regeln und eindeutigere Kriterien für Einreiseverbote festlegen. Zudem müsse das Departement Jans seine Aufsichtsfunktion gegenüber den Ämtern besser wahrnehmen, kritisiert die Kommission.