Darum geht es bei der Eigenmietwert-Abstimmung
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Erklärvideo:Darum geht es bei der Eigenmietwert-Abstimmung

Eigenmietwert kurz erklärt
Wer den Kürzeren zieht – und wer gewinnt

Am 28. September entscheidet das Stimmvolk über die Abschaffung des Eigenmietwerts. Blick zeigt auf, wer vom Systemwechsel profitieren und wer verlieren würde.
Publiziert: 13:50 Uhr
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Aktualisiert: vor 33 Minuten
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Am 28. September wird über die Abschaffung des Eigenmietwerts abgestimmt.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Eigenmietwert-Abschaffung: Bürgerliche Mehrheit für Systemwechsel, Abstimmung am 28. September
  • Ältere Hausbesitzer und Erstkäufer profitieren, Mieter und Bergkantone könnten verlieren
  • Staatskasse: Mögliches Loch von fast 2 Milliarden Franken bei Abschaffung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Es ist ein hochemotionales Thema: die Abschaffung des Eigenmietwerts. Nach einem jahrelangen Feilschen im Parlament fand sich eine bürgerliche Mehrheit für den Systemwechsel. Am 28. September stimmt die Schweizer Bevölkerung darüber ab. Es könnte knapp werden

Wie würde sich ein Ja auf das Portemonnaie von Mietern, Hausbesitzerinnen, Jungen und von Kantonen auswirken? Blick macht den Check.

Wer sind die Profiteure?

Die meisten Hausbesitzer

Wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung besitzt und selbst bewohnt, müsste künftig keine Einnahmen mehr versteuern, die durch eine Vermietung des Eigenheims hätten, erzielt werden können. Im Gegenzug könnten sie aber die Hypothekarzinsen und die Unterhaltskosten nicht mehr von den Steuern abziehen. Als Faustregel gilt: Wer heute mehr Eigenmietwert versteuern muss, als er über Abzüge sparen kann, profitiert von der Abschaffung.

Ältere Hausbesitzer

Besonders ältere Hausbesitzer profitieren von der Abschaffung des Eigenmietwerts. Laut Daten der Bundesverwaltung würden 88 Prozent der Eigentümer im Rentenalter weniger Steuern zahlen, erinnerte der Ökonom Marius Brülhart in einem Cash-Interview. Viele haben ihre Hypotheken bereits weitgehend abbezahlt und können von Abzügen nicht mehr profitieren. Für sie ist der Eigenmietwert in den letzten Jahren zu einer reinen Steuerbelastung geworden. Mit der Abschaffung fällt diese weg.

Junge und Erstkäufer

Erstkäufer hätten für einige Jahre einen finanziellen Vorteil: In den ersten zehn Jahren können sie nämlich einen beschränkten Schuldzinsenabzug geltend machen. Und bei Neubauten fallen in der Regel geringe Unterhaltskosten an. Allerdings könnten die Immobilienpreise insgesamt steigen, weil es attraktiver wird, in sie zu investieren. 


Wer sind die Verlierer?

Eigentümer von älteren Liegenschaften

Für Besitzerinnen und Besitzer von Immobilien mit grossem Sanierungsbedarf dürfte die Reform nachteilig sein. Denn die Möglichkeit, Unterhalts- und Renovationskosten bei der direkten Bundessteuer abzuziehen, fällt weg. Auch Investitionen in die Energieeffizienz – etwa für neue Heizungen oder bessere Isolation – wären davon betroffen.

Handwerker und Baugewerbe

Maler, Sanitärbetriebe oder Dachdecker profitieren vom heutigen System der Steuerabzüge. Einige befürchten ohne Eigenmietwert weniger Aufträge, da Renovationen steuerlich nicht mehr attraktiv sind. Zudem rechnen sie damit, dass der Schwarzarbeits-Anteil bei Sanierungen steigt, wenn Abzüge nicht mehr geltend gemacht werden können. Der Gewerbeverband ist auf nationaler Ebne zwar für die Abschaffung, nicht alle kantonalen Sektionen folgten dem aber. 

Mieter

Die Mieterinnen und Mieter sind zwar vom Eigenmietwert nicht direkt betroffen. Die Frage ist aber, wie Bund und Kantone mit den Einnahmeausfällen umgehen: Wird gespart, erhalten die Bürgerinnen und Bürger möglicherweise weniger Leistungen. Steigen die Steuern, zahlen alle mit, auch die Mieterinnen und Mieter. 

Bergkantone

In den Bergkantonen gibt es mehr Wohneigentum als in den Städten. Und vor allem gibt es viele Ferienwohnungen. Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts befürchten die Gebirgskantone den Verlust von Steuereinnahmen der Zweitwohnungsbesitzer. Die acht Gebirgskantone rechnen mit Ausfällen bei den Erstliegenschaften über rund 125 Millionen Franken und bei den Zweitliegenschaften über 153 Millionen. Dabei sei die Finanzlage ohnehin angespannt.

Allerdings könnten die Kantone neu eine Objektsteuer einführen, die die Verluste abfedern soll. Mit dieser Steuer sind die Gebirgskantone aber nicht einverstanden. Sie sei kompliziert und würde neue Umgehungsmöglichkeiten schaffen, so ihre Argumente. 

Staatskasse

Fast 2 Milliarden Franken: So hoch dürfte das Loch sein, das die Abschaffung des Eigenmietwerts in den Kassen von Bund, Kantonen und Gemeinden hinterlässt. Gerechnet wurde mit dem aktuellen Hypothekarzinsniveau von derzeit 1,4 Prozent. 9 der 26 Kantone lehnen die Abschaffung des Eigenmietwerts ab. Sie argumentieren mit einer ohnehin angespannten Finanzlage. 

Bei einem Zinsniveau ab etwa 3 Prozent dürfte die Staatskasse allerdings zu den Gewinnern zählen. Denn mit der Abschaffung des Eigenmietwerts könnten Schuldzinse nicht mehr wie heute abgezogen werden. Derzeit ist dieses Zinsniveau aber nicht absehbar. 

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