Darum gehts
- Zürichs Kampf gegen die Wohnungsnot sorgt in Deutschland für Aufsehen
- Das Zürcher Modell wird dort diskutiert – und auch politisch instrumentalisiert
- Die Stadt kontrolliert erstmals bestehende Mietverhältnisse auf ihre Belegung
Der Kampf der Zürcher Behörden gegen die Wohnungsnot sorgt über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland berichtete kürzlich ausführlich über das Thema – verbreitet auf verschiedenen Kanälen, von der «Tagesschau» bis zum Social-Media-Format «Tickr». Der Zürcher Ansatz wird debattiert, und es werden Parallelen zur dortigen Situation gezogen.
Hintergrund ist die jüngste Verschärfung in Zürich: Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren kontrolliert die Stadt erstmals auch bestehende Mietverhältnisse in ihren rund 9000 eigenen Wohnungen. Wer zu viel Platz alleine beansprucht, muss handeln. Rund 1100 städtische Wohnungen gelten als unterbelegt, 150 sogar stark. «Zürich will jetzt hart durchgreifen!», stellt der WDR in seinem TV-Beitrag fest.
«Klingt zunächst einleuchtend»
Die Formel dabei sei simpel: «Zimmerzahl minus eins = Mindestpersonenzahl». Wer also etwa alleine in einer Vier-Zimmer-Wohnung lebt, wird von der Stadt aufgefordert, Mitbewohner aufzunehmen oder eine kleinere Wohnung zu suchen. Wer sich weigert, muss als letzte Konsequenz mit der Kündigung rechnen. Hintergrund ist die dramatische Lage auf dem Wohnungsmarkt. Am 1. Juli standen in Zürich nur 235 Wohnungen leer – eine Quote von 0,1 Prozent, schweizweit der tiefste Wert.
Der WDR ordnet ein: Auch in Deutschland gebe es viele Städte mit Wohnungsnot. In Köln habe die Stadt den Bedarf zwischen 2021 und 2023 «nur zu 37 Prozent decken» können. Zudem seien Wohnungen oft ungleich verteilt.
«Da klingt die Idee, die auch in Zürich dahintersteckt, zunächst einleuchtend», so der WDR: Wer im Alter zu viel Platz habe, könne in eine kleinere Wohnung ziehen. Der Sender besuchte einen Rentner in Essen, der genau das gemacht hat. Er betrachtete den Zürcher Ansatz mit Wohlwollen.
Zürcher Modell wird politisch instrumentalisiert
Doch die WDR-Autoren zitieren auch Skepsis. Der Düsseldorfer Sozialwissenschaftler Volker Eichener (66) meint mit Blick auf das Zürcher Modell und ähnliche Ideen: «Durch solche Massnahmen kann man immer nur ganz geringfügige Mengen mobilisieren.» Seine Schlussfolgerung: «Das Einzige, was gegen die Wohnungsnot hilft, ist bauen, bauen, bauen!»
Zürichs Vorgehen wird in Deutschland sogar bereits politisch instrumentalisiert – vor allem im rechten Spektrum. So wird die Massnahme etwa von rechtspopulistischen Influencern als Beispiel für «staatliche Bevormundung» oder Eingriffe in Eigentumsrechte angeführt. Die «Junge Freiheit», eine rechtskonservative Wochenzeitung, fasste zusammen: «Wer hier zu viele Zimmer hat, wird aus der Wohnung geschmissen.»